Interview

Spanische Hofreitschule: „Die Uhr tickt“

Ein Artikel von Redaktion | 20.03.2023 - 12:29
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Die edlen Hengste der Spanischen Hofreitschule sehen einer ungewissen Zukunft entgegen.
© Igor Tichonow - AdobeStock.com

In einem Schreiben an Geschäftsführer Dr. Alfred Hudler prangerte Oberbereiter Andreas Hausberger massive Missstände in der Spanischen Hofreitschule an. Missstände, die nicht erst seit Hudlers Ägide bestehen, seit dessen Amtsantrtitt aber auch nicht in Angriff genommen worden sind. Mit dem Rausschmiss des dienstältesten Oberbereiters befürchten viele nun den endgültigen Niedergang der Reitkultur in der Spanischen Hofreitschule. Zu ihnen gehört Alfons Dietz. Der gebürtige Wiener war acht Jahre selbst Teil des reitenden Personals an der Hofreitschule. Die Entwicklungen an seinem „Tempel der Reitkunst“ verfolgt der im In- und Ausland bekannte Ausbilder seit Jahren mit großer Sorge. Die jüngsten Querelen haben ihn nun dazu veranlasst eine Petition ins Leben zu rufen, in der er Landwirtschaftsminister Mag. Norbert Totschnig sowie den Vorstandsvorsitzenden der Spanischen Hofreitschule, Martin Winkler, auffordert, rasch Maßnahmen zu ergreifen, damit das Kulturgut Spanische Hofreitschule nicht unwiederbringlich verlorengeht. Wir haben Alfons Dietz zum Gespräch gebeten, um mehr über die Hintergründe zu erfahren.

Herr Dietz, Sie haben vor Kurzem eine Petition lanciert mit dem griffigen Titel „Stopp der Zerstörung des Weltkulturerbes Spanische Hofreitschule“. Findet denn eine Zerstörung statt?
Definitiv! Sie müssen bedenken, mit den Bereitern und Oberbereitern, die in den letzten Jahren selbst gegangen oder gegangen worden sind, sind fast 250 Jahre Wissen verlorengegangen. Es gibt niemanden mehr an der Spanischen, der dieses alte Wissen noch hat. Das ist das Problem.

Da stellt sich jetzt natürlich die Frage: Wurde die Generation, die aktuell an der Spanischen reitet, denn nicht von alten Koryphäen wie Krzisch, Riegler, Hausberger etc. ausgebildet?
Eben nicht, das ist ja das Problem.

Wie ist das zu verstehen? Zumindest die beiden aktuellen Oberbereiter sind ja nun doch auch schon seit rund drei Jahrzehnten an der Hofreitschule. Von wem haben die denn gelernt, wenn nicht von den vorhin genannten?
Die beiden Herrn Oberbereiter sind ein eigenes Kapitel, und zwar insofern, als sie in diesem Amt sind, ohne die Kriterien dafür zu erfüllen.

Sie meinen, weil sie nicht von anderen Oberbereitern in dieses Amt gewählt wurden, sondern von der Geschäftsleitung in Person von Sonja Klima?
Richtig. Das hat es vorher nie gegeben – und das aus gutem Grund. Die beiden wären von einem Krzisch, einem Kottas oder Riegler niemals ernannt worden, weil sie die Kriterien für einen Oberbereiter nicht erfüllen.

Können Sie uns die Kriterien nennen?
Um zum Oberbereiter ernannt werden zu können, muss man mehrere Pferde nicht nur bis zur Hohen Schule, sondern auch in den Schulen über der Erde ausgebildet haben. Man muss sich besonders verdient gemacht haben um die Klassische Reitkunst usw. usf. Alle Punkte sind in einem zweiseitigen Dokument zusammengefasst. Das ist also eine recht umfangreiche Liste. Und damit haben wir das Problem schon bestätigt, dass das Wissen, das es für die Reiter- und Pferdeausbildung in der Schule braucht, derzeit nicht in ausreichendem Umfang vorhanden ist.

Wie kann das sein? Andreas Hausberger war 40 Jahre an der Schule. Hat er sein Wissen nicht weitergegeben, sondern für sich behalten?
Die gesamte Mannschaft ist schon seit geraumer Zeit in sich ungemein zerstritten. Da arbeitet jeder gegen jeden, einer gegen alle, alle gegen einen – und keiner traut sich mehr, etwas zu sagen. Da findet kein gemeinsames An-einem-Strang-Ziehen statt. Im Grunde wurde Andreas Hausberger durch Intrigen aus der Spanischen hinausgeekelt. Intrigen hat es immer gegeben in der Spanischen, auch zu meiner Zeit, aber nicht in diesem extremen Ausmaß wie heute. Da gab es eine Mannschaft, die zusammengehalten hat, und es wäre nicht möglich gewesen, dass vier Pferde einen Nervenschnitt bekommen, und keiner sagt etwas dagegen – und die Pferde werden einfach weiter geritten. Ich hätte mir so etwas nicht vorstellen können. Ich selbst war acht Jahre lang in der Schule, und wir hatten zu dieser Zeit 70 Hengste – ich kann mich nicht erinnern, dass da je einer lahm war.

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Eingang zur Spanischen Hofreitschule in Wien vom Josephsplatz aus © TopicMedia | Frank | stock.adobe.com

Hofreitschule
Wirbel in der Spanischen

In der Spanischen Hofreitschule brodelt es erneut. In der Vorwoche wurde Oberbereiter Andreas Hausberger nach 40 Jahren im Dienste des „weißen Balletts“ mit sofortiger Wirkung freigestellt. Nun haben sich Hofreitschule und das zuständige Landwirtschaftsministerium zu den Gründen geäußert. Mehr lesen ...

Aber woran liegt das? Am gesteigerten Maß der Aufführungen?
Wir haben 40 bis 50 Vorführungen gehabt zu meiner Zeit. Jetzt sind es 100 Vorführungen im Jahr. Und nach allem, was man so hört, sollen es sogar noch mehr werden.

Es sind aber auch mehr Pferde in der Hofreitschule als zu Ihrer Zeit damals …
Ja, aber weniger Vorführungspferde. Wir hatten 70 Hengste, jetzt sind es 120. Aber sie reiten immer noch auf Pferden, die andere ausgebildet haben. Da kommt nichts nach. Und diese Pferde werden dann natürlich überfordert. Darunter leidet dann auch das Programm. Auch zu meiner Zeit gab es ab und an Kurzvorführungen, das war meistens in der Hochsaison Samstagvormittag. Da gab es dann gekürzte Programmpunkte, dass man Schulen über der Erde und Arbeit an der Hand zusammenlegt hat, dass man mal einen langen Zügel zeigt und das nächste Mal dann einen Pas de deux. Das war dann eine Kurzvorführung. Heute sind das in Wirklichkeit alles gekürzte Vorführungen. Wir haben 20 Minuten Schulquadrille gehabt, jetzt sind es zehn. Eine weitere Folge ist natürlich die Qualität. Auf der aktuellen Tournee in Basel ist einer der beiden Bereiterinnen ihr Hengst durchgegangen. Nichts gegen die beiden Damen, bitte nicht falsch verstehen, aber es kann nicht passieren, dass ein Hengst in einer Vorführung einfach durchgeht und eine Runde lang galoppiert, ohne dass man ihn halten kann. Das ist einfach nicht denkbar.

Wenn man sich im Vergleich dann die älteren Aufnahmen ansieht, einen (Norbert) Tschautscher mit seinem Conversano Roviga oder auch den (Andreas) Hausberger bei der Arbeit am Langen Zügel – da läuft es einem kalt über den Rücken. Das war schon etwas anderes. Unvergessen ist für mich auch das Solo von Klaus Krzisch und Siglavy Mantua. Das war Wahnsinn! Da gab es keinen Fehler in der Vorführung. Nicht umsonst hat Klaus immer gesagt: „Wenn wir kein Solo-Pferd haben – denn das gibt es nicht so häufig, dass ein Pferd diese außergewöhnliche Qualität erreicht – dann machen wir kein Solo. Aus.“ Diesen Qualitätsanspruch gibt es heute nicht mehr. Da sieht man Sitzfehler, die man sich früher nicht hätte erlauben dürfen, und von der Exaktheit, der Korrektheit, für die die Spanische immer gestanden ist, ist auch nicht mehr viel übrig. Wenn ich mir die Reitschule in Portugal anschaue, die Escola Portuguesa de Arte Equestre, die reiten genauer. Und die haben sehr schwierige Pferde.

Jetzt stellt sich mir die Frage: Sind wir hier in Österreich mit unserer Spanischen vielleicht zu kritisch? St.-Georg-Herausgeberin Gabriele Pochhammer hat nach dem Auftritt der Hofreitschule in Neumünster Ende November, Anfang Dezember letzten Jahres von der Darbietung in einem Blog-Beitrag in höchsten Tönen geschwärmt. Von vertrauensvoller Gelassenheit und vollendeter Losgelassenheit ist dort zu lesen, von perfekt sitzenden Reitern, die die Hengste mit feiner Hand und unsichtbaren Hilfen durch alle Lektionen führen. Nach historisch schlechter Qualität klingt das nicht gerade. Und Frau Pochhammer kann man sicherlich nicht vorwerfen, sie habe von Dressur keine Ahnung …
Ich glaube nicht, dass wir besonders kritisch sind. Ich habe auch Ausschnitte aus Neumünster gesehen, die teilweise ganz gut waren. Aber ich denke schon, dass sich die Reiter da besonders zusammengerissen haben, weil in Neumünster nur Leute vom Fach im Publikum sitzen.

Eine der Forderungen Ihrer Petition ist, dass man Oberbereiter in Ruhe wieder reaktivieren soll, um die Qualität wieder zu verbessern. Wen haben Sie da konkret im Auge?
Konkret im Blick habe ich Klaus Krzisch, Arthur Kottas-Heldenberg und – wenn er’s noch macht – Wolfgang Eder.

Pferderevue-Chefredakteurin Eva Morawetz hat vor vielen Jahren ein Interview mit Georg Wahl geführt, der damals schon bemängelte, dass die junge Generation an der Klassischen Reitkunst und der Tradition nicht mehr so interessiert ist, wie man das bei einem Bereiter der Spanischen eigentlich voraussetzt.
Das kann ich bestätigen. Eine meiner Schülerinnen ist vor einiger Zeit einen Kurs bei einem aktuellen Bereiter der Hofreitschule – den Namen will ich nicht nennen – geritten und wollte ihn etwas fragen zum Thema Schulterherein, wie es von Podhajsky beschrieben wird. Daraufhin sagt er: „Den Podhajsky hab ich nicht g’lesen, wen interessiert denn das noch“. Das spricht für sich.

Da fragt man sich: Kann das einer von den „Alten“ tatsächlich richten? Lässt sich diese Truppe denn überhaupt noch irgendetwas sagen?
Das ist natürlich ein Thema. Ich habe zehn Jahre Kampfsport betrieben, und einer der Lehrer hat mir damals gesagt: Eine volle Tasse kann man nicht füllen. Also, wenn das alles volle Tassen sind, kann man nichts machen. Ich weiß aber auch, dass drinnen sehr wohl Bereiter sind, die lernen wollen, die klassisch reiten wollen. Nur ist das offensichtlich die Minderheit. Manchmal denke ich mir, dass es besser wäre, es wären weniger, dafür aber welche, die wirklich wollen. Es wird zwar immer gejammert, dass er nur 15 Bereiter sind, aber das muss man ein bisserl relativieren: Zur Zeit von Kaiser Franz Josef/van der Straten gab es sogar nur acht.

Und zu Georg Wahls Zeiten waren es sogar noch weniger …
Ja, es sind immer weniger geworden, Podhajsky hat’s dann erstmalig aufgestockt. Persönlich fände ich es gescheiter, es gäbe nur acht, die dafür wirklich klassisch arbeiten, als man hat 15 oder 20 Bereiter, wo die Hälfte oder mehr eh nur den Sport im Kopf haben. Oberbereiter Ignaz Lauscher hat damals dem Arthur Kottas-Heldenberg gesagt, der zu der Zeit für Olympia qualifiziert gewesen wäre: „Du, pass auf, Arthur, jetzt musst du dich entscheiden: Willst du Sport reiten oder willst du in der Spanischen reiten?“ Und damit war die Geschichte mit Olympia erledigt. So ist das damals gehandhabt worden. Natürlich muss die Spanische den Sport befruchten, indem man außerhalb unterrichtet – und das möglichst korrekt und nicht im Rollkur-Stil. Aber ich halte nichts davon, dass Bereiter und Oberbereiter im Sport mitreiten. Ich habe früher auch anders gedacht – das gebe ich ganz offen zu – und ich habe damals als junger Reiter den Klaus Krzisch gefragt, warum wir eigentlich nicht Turniere reiten. Der Klaus hat mich damals nur mit einem Lächeln angeschaut und hat gesagt: „Das haben wir nicht notwendig.“ Und ich hab’ das nicht verstanden. Jetzt verstehe ich es. Er hat recht! Die Spanische hat diese Art des Vergleichs einfach nicht notwendig, weil wir es hier mit Reitkunst zu tun haben – und Kunst kann man nicht messen. An der kann ich mich erfreuen, daran kann man vielleicht den Sport messen. Wenn ich mir das Solo vom Siglavy Mantua anschaue, da kann sich jeder Sportreiter etwas abschauen, so präzise, fein und genau wie das geritten ist. Das schon. Aber ich muss nicht aufs Turnier gehen und mich dort vergleichen.

Sie fordern in Ihrer Petition, die Leitung der Spanischen Hofreitschule solle in die Hände eines „Fachmannes bzw. einer Fachfrau mit tiefer Verwurzelung in der klassischen Reitkunst“ gelegt werden. Ist das nicht ein bisschen die Suche nach der eierlegenden Wollmilchsau? Denn es braucht ja auch wirtschaftliche Expertise und reichlich Marketing-Know-how, um eine Einrichtung wie die Spanische Hofreitschule vernünftig führen zu können. Und dann auch noch eine tiefe Verwurzelung in der klassischen Wiener Reitkunst? Das könnte schwierig werden …
Das ist wirklich eine schwierige Angelegenheit, sag’ ich ganz ehrlich. Jemanden, der in der klassischen Reitkunst tief verwurzelt ist und einen großen Betrieb geführt hat, den wird man nicht finden.

Dieser Anforderung kam Dkfm. Elisabeth Gürtler als selbst erfolgreiche Dressurreiterin und ehemalige Schülerin des ehem. Oberbereiters Georg Wahl im Grunde ja recht nahe. Geklappt hat es trotzdem nicht …
Da habe ich damals wirklich stille Hoffnungen gehegt. Ist aber auch schiefgegangen. Ich denke, man braucht einen Direktor, der wirklich was von der Klassischen Reitkunst versteht und da tief verwurzelt ist, und eventuell jemand zweiten, der das Management macht. Ich bin allerdings der Meinung, dass die Managementaufgaben in der zweiten Reihe stehen müssen und nicht in der ersten.

Deswegen auch Ihre dritte Forderung, die Umsiedelung der Spanischen ins Kulturstaatssekretariat …
Richtig. Wenn ich bedenke, dass die Staatsoper um die 30 Millionen zugeschossen bekommt, da wäre die Spanische mit einem Drittel schon gut bedient. Und wenn man eine Umwegrentabilität errechnen würde, dann könnte man das auch argumentieren.

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Die heiligen Hallen der Spanischen Hofreitschule © 12019 | pixabay.com

Und was meinen Sie, warum ist das noch nicht passiert?
Das frage ich mich auch. Das wäre das Erste, was ich machen würde. Denn wie sonst will man Otto Normalverbraucher, der noch nie ein Pferd gesehen hat und den die Fiaker nerven, erklären, warum es Sinn macht, Geld in die Lipizzaner zu stecken, die Spanische zu erhalten? Aber wenn ich erkläre, für einen Euro, den ich da reinstecke, bekomme ich über die Umwegrentabilität vier heraus, dann versteht das jeder. Wird aber nicht gemacht.
Im Grunde haben die großen Probleme der Spanischen mit Jaromir Oulehla begonnen, als er Reitschule und das Gestüt in Piber zusammengelegt hat. Davor hatte die Spanische, meines Wissens nach, eine Million Schilling Plus im Jahr. Danach war sie dann im Minus. Eine Exotenzucht wie die des Lipizzaners ist eben teuer. Alle Züchter in Spanien und Portugal, die ich kenne, betreiben die Zucht aus Passion, um die Rasse zu verbessern, weil sie’s gerne machen und weil’s Prestige bringt. Aber ganz sicher nicht, um Geld damit zu verdienen. Die Zusammenlegung mit Piber bringt die Spanische wirtschaftlich in Bedrängnis. Da haben auch die kreativen Ideen von Frau Gürtler damals nichts gebracht. Keine einzige Fête Impérial hat ein Plus erwirtschaftet.

Abschließende Frage: Was erhoffen Sie sich von Ihrer Petition? Wie viele Unterschriften wird es brauchen, damit sie von der Leitung der Hofreitschule wahrgenommen und auch ernstgenommen wird? Derzeit sind es etwas mehr als 10.000, die Ihre Forderungen mit ihrer Unterschrift unterstützen …
Wahrgenommen werden sie’s schon haben, die Zahl ist ja doch steil bergauf gegangen. Ich hoffe, dass wir uns den 15.000 annähern, und dann werden wir weitersehen, wie wir damit verfahren. Ich werde diese Unterschriften auf jeden Fall übergeben. Was letztendlich damit getan wird, kann ich nicht beeinflussen. Ich hoffe, dass es ein Umdenken bewirkt. Meiner Ansicht nach braucht es eine Neubesetzung in der Führungsebene mit zwei Leitern, wie vorhin erwähnt. Und eine Übersiedelung ins Kulturstaatssekretariat. Denn dann wäre vielleicht endlich das Verständnis für die Reitkunst da und worum es wirklich geht. Wenn das nicht relativ rasch, also innerhalb der nächsten ein, zwei Jahre, passiert, dann weiß ich jetzt schon, ist keiner der ehemaligen Oberbereiter mehr interessiert daran, noch irgendetwas dafür zu machen. Die sind ja auch alle nicht mehr die Jüngsten. Das Zeitfenster, in dem sich die Sache vielleicht noch rumreißen lässt, wird immer kleiner. Die Uhr tickt.

Die Petition „Stopp der Zerstörung des Weltkulturerbes Spanische Hofreitschule“ finden Sie hier.

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© privat

Zur Person

1984 begann Alfons J. Dietz seine Laufbahn an der Spanischen Hofreitschule unter dem damaligen Leiter Kurt Albrecht, acht Jahre lang lernte er unter anderen von Hofreitschul-Granden wie Ignaz Lauscher und Norbert Tschautscher. Alfons Dietz folgte damit seinem Vater Hans nach, der unter Alois Podhajsky Teil des reitenden Personals an der Spanischen gewesen war. 1992 wechselte Alfons Dietz als Berufsreiter in die Selbstständigkeit. Er ist Autor der Fachbücher „Die klassische Bodenarbeit“ und „Von der Weide zur Versammlung“ – beide erschienen im Cadmos-Verlag. Seit 2002 wirkt er nach Studienaufenthalten in Spanien, Portugal und Deutschland als Ausbilder für klassische Reitkunst in Österreich und im Ausland.

Und was meinen Sie, warum ist das noch nicht passiert?
Das frage ich mich auch. Das wäre das Erste, was ich machen würde. Denn wie sonst will man Otto Normalverbraucher, der noch nie ein Pferd gesehen hat und den die Fiaker nerven, erklären, warum es Sinn macht, Geld in die Lipizzaner zu stecken, die Spanische zu erhalten? Aber wenn ich erkläre, für einen Euro, den ich da reinstecke, bekomme ich über die Umwegrentabilität vier heraus, dann versteht das jeder. Wird aber nicht gemacht.
Im Grunde haben die großen Probleme der Spanischen mit Jaromir Oulehla begonnen, als er Reitschule und das Gestüt in Piber zusammengelegt hat. Davor hatte die Spanische, meines Wissens nach, eine Million Schilling Plus im Jahr. Danach war sie dann im Minus. Eine Exotenzucht wie die des Lipizzaners ist eben teuer. Alle Züchter in Spanien und Portugal, die ich kenne, betreiben die Zucht aus Passion, um die Rasse zu verbessern, weil sie’s gerne machen und weil’s Prestige bringt. Aber ganz sicher nicht, um Geld damit zu verdienen. Die Zusammenlegung mit Piber bringt die Spanische wirtschaftlich in Bedrängnis. Da haben auch die kreativen Ideen von Frau Gürtler damals nichts gebracht. Keine einzige Fête Impérial hat ein Plus erwirtschaftet.

Abschließende Frage: Was erhoffen Sie sich von Ihrer Petition? Wie viele Unterschriften wird es brauchen, damit sie von der Leitung der Hofreitschule wahrgenommen und auch ernstgenommen wird? Derzeit sind es etwas mehr als 10.000, die Ihre Forderungen mit ihrer Unterschrift unterstützen …
Wahrgenommen werden sie’s schon haben, die Zahl ist ja doch steil bergauf gegangen. Ich hoffe, dass wir uns den 15.000 annähern, und dann werden wir weitersehen, wie wir damit verfahren. Ich werde diese Unterschriften auf jeden Fall übergeben. Was letztendlich damit getan wird, kann ich nicht beeinflussen. Ich hoffe, dass es ein Umdenken bewirkt. Meiner Ansicht nach braucht es eine Neubesetzung in der Führungsebene mit zwei Leitern, wie vorhin erwähnt. Und eine Übersiedelung ins Kulturstaatssekretariat. Denn dann wäre vielleicht endlich das Verständnis für die Reitkunst da und worum es wirklich geht. Wenn das nicht relativ rasch, also innerhalb der nächsten ein, zwei Jahre, passiert, dann weiß ich jetzt schon, ist keiner der ehemaligen Oberbereiter mehr interessiert daran, noch irgendetwas dafür zu machen. Die sind ja auch alle nicht mehr die Jüngsten. Das Zeitfenster, in dem sich die Sache vielleicht noch rumreißen lässt, wird immer kleiner. Die Uhr tickt.

Die Petition „Stopp der Zerstörung des Weltkulturerbes Spanische Hofreitschule“ finden Sie hier.