Das Team der Bereiterinnen und Bereiter und Lipizzaner der Spanischen Hofreitschule in der barocken Winterreitschule © Rene van Bakel
Völlig überraschend wurde Alfred Hudler Anfang Oktober 2022 zum neuen Geschäftsführer der Spanischen Hofreitschule bestellt. Der 63-jährige studierte Betriebswirt und erfahrene Manager, der sich vor allem bei Vöslauer einen Namen gemacht hat, wird ab Dezember 2022 die Geschicke der Hofreitschule lenken. Er löst damit Sonja Klima und den Langzeit Co-Geschäftsführer Erwin Klissenbauer ab. Hudler war Leistungssportler und gilt als Teamplayer, er ist verheiratet und Vater zweier Kinder. Mit Pferden hatte er bislang nicht zu tun. Er will sich auf seine künftige Aufgabe, für die Kenntnisse klassischer Reitkunst nicht als Voraussetzung galten, nun sorgfältig vorbereiten.
Wirtschaftliche Kompetenz gefragt
Für die Spanische Hofreitschule und das Lipizzaner Gestüt Piber sind das erfreuliche Nachrichten. Denn unter den vorigen Geschäftsführungen, die seit der Ausgliederung aus der öffentlichen Verwaltung im Jahr 2001 im Amt waren und in wirtschaftlicher Hinsicht alle mehr oder weniger erfolglos agierten, die renommierte Institution einmal sogar an den Rand der Zahlungsunfähigkeit brachten, hat sich bei der Gesellschaft öffentlichen Rechts ein kaum mehr überschaubarer Schuldenberg angehäuft. Da braucht es wirtschaftliche Kompetenz, um den Schaden wieder auszugleichen. Zwei Rechnungshofberichte, die im Jahr 2008 und 2021 veröffentlicht wurden, können bei dieser Herkulesaufgabe Orientierung bieten. Eine zentrale Forderung des jüngeren Berichtes betrifft eine mehrjährige Basisabgeltung ähnlich der Regelung für die Bundestheater und Bundesmuseen. Derzeit gibt es jedoch noch keine Finanzierungszusage seitens des zuständigen Ministeriums, sodass Hudler ohne Rückenwind ins Rennen geschickt wird.
Alfred Hudler gilt als einer der Top-Manager des Landes. In der Spanischen Hofreitschule tritt er ein schweres Erbe an. © Dr. Alfred Hudler
Balanceakt zwischen Tradition und Innovation
Ein schweres Erbe tritt der neue Amtsinhaber vor allem aber in pferdefachlicher Hinsicht an. Die auf Gewinnmaximierung ausgelegten früheren Geschäftsführungen haben auf die erfahrensten Mitarbeiter in Reitbahn und Gestüt verzichtet und lösten damit einen in der mehr als 450-jährigen Geschichte wohl beispiellosen Brain Drain aus. Der berühmten Reitakademie und ihrem Gestüt mangelt es empfindlich an Experten, die ausgerechnet auch die Träger des als immateriellen Kulturerbe geschützten Wissens und Könnens sind. Die verbliebenen Mitarbeiter, denen seit Jahren Vorbilder und Lehrer fehlen, müssen unter oft widrigen Umständen Höchstleistungen erbringen, etwa Vorführungen reiten ohne vorher genügend Zeit zum Üben zur Verfügung gestellt bekommen zu haben. Das Niveau der Klassischen Reitkunst wie der Lipizzanerzucht ist auf einen historischen Tiefstand gesunken. Die Qualität wieder anzuheben und auf das Niveau vor der Ausgliederung zurückzubringen, kann nur durch die Rückholung ehemaliger Mitarbeiter, die in der Tradition dieser Kulturinstitution aufgewachsen sind, gelingen. Dass dabei Innovationen berücksichtigt werden müssen, weil auch die Pferdewelt sich mit der Zeit verändert, ist selbstverständlich, setzt aber viel Fachwissen und Fingerspitzengefühl voraus, um zwischen Tradition und Innovation das rechte Maß zu finden.
Demut vor der Aufgabe
Eine häufig geäußerte Kritik an der Stellenausschreibung und dem danach ausgesuchten Kandidaten betrifft das Fehlen von Kenntnissen klassischer Reitkunst, um die sich doch alles dreht. Natürlich wäre es schön, wenn ein Geschäftsführer auch exzellenter Reiter wäre, wie es ganz früher einmal die Regel gewesen sein mochte. Statt aber nach der eierlegenden Wollmilchsau zu suchen, sollte man Alfred Hudler, einem in anderen Bereichen ausgewiesenen Könner, nun Gelegenheit geben, sich als guter Manager zu beweisen, als einer nämlich, der Demut vor der Aufgabe hat und sich dafür einsetzt, anderen, in diesem Fall Bereitern und Zuchtexperten, den Weg zum Erfolg zu ebnen. Mit seiner Bestellung ist zumindest die Chance auf einen Neustart verbunden.