Das Equinen Cushing Syndrom (ECS) befällt überwiegend - aber nicht ausschließlich - ältere Pferde, die vielfältigen Symptome werden deshalb häufig mit normalen Alterserscheinungen verwechselt. © www.slawik.com
Das nach dem amerikanischen Neurologen Harvey W. Cushing benannte Equine Cushing Syndrom entsteht in den meisten Fällen durch ein Adenom, ein gutartiger Tumor der Hirnanhangdrüse, der in der Regel nur langsam wächst. Dieser Tumor führt zu einer vermehrten Ausschüttung des Steuerungshormons ACTH, was wiederum eine Überproduktion des körpereigenen Hormons Cortisol auslöst - mit teils lebensbedrohlichen Stoffwechselstörungen als Folge. Eine davon ist Hufrehe. Etwa 82 Prozent der Pferde, die an Morbus Cushing leiden, sind davon betroffen.
Beim Menschen wird der krankheitsauslösende Tumor meist operativ entfernt. Hat sich die Cortisolproduktion der Nebennieren durch den Eingriff wieder normalisiert, klingen die Symptome relativ rasch ab. Beim Pferd ist eine derartige chirurgische Entfernung und damit eine Heilung des Cushing-Syndroms bislang nicht möglich. Wollte man beim Pferd nach Vorbild der Operation im Humanbereich an den Tumor gelangen, müsste man sich erst durch zentimeterdickes Knochenmaterial arbeiten um ihn hernach mithilfe von langen und sehr feingliedrigen Werkzeugen entfernen zu können. Derartiges Equipment gibt es bislang jedoch nicht.
„Keine der beim Menschen angewandten Operationsmethoden ermöglicht uns einen Zugriff auf die Hirnanhangsdrüse beim Pferd“, erklärt Aimée Sakes von der Abteilung für Biomechanik an der Technischen Universität in Delft (NED).
Doch wo ein Wille, da ein Weg. Auf der Suche nach einer alternativen Technik, mussten Sakes und ihre Kollegen kreativ werden – und wurden fündig. Wie sich herausstellte, gibt es beim Pferd eine einzigartige Verbindung zwischen der oberflächlichen Gesichtsvene und der Hirnanhangsdrüse.
„Die oberflächliche Gesichtsvene kann dazu genutzt werden, um mit einem flexiblen Instrument zur Hirnanhangsdrüse zu gelangen – was wir auch getan haben“, erklärt Sakes gegenüber dem US-amerikanischen Magazin für Pferdegesundheit, TheHorse.com. „Wir haben den Prototyp eines solchen Instruments mit einer distalen Schneidevorrichtung ausgestattet und ihn in die oberflächliche Gesichtsvene eines toten Pferdes eingeführt. Damit sind wir bis zur Hirnanhangsdrüse vorgedrungen, wo wir erfolgreich Gewebe entfernen konnten.“ Auf selbe Weise könne auch die Entfernung des Tumors am lebenden Pferd erfolgen, sind die Forscher überzeugt. Bis es so weit ist, stehen jedoch wiederholte Testläufe und eine Weiterentwicklung des Prototyps an, in der Hoffnung, dass damit „die Folgen von ECS und die Lebensqualität der davon betroffenen Pferde erheblich verbessert werden kann.“
In der Zwischenzeit bleibt nur die medikamentöse Behandlung von Cushing. Durch die tägliche Gabe eines sogenannten Dopamin-Agonisten kann zwar der Tumor nicht beseitigt werden, wohl jedoch zumindest in den meisten Fällen die oft schmerzhaften Symptome.
ps