Zucht

Winterfohlen sind kleiner

Ein Artikel von Pressemitteilung | PS | 06.02.2020 - 11:44
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In der Natur sind Wintergeburten eigentlich eine Seltenheit. Und das aus gutem Grund, wie die Studienergebnisse zeigen. ©callipso88 - stock.adobe.com

Jahreszeiten und der Tag-Nachtwechsel beeinflussen den Lebenszyklus vieler Tierarten. Das betrifft Wildtiere, wie das Przewalski-Pferd, genauso wie domestizierte Pferde, bei denen die saisonale Anpassung noch genetisch verankert ist. In den Wintermonaten reduzieren Pferde ihren Stoffwechsel, auch die Wärmeproduktion und die ausgestrahlte Wärme verringern sich. Im Fall einer Trächtigkeit bleiben diese Veränderungen nicht ohne Folgen: In kalten Monaten geborenen Fohlen sind nach der Geburt kleiner und können diesen Unterschied über zwölf Wochen im Vergleich zu den im Sommer geborenen Fohlen nicht aufholen.

In den letzten Wochen vor der Geburt machen Pferdeföten den größten Entwicklungsschub durch. Dieser Zeitraum ist damit ein Schlüsselmoment für die Entwicklung der Fohlen. „Bei einem Geburtstermin in der kalten Jahreszeit liegt der Schluss nahe, dass sich der saisonale Einfluss, also die Stoffwechselumstellung der Stute, auch auf den Fötus auswirkt“, erklärt Christine Aurich.

Zur Bestätigung der Hypothese wurden am Graf Lehndorff Institut für Pferdewissenschaften, das von der Vetmeduni und dem Brandenburgischen Staatsgestüt gemeinsam geführt wird, 27 Stuten und ihre Fohlen nach Geburtszeitpunkt in drei Gruppen aufgeteilt. Die erste Gruppe hatte den Geburtstermin Februar bis Anfang März, die zweite März bis Anfang April und die dritte April bis Anfang Mai. Von allen Fohlen wurden körperliche Eigenschaften, wie Gewicht und Größe, erfasst. Zusätzlich wurde nach der Geburt die Plazenta gewogen und vermessen.
 

Kleiner, aber nicht leichter

„Wir verglichen den Brustumfang, die Widerristhöhe, den Abstand vom Fesselgelenk zum Vorderfußwurzelgelenk und dann zum Ellenbogen, sowie die Länge des Kopfes vom Genick bis zur Nase. Anhand dieser Größenmerkmale zeigte sich eindeutig, dass die im Februar geborenen Jungtiere der ersten Gruppe kleiner waren, als die im Frühsommer geborenen“, fasst Studienautorin Elisabeth Beythien die Beobachtungen zusammen. „Die „Winterkinder“ hatten auch zwölf Wochen nach der Geburt diesen körperlichen Rückstand noch nicht komplett aufgeholt.“ 

Beim Geburtsgewicht konnten die Forscher hingegen keinen Unterschied feststellen, obwohl die Plazenta der wintergebärenden Stuten kleiner und leichter sei: „Der kleinere Mutterkuchen deutet die Stoffwechselumstellung an, die Versorgung der Föten scheint aber auch im Winter aufgrund des gleichen Körpergewichts absolut ausreichend zu sein“, so Beythien. Die Geburtenzahl einer Stute spielte übrigens keine Rolle. Der Effekt war bei erstgebärenden Tieren ebenso vorhanden wie bei routinierten Mutterstuten.
 

Wintergeburten bringen Wettbewerbsvorteil

Im Normalfall sind Wintergeburten eigentlich eine Seltenheit. Die meisten Stuten sind nur über einen begrenzten Zeitraum im Frühjahr und Sommer paarungsbereit. Dadurch erfolgen in der Natur die meisten Pferdegeburten erst in den wärmeren Monaten. Durch moderne Zuchtmethoden werden Wintergeburten aber vor allem bei Renn- und Sportpferden häufiger. Die genetisch verankerten saisonalen Änderungen kann man mit künstlichem Licht, hormoneller Behandlung aber auch bereits mit einer Optimierung von Fütterung und Haltung verschieben oder reduzieren. Das hat einen wirtschaftlichen Aspekt. „Auch wenn die Winterkinder mehr als zwölf Wochen brauchen, um im Vergleich mit den im Sommer geborenen Fohlen gleichzuziehen, so sind sie ihnen insgesamt Wochen oder Monate in der weiteren Entwicklung voraus. Dieses Zeitfenster kann vor allem bei Wettbewerben eine Rolle spielen, da alle Jungpferde, die im gleichen Jahr geboren wurden, auch in der gleichen Wertungskategorie antreten“, erklärt Studienleiterin Aurich.

Einen Einfluss der Fütterung konnte das Forschungsteam ausschließen. Alle Stuten wurden während ihrer Trächtigkeit mit dem gleichen Futter und der gleichen Menge gefüttert. „Das bestätigt, dass die Stoffwechselumstellung saisonal und genetisch bestimmt ist, und die Nährstoffversorgung der Föten und damit die Auswirkung auf ihre Größe durch diesen Effekt bestimmt wird“, so Beythien.