Europameisterschaften Dressur 2025

Katharina Hemmer bringt Deutschland in Führung, tolles EM-Debüt von Bettina Kendlbacher für Österreich

Ein Artikel von Redaktion | 27.08.2025 - 18:05
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Ein richtig schöner Ritt und ein starker Start für Team Österreich: Bettina Kendlbacher und Broadmoars Don Alfredo AWO © LUKASZ KOWALSKI

Am Mittwoch war nur ein österreichisches Team-Mitglied im Bewerbsviereck zu sehen: die beiden Newcomer Bettina Kendlbacher und ihr zwölfjähriger AWÖ-Wallach Broadmoars Don Alfredo. Wer sich nicht sicher war, ob das Paar auf einem Championatsparkett bestehen würde, darf nun versichert sein: Sie haben bestanden – und wie! Während viele Pferde mit den Nerven zu kämpfen hatten, präsentierten sich die Debütanten im rot-weiß-roten Team komplett cool. Leichtfüßig, harmonisch und mit großer Routine spulten die Steirerin und ihr zwölfjähriger AWÖ-Wallach die 34 Lektionen des Grand Prix ab. Der Fuchs konnte die Jury besonders in den Passagen und Galopplektionen überzeugen, für die er Noten bis 8,0 kassierte. Abzüge gab es in den Piaffen, die nicht immer ganz taktmäßig gelangen. Insgesamt zeigte das Paar aber eine richtig gelungene Runde, die im Durchschnitt aller Jurymitglieder 68,478 % erhielt – zwei Richter:innen war die Runde über 70 % wert. Beim Ausreiten strahlte Bettina Kendlbacher von einem Ohr zum anderen. Kein Wunder!

„Ich hatte das Gefühl, beim Reinkommen und am Anfang mit dem Halten, wo er nicht stehen wollte, dass er schon so sehr aufgeregt ist. Aber er hat sich dann in der Prüfung sehr gut gefunden – und dann war er gleich wieder auf Angebermodus. Ich bin total zufrieden mit unserem Ritt, mein persönliches Highlight war die Galopptour, da hatte ich das Gefühl, dass es richtig gut lief.“

Großes Lob gab es von Dressur-Bundesreferentin Dr. Uschi Barth: „Das war einfach wunderbar zum Anschauen, so smooth, so willig, so schön. Ich bin gleich nach dem Ritt von Fremden angesprochen worden, was das für ein schöner Ritt war – so ein Feedback bekommt man natürlich gerne!“ Auf die Frage, ob das Paar mit dieser Leistung seine EM-Nominierung endgültig bestätigt habe, sagt Barth: 

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In der Galopptour kamen Bettina Kendlbacher und ihr "Fredi" so richtig in den Flow. © LUKASZ KOWALSKI

„Die beiden haben ihre Nominierung mehr als bestätigt. Die gehören einfach hierher, in ein Championatsviereck! Die Präsentation, die Vorbereitung – alles war top, Bettina ist eine absolute Teamplayerin und ein echter Gewinn für uns – und Don Alfredo lächelt richtig aus seiner Box heraus, ganz entzückend.“


Dr. Uschi Barth, Dressur-Bundesreferentin & Equipechefin des österreichischen Dressurteams

Nach dem guten Start sind die Daumen für Stefan Lehfellner und Florian Bacher gedrückt, die am Donnerstag im zweiten Teil des Grand Prix an den Start gehen. Nach dem Verzicht von Victoria Max-Theurer kurz vor Beginn der EM ist das rot-weiß-rote Team nur noch zu dritt unterwegs.

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Große Freude beim österreichischen Team über Bettina Kendlbachers Runde! © LUKASZ KOWALSKI

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Starke Runde fürs deutsche Team: Katharina Hemmer auf Denoix führt derzeit mit 75,699 %. © LUKASZ KOWALSKI

Deutsche und Briten Kopf an Kopf

Für den Top-Score des Tages sorgte Katharina Hemmer. Im Sattel ihres Denoix zeigte die Hubertus-Schmidt-Schülerin eine gelungene Runde, die bei sechs von sieben Richter:innen die Platzziffer 1 bekam. 75,699 % lautete ihre Wertung, die gleichzeitig auch die Halbzeit-Führung für das deutsche Team bedeutete. Absolutes Highlight: die Traversalen im Trab waren klar die besten des heutigen Tages – fließend, mit weitem Kreuzen, guter Biegung, leichtfüßig und elegant. Top!

Ein Paar hätte Hemmer die Führung streitig machen können: Becky Moody (GBR) und Jagerbomb. Der selbstgezogene Dante-Weltino-Sohn ist nicht das leichtfüßigste und energiegeladenste Pferd, doch diese „Makel“ macht er durch einen bestechenden Takt und eine besondere Harmonie mit seiner Reiterin wieder wett. Für Platz eins reichte es heute allerdings nicht: ein Umspringen im sehr mutig nach vorne gerittenen starken Galopp und ein Fehler in der Zick-Zack-Traversale kosteten ordentlich Punkte, die in der Mannschaftswertung noch doppelt teuer kommen könnten. 74,829 % bedeuteten Platz zwei für Moody – und für das britische Team, Goldmedaillengewinner der EM 2023 in Riesenbeck.

Die Dänin Nadja Aaboe Sloth brachte ihre Mannschaft vorerst auf Rang 3. Im Sattel von Favour Gersdorf erzielte sie 71,227 % – das drittbeste Ergebnis des Tages.

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Gewohnt harmonisch, heute leider mit Fehlern: Becky Moody (GBR) und Jagerbomb © LUKASZ KOWALSKI

Schockmoment für Team GBR, Spannung bei Ingrid Klimke

Wenige Stunden zuvor hatten die Titelverteidiger einen denkbar schlechten Auftakt erlebt. Startreiter Andrew Gould kam bei seinem Championatsdebüt in der Allgemeinen Klasse keine zwei Minuten weit. Bereits nach den ersten Trabtritten zeigte sich eine deutliche Taktunreinheit. Als das Paar bei C für das Rückwärtstreten anhielt, erklang aus dem Richterhäuschen das gefürchtete Klingeln. Kurz darauf kam Chefrichter Hans Christian Matthiesen zu Gould, und nach einem kurzen Wortwechsel verließ der Brite sichtlich geknickt das Viereck am langen Zügel. In einer offiziellen Mitteilung des britischen Verbandes erklärte Gould, Indigro habe sich beim Abreiten noch sehr gut angefühlt, im Viereck dann aber nicht den gewohnten Vorwärtsdrang erkennen lassen. Nun würden die Team-Tierärzte den Rappen gründlich untersuchen, um herauszufinden, was ihn plagt. Die Briten sind nach Goulds Ausfall für den restlichen Bewerb ohne Sicherheitsnetz unterwegs – mit nur noch drei Teamreitern im Bewerb darf nun nichts mehr passieren, wollen sie auch diesmal auf dem Podium landen.

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Der 1,82 m-Riese Vayron hatte heute in der Dressur-Arena in Crozet ein bisschen ein Hasenherz: 69,348 % und derzeit Platz 8 für Ingrid Klinke (GER). © LUKASZ KOWALSKI

Auch der Auftakt für die Deutschen verlief alles andere als nach Wunsch. Startreiterin Ingrid Klimke blieb mit Vayron deutlich unter ihren Möglichkeiten. Der 1,86 m große Däne, der unter Daniel Bachmann bereits an Welt- und Europameisterschaften teilgenommen hat, kam heute nie wirklich zum Loslassen. Rund um C schien ihn irgendetwas mächtig zu irritieren, was zu mehreren Fehlern führte. Als besonders teuer erwiesen sich das Halten und Rückwärtsrichten bei C sowie ein Angaloppieren im starken Trab auf der nachfolgenden Diagonale – hier gab es von den Richtern lediglich Vieren. Immer wieder kam deutliche Spannung auf, die in Unsauberkeiten resultierten, darunter ein Stopp in der Einleitung der Rechtspirouette, die Klimke mit viel Können dennoch zeigen konnte. Am Ende war für das Paar nicht mehr drin: 69,348 %, derzeit Platz 8.

Sechs Paare der insgesamt 29 Paare knackten am ersten EM-Tag die 70-Prozent-Marke. Morgen geht es mit dem zweiten Teil des Grand Prix weiter – und dann wird es spannend: In Crozet treten erstmals die großen Medaillenanwärter vors Publikum.

Alle Ergebnisse im Detail gibt es hier