Zucht

Vollbluthengst doch nicht Ursprung des Fragile-Foal-Syndrome-Gendefekts

Ein Artikel von Pressemitteilung | PS | 17.07.2020 - 11:28
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Dark Ronald XX war ein Stempelhengst, der die Züchtungslinien der Warmblutzuchte maßgeblich beeinflusste. Für die Verbreitung des Warmblood Fragile Foal Syndrome ist er allerdings nicht verantwortlich.
© Zentralmagazin Naturwissenschaftlicher Sammlungen der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Das fragile Fohlen-Syndrom beim Warmblutpferd ist eine schwere, meist tödliche, genetische Erkrankung, die sich bereits nach der Geburt bei betroffenen Fohlen zeigt. Durch den Defekt ist das Bindegewebe instabil. Bei Belastung löst sich zum Beispiel die Haut vom darunterliegenden Gewebe und die Gelenke verlieren an Halt. Ein Forschungsteam der Universitäten Göttingen und Halle konnte nun nachweisen, dass die Krankheit nicht auf den Stempelhengst Dark Ronald XX zurückzuführen ist, wie bislang vermutet wurde. Die Ergebnisse der Studie sind in der Fachzeitschrift Animal Genetics erschienen.

Vollbluthengste unter Verdacht

Die Ursache des Gendefekts beim Warmblut konnte bereits 2012 aufgeklärt werden: Das verantwortliche Gen heißt PLOD1 und sorgt normalerweise dafür, dass sich Kollagen-Moleküle in der Haut und im Bindegewebe zu einem stabilen Geflecht verbinden können. Durch die Mutation im PLOD1-Gen kann die Quervernetzung nicht stattfinden. Unklar war bislang die genaue Herkunft der Mutation. Da die Verbreitung des Gendefekts auch in der deutschen Warmblutzucht ein Problem darstellt, hatten die Vereinigten Informationssysteme Tierhaltung in Verden 2019 aus den Testergebnissen von rund 2000 Pferden und deren Abstammungsdaten die mögliche Herkunft des Gendefekts ermittelt. Die Untersuchung kam zu dem Schluss, dass der Gendefekt vermutlich auf den englischen Vollbluthengst Dark Ronald XX (1905-1928) oder dessen Vater Bay Ronald XX zurückzuführen ist, und dann über deren Nachkommen weiterverbreitet wurde.

Die aktuelle Forschungsarbeit unter Göttinger Leitung stellt diese Theorie infrage- zurecht, wie sich zeigen sollte: „Uns ist jetzt der Nachweis gelungen, dass Dark Ronald XX nicht Träger der PLOD1-Mutation war und somit als Verursacher ausgeschlossen werden kann“, sagt Prof. Dr. Dr. Bertram Brenig, Direktor des Tierärztliches Instituts der Universität Göttingen und Hauptautor der Studie. Zweifel an der Herkunft der Mutation von Dark Ronald XX wurden bereits 2019 geäußert und eine weitere Untersuchung deutet eher auf einen 1861 geborenen Hannoveraner Hengst hin.


Konservierte Überreste liefern Beweis

Dark Ronald XX war ein bedeutender Vollbluthengst, der großen Einfluss auf die deutsche Pferdezucht hatte. Er wurde 1913 nach Deutschland verkauft und als Stempelhengst, also als Hengst mit überdurchschnittlicher Vererbungskraft, zunächst in Graditz und später Altefeld eingesetzt. Auf Grund einer Darmkolik wurde er 1928 zur Behandlung in die Tierklinik der Universität Halle gebracht, wo er jedoch verendete. Dort werden seither seine sterblichen Überreste wie Skelett, Herz und Haut in der haustierkundlichen Sammlung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg aufbewahrt.

„Das ist ein glücklicher Umstand, da wir auf diese Weise Dark Ronald XX direkt auf das Vorhandensein der PLOD1-Mutation untersuchen konnten“, so Brenig. Als Material dienten den Forscherinnen und Forschern kleine Hautstückchen. „Die Untersuchung der DNA aus der fast 100 Jahre alten Haut von Dark Ronald XX war nicht ganz einfach“, so Co-Autorin Dr. Renate Schafberg von der Universität Halle, „da wir nichts über die Gerbung oder sonstige konservierende Behandlungen der Haut wussten“.


Ähnliche Erkrankung auch beim Menschen

Die Erkrankung an sich ist nicht neu und entstand vermutlich in der Mitte des 18. Jahrhunderts. Durch die Aufklärung des Gendefekts werden seither alle Zuchttiere konsequent getestet. Auch beim Menschen gibt es eine vergleichbare genetische Erkrankung, die als Ehlers-Danlos-Syndrom bezeichnet wird und ähnliche Symptome aufweist.