Artenschutz

Fohlen aus der Tiefkühltruhe: Erstmals Przewalski-Pferd geklont

Ein Artikel von Pamela Sladky | 08.09.2020 - 08:58
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Hengstfohlen Kurt ist der erste Klon des gefährdeten Przewalski-Pferdes.
© San Diego Zoo

Przewalski-Pferde, in ihrer Heimat, der Mongolei, auch als Thakis bezeichnet, galten lange Zeit als letzte noch lebende Wildpferde. Seit 2018 weiß man, dass die semmelfarbenen Kleinpferde mit den Zebrastreifen an den Beinen und dem Aalstrich auf dem Rücken keine echten Wildpferde sondern wilde Abkömmlinge der ersten domestizierten Pferde sind.

Ursprünglich durchstreiften Thakis die Steppen im Westen der Mongolei und im Norden Chinas. Mit der Ausbreitung der Menschen in diesen Gebieten nahm ihr Bestand jedoch nach und nach ab. In den 1960er Jahren galt das Kleinpferd in freier Wildbahn offiziell als ausgestorben.

Um das Überleben der Spezies zu sichern, wurden Thakis in geschützter Umgebung gezüchtet. Seit einigen Jahren werden die Pferde in ihrer ursprünglichen Heimat wieder ausgewildert und neu angesiedelt. Sämtliche Pferde des weltweit rund 2.000 Tiere umfassenden Bestandes gehen auf nur zwölf in freier Wildbahn geborenen Thakis zurück. Die intensiven Zuchtprogramme in Zoos und Reservaten konnten zwar das Überleben der Art sichern, gleichzeitig kam es jedoch zu einem massiven Verlust an genetischer Vielfalt.

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© San Diego Zoo

Im US-amerikanischen Smithsonian Conservation Biology Institute verfolgt man seit 2013 deshalb einen anderen Ansatz: den Erhalt der Art durch künstliche Befruchtung. Sieben Jahre lang bemühte man sich um die Erschaffung eines Przewalski-Klon, am 6. September 2020 war es endlich so weit. Die als Leihmutter dienende Thaki-Stute Anne brachte ein gesundes Fohlen zur Welt. "Das kleine Przewalski-Hengstfohlen wurde völlig gesund und reproduktiv normal geboren", sagt Shawn Walker, Leitender Wissenschaftler bei ViaGen Equine. "Es verteilt Kopfstöße, tritt aus, wenn es sich herausgefordert fühlt und fordert bei seiner Leihmutter vehement Milchnachschub ein."

Die Geburt des kleinen Hengstes gilt als Meilenstein in den Bemühungen zum Erhalt der Art. Er wurde aus einer Zelllinie geklont, die seit 1980 in der Kryokammer des San Diego Frozen Zoo eigelagert war. Der Spenderhengst wurde 1975 in Großbritannien geboren und 1978 in die USA transferiert. "Wir gehen davon aus, dass dieses Hengstfohlen eines der genetisch wichtigsten Individuen seiner Spezies ist", sagte Dr. Wiese, leitender Biowissenschaftler des San Diego Zoos.
 

Arche des 20. Jahrhunderts

Das jüngste Mitglied im Przewalski-Bestand des Zoos hört auf den Namen Kurt, benannt nach dem deutsch-amerikanischen Pathologen und Genetiker Dr. Kurt Benirschke. Im San Diego Zoo schuf Benirschke den weltweit ersten "Frozen Zoo", eine gigantische genetische Datenbank, die für den Schutz gefährdeter Arten von unschätzbarem Wert ist. Hier lagern Hautzellen unzähliger bedrohter Tierarten, die mithilfe der Klontechnik in der Lage sind neues Leben zu erschaffen und so den Fortbestand der jeweiligen Art sichern können. 

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Seit den 1970er Jahren werden im "Frozen Zoo" von San Diego Hautzellen gefährdeter Art gesammelt und in Flüssigstickstoff konserviert. © San Diego Zoo

Diese Aufgabe haben die Wissenschaflter des Frozen Zoo auch für Hengstfohlen Kurt vorgesehen. Sobald er alt genug ist, soll er in den San Diego Zoo Safari Park übersiedeln und dort in einer Herde von Przewalski-Pferden leben – und für reichlich gesunden Nachwuchs sorgen. "Wir hoffen, dass er genetische Variationen zurückbringen wird, die für die Zukunft der Pferdepopulation der Przewalskis wichtig sind", so Wiese.