Gastkommentar

Spanische Hofreitschule: Glückliche Wende oder bitteres Ende?

Ein Artikel von Friederike Bubenheimer-Erhart | 30.08.2022 - 16:26
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Lipizzanerhengst der Spanischen Hofreitschule in Wien © Igor Tichonow - AdobeStock.com

Die Spanische Hofreitschule und das Lipizzanergestüt Piber, zwei Kulturschätze unseres Landes, sind Sorgenkinder. Seit sie im Jahr 2001 aus der öffentlichen Verwaltung ausgegliedert und in die Vollrechtsfähigkeit entlassen wurden, haben beide erheblich Schaden genommen. Selbst der Umstand, dass sie durch ein eigenes Bundesgesetz und die UNESCO Konvention zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes geschützt sind, hat dies nicht verhindern können. Mittlerweile hat der Schaden bedrohliche Ausmaße angenommen. Denn die Überlieferung des immateriellen Kulturerbes, der Hohen Schule der Klassischen Reitkunst und des Wissens um die Zucht der Lipizzaner, das von Generation zu Generation der Bereiter und des Gestütspersonals mündlich weitergegeben wird, ist bereits abgerissen und kann, wenn überhaupt, nur durch sofortige Gegenmaßnahmen noch erhalten werden.

Die jüngere Entwicklung der Spanischen Hofreitschule und ihres Gestüts ist eine Geschichte radikaler Kommerzialisierung auf Kosten der Kunst, einer Kunst, die selten geworden ist und deshalb wenige Kenner hat, einer Kunst, die durch fortwährende Ausbeutung und mangelnde Ausbildung ihrer Schöpfer, der Bereiter und Schulhengste, höchst gefährdet ist. Sie ist auch eine Geschichte von fragwürdigen Zuständigkeiten, politischen Besetzungen, die mit fehlenden Kompetenzen einhergehen, von falschen wirtschaftlichen Zielen, nicht vorhandenem Gespür für Kulturinstitutionen, von persönlichen Eitelkeiten und möglicherweise sogar strafrechtlich relevanten Verfehlungen. Die Irrwege, die in den letzten zwei Jahrzehnten von mehreren Führungsriegen beschritten wurden, haben die jahrhundertealte Institution an den Rand des Abgrunds gebracht. Der Rechnungshof hat die wirtschaftlichen Aspekte aufgezeigt. Die künstlerischen Aspekte wurden kaum diskutiert, auch weil ein unangemessener Umgang mit den Medien und der Öffentlichkeit gepflegt wird.

Seit April 2022 gibt es einen neuen Aufsichtsratsvorsitzenden. Martin Winkler kommt aus der Tourismusbranche und gilt als Top-Manager. Er steht vor der schwierigen Aufgabe, mit der Wahl einer künftigen Geschäftsführung Weichen zu stellen, die zu einem mühsamen Wiederaufbau oder zum endgültigen Verlust der Traditionseinrichtung führen. Seit Mai 2022 haben Hofreitschule und Gestüt, die Eigentum der Republik sind, mit einem neuen Landwirtschaftsminister auch einen neuen Eigentümervertreter. Norbert Totschnig ist bestrebt, künftig keine politischen Bestellungen mehr vorzunehmen. Nun ist die Geschäftsführung zu besetzen. Der Wortlaut der Ausschreibung lässt bei aufmerksamen Zeitgenossen Alarmglocken schrillen. Gesucht wird eine Persönlichkeit mit umfassenden wirtschaftlichen Kompetenzen, Wissen über die Klassische Reitkunst gilt gerade noch als wünschenswert, Erfahrung im Kulturmanagement ist gar nicht gefragt. Dabei würde angesichts der zu erfüllenden Aufgaben endlich eine Persönlichkeit gebraucht, die genau das hat. Eine neuerliche Fehlbesetzung, auch wenn sie nicht politisch motiviert wäre, können die Spanische Hofreitschule und das Lipizzanergestüt Piber definitiv nicht mehr verkraften.

Zur Person

Friederike Bubenheimer-Erhart ist Kulturwissenschafterin und Publizistin mit Lehrauftrag an der Universität Wien. Die passionierte Reiterin lebt im burgenländischen Rust und ist stolze Besitzerin eines nach klassischen Prinzipien ausgebildeten Lipizzanerhengstes.