Nach einer Schienbeinkopffraktur muss Voltigier-Ausnahmetalent sechs Monate pausieren. © Daniel Kaiser
Der operative Eingriff wurde am Dienstagvormittag in der Salzburger Privatklinik Wehrleim nach einer Athroskopie (Kniegelenksspiegelung) durchgeführt und dauerte etwa eine Stunde. Die Fraktur wurde dabei athroskopisch doppelt verschraubt.
„Lisa ist sehr müde, aber es geht ihr den Umständen entsprechend gut. Zwei Wochen darf sie das Bein nicht belasten. Ein Trainingsbeginn ist in etwa sechs Monaten möglich“, teile Lisas Vater Marcus Wild mit. Die Reha beginnt in zwei Wochen. Diese vergleichsweise positive Nachricht lässt derweil alle Fans der „Salto-Queen“ aufatmen. Nach ersten Prognosen in Salzburg stand zunächst sogar offen, ob Lisa überhaupt wieder Leistungssport betreiben kann. „Das war ihre größte Sorge“, sagt Marcus Wild.
Dass die junge Frau auf ihrem Pferd Robin im zweiten Durchgang nach ihrem Salto derart unkontrolliert abgestürzt war, konnte sich zunächst niemand erklären. „Sie hat das Element zwei Monate im Training souverän geturnt“, sagte Longenführerin Nina Rossin. Die Videoanalyse vom Sturz ergab: Nach einer blitzsauberen Kür und einer sehr guten ersten Phase des Saltos hatte die junge Frau vom Union Voltigierteam (UVT) Salzburg nach der Landung Übergewicht nach vorn bekommen, hatte unglücklich mit der linken Hand am Griff vorbeigefasst und war Richtung Boden gestürzt. Durch den unvorbereiteten Aufprall kam es zur Knieverletzung.
Besonders bitter für Wild: Das Richterkollegium musste die Leistung der jungen Frau aufgrund der Statuten des Reglements mit hohen Abzügen in der Endnote bewerten. Ohne den Sturz hätte Lisa Wild die zweite Kür nach Schätzungen vieler Experten und Richter sogar vor der Weltmeisterin Joanne Eccles aus Großbritannien gewonnen und im Endergebnis Silber geholt. So jedoch landete die bis dato auf Rang zwei liegende Salzburgerin nur auf Rang neun. „Das ist sehr schade für sie. Sie hat mich in Le Mans zutiefst begeistert und beeindruckt. Ich bewundere den Mut, mit dem sich Lisa mit einer genialen Leistung von der breiten Masse der Standardleistungen deutlich abhebt. Ihr Sturz war kein überhöhtes Risiko, sondern schlichtweg Pech“, schätzte die international hoch anerkannte Richterin und ehemalige deutsche Bundestrainerin Helma Schwarzmann (Goslar) ein.
Das Thema Lisa Wild hatte die globalen Titelkämpfe beherrscht wie kein anderes im Lager der internationalen Pferdeakrobaten. Bereits Stunden nach ihrem ersten, bereits jetzt legendären Kürauftritt am 17. August – mit dem sie ein Stück Voltigiergeschichte schrieb – kursierten die ersten Mitschnitte bewegter Bilder in Internetportalen. Über soziale Netzwerke erhielten selbst die unschärfsten Bilder hohe Einschaltquoten sowie Klick-, Like- und Teil-Rekorde auf „facebook“. Das Element, das schon jetzt inoffiziell ihren Namen trägt, ist in Kombination mit dem Dreitakt des Galoppsprungs, den sich aus der Zirkelbahn ergebenden Fliehkräfte und der Unberechenbarkeit des Lebewesens Pferd ein Meisterwerk an Voltigierkunst. Mit der Premiere der vollendeten 360-Grad-Breitenachsen-Drehung hatte Lisa Wild im französischen Pferdesportzentrum Boulerie Jump, nordöstlich der Rennsport-Metropole Le Mans gelegen, für eine Sensation gesorgt. „Diesen Moment werde ich nie vergessen“, gab Longenführerin Nina Rossin zu Protokoll.