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Corona und Lipizzaner: So geht man an der Spanischen Hofreitschule mit der Krise um

Ein Artikel von Eva Morawetz | 02.04.2020 - 14:45
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Das Personal hat an allen Standorten  - Wien, Heldenberg und Piber - in den Schichtbetrieb gewechselt um eine Ansteckungsgefahr mit dem neuartigen Coronavirus COVID-19 möglichst gering zu halten. Der Großteil der Schulhengste ist weiterhin in Wien stationiert. © Spanische Hofreitschule - Lipizzanergestüt Piber GöR | Stefan Seiberl

Sehr geehrte Frau Klima, Wie gestaltet sich derzeit die Arbeit mit den Pferden an der Spanischen Hofreitschule, am Heldenberg und auch in Piber? Wie ist die Stimmung?

Geschäftsführerin Sonja Klima: Wir halten sehr zusammen, denn das Wichtigste ist, dass es unseren Pferden an allen Standorten – in Wien, am Heldenberg und im Lipizzanergestüt Piber – gut geht. Die Schulhengste müssen fit gehalten werden. Das erfolgt in Wien und am Heldenberg. Im Gestüt in Piber kommen jetzt laufend Fohlen auf die Welt, somit ist dort, was die Zucht betrifft, eine ganz wichtige und natürlich sehr erfreuliche Zeit für die Gestütsmitarbeiter.
 

Hat sich der Alltag für die Pferde verändert?

Geschäftsführerin Sonja Klima: Der tägliche Ablauf hat sich für uns und die Pferde sehr verändert. Um die Gesundheit unserer Pfleger und unseres Teams in keiner Weise zu gefährden, habe ich gemeinsam mit meinem Kollegen Erwin Klissenbauer und den Oberbereitern einige Änderungen ausgearbeitet und eingeführt, damit der Betrieb mit Einschränkungen trotzdem perfekt für die Pferde und das betreuende Team weiterläuft.

Wir haben einen Arbeitsablauf erstellt, bei dem immer nur kleine Gruppen gleichzeitig die Pferde trainieren und diese im Stall betreuen. Das heißt, es gibt die Gruppe A mit Bereitern, die immer aus den gleichen Personen besteht, und ebenfalls die Gruppe A mit Pferdepflegern, die sich in den Stallungen zur gleichen Zeit um die Pferde kümmern und entsprechend eine zweite Gruppe B, die am Nachmittag die Pferde betreut. Was jetzt in Zeiten der Krise also verändert wurde, ist, dass durch die Aufteilung in Gruppen in Schichten gearbeitet werden muss, um die nötigen Abstände einzuhalten, und wir somit auch am Nachmittag die Pferde mit den Bereitern fit halten.
 

Wie werden die Hengste derzeit gearbeitet?

Oberbereiter Herbert Seiberl: Natürlich gibt es auch für uns Einschränkungen, nichtsdestotrotz sind wir sehr bemüht, die Hengste weiterhin fit zu halten für die Zeit nach Corona, die hoffentlich bald anbrechen wird. In der Zwischenzeit ist für die Hengste ein etwas leichteres Trainingsprogramm angesagt als gewohnt. Zum Glück haben wir die Möglichkeit, sie in unserer Sommerreitbahn zu bewegen, zusätzlich gehen sie in die Schrittmaschine. Und zum Glück dürfen wir auch die Ausritte in den Burggarten weiterhin fortsetzen.

Klima: Die jetzige Zeit ist sicherlich auch eine gute Phase zum Trainieren der Pferde, weil jetzt durch den Wegfall der öffentlichen Morgenarbeit und der Vorstellungen die Halle großteils leer ist.

Seiberl: Das ist besonders für die Nachwuchspferde von Vorteil. Nachdem viel weniger andere Pferde in der Halle sind, haben sie mehr Ruhe bei der Arbeit. Bei den fertig ausgebildeten Hengsten setzen wir im Moment vor allem auf lockere Bewegung, um sie bei Laune und guter Kondition zu halten.
 

Wurde an der Fütterung etwas verändert, nachdem die Pferde jetzt weniger arbeiten als sonst?

Seiberl: Natürlich. Wir haben das Kraftfutter reduziert und entsprechend an die verringerte Leistung angepasst.
 

Bleiben die Schulhengste auch während der Corona-Krise in Wien?

Seiberl: Derzeit sind in Wien noch 60 Hengste stationiert, im Normalbetrieb haben wir hier 78 Hengste stehen. Mehr Hengste in unserem Trainingszentrum auf dem Heldenberg unterzubringen ist aktuell leider nicht möglich, weil sonst zu viel Personal für die Betreuung und die Bewegung benötigt werden würde, was gerade in der momentanen Situation natürlich nicht sinnvoll ist. Zudem sind auf dem Heldenberg ja auch noch die Polizeipferde untergebracht.

Klima: Im Moment arbeiten wir daran, die Pensionspferde vom Heldenberg nach Piber zu überstellen. Dort wird gerade ein eigener Stall für Schulhengste im Ruhestand errichtet. Die Bauarbeiten sollen in Kürze abgeschlossen sein, dann haben wir in unserem Trainingszentrum auch wieder mehr Platz zur Verfügung. Für unsere Pensionisten ist das natürlich auch eine schöne Sache, dass sie zurück an den Ort kommen, an dem für sie alles angefangen hat. In Piber bekommt jeder unserer Altgedienten eine Box mit einer eigenen Koppel. Geplant war, die Anlage im Mai feierlich zu eröffnen, aber in der jetzigen Situation ist an Veranstaltungen freilich nicht zu denken. Nichtsdestotrotz ist der Pensionsstall für uns eine sehr wichtige Sache, weil wir damit die Möglichkeit haben, unseren Hengsten eine optimale Haltung zu garantieren.


Einnahmen aus Kartenverkäufen etc. fallen ja im Moment komplett aus. Wird es hier zur Kompensation Unterstützung vom zuständigen Ministerium geben?

Klima: Diesbezüglich sind Kollege Erwin Klissenbauer und ich in ständigem Kontakt mit unserem Ministerium.
 

Auch in Piber sind ja derzeit alle Termine abgesagt, auch die Jubiläumsveranstaltung musste verschoben werden. Ist ein etwaiger Alternativtermin fixiert?

Klima: Wie alle anderen Unternehmen und Institutionen auch können wir zu Plänen, die Verschiebungen beinhalten, noch nichts sagen, weil keiner voraussagen kann, wie lange die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie andauern werden.


Merkt man den Pferden die veränderte Situation um sie herum eigentlich an?

Seiberl: Ich glaube, für die Pferde ist es zur Zeit die geringste Umstellung. Sie haben ihre normale Betreuung, werden geritten. Für sie ändert sich im Grunde wenig.


Die Vorstellungen gehen ihnen nicht ab?

Seiberl: Ich denke nicht. (lacht) Der eine oder andere steht zwar gerne im Mittelpunkt und genießt den Applaus, aber der Großteil kann, glaube ich, auch ganz gut darauf verzichten. Wir hoffen, dass wir die jetzige Zeit gut hinter uns bringen und schon bald wieder mit ausgeruhten und zufriedenen Pferden starten können.