Die Dramaqueen hat geliefert! Max Kühners Up Too Jacco Blue sprang im Audi Preis eine sensationelle Stechrunde.
© holcbecher.com
An ’s-Hertogenbosch hat Max Kühner beste Erinnerungen. 2021 gelang ihm hier der ganz große Coup mit einem Sieg im mit 700.000 Euro dotierten Rolex Grand Prix. Im Folgejahr gab es am selben Ort mit Eic Coriolis des Isles erneut einen Top Ten Platz im Rolex-Springen. Auch 2023 begann für Kühner vielversprechend. Denn im Hauptbewerb am Samstag, dem Audi Preis über Hindernisse bis 1,50 m, leuchtete vor Kühners Namen erneut die Eins auf.
40 Paare hatten das Springen in Angriff genommen, neun von ihnen blieben ohne Spring- und Zeitfehler – darunter auch Max Kühner und sein zwölfjähriger Ire Up Too Jacco Blue. Schon über die volle Distanz gehörten die beiden zu den Schnellsten. Im Stechen legten Kühner und der Wallach von Chacco-Blue dann sogar noch einen Zacken zu. Mit einer brillanten Runde unterboten sie die Zeit des bis dahin in Führung gelegenen Luxemburgers Victor Bettendorf um mehr als eine Sekunde. Keines der nachfolgenden Paare sollte auch nur ansatzweise an diese Leistung herankommen. Damit blieb es bei einem Sieg für Max Kühner (0/31,93) vor Victor Bettendorf auf Astuce de la Roque (0/32,94) und Henrik von Eckermann (SWE) auf Glamour Girl (0/33,14).
„Ich wusste, dass die Zeiten von Victor Bettendorf und Henrik von Eckermann unglaublich gut waren, da durften wir keinen Deut nachgeben. Das ist auch nicht passiert. Up Too Jacco Blue war an und schnell, aber er blieb bei mir. Ich konnte dranbleiben und habe das Stechen sehr genossen."
Den Chacco-Blue-Sohn bezeichnet der Wahl-Tiroler als Dramaqueen mit Fokus. "Er ist ein Pferd mit viel Blut, in dritter Generation ist englisches Vollblut drin. Sein Temperament hilft ihm definitiv im Sport, macht ihn aber manchmal auch ein bisschen zu einer Dramaqueen. Er kommt immer besser damit zurecht, mit jedem Wettkampf macht er einen Schritt nach vorne. Bis jetzt hält er diesen Aufwärtstrend gut. Das Drama ist ab und zu noch da, aber dann hält er wieder seinen Fokus und bleibt auf Kurs. Ob er jemals stillstehen wird bei einer Siegerehrung, wage ich nicht zu hoffen, aber Erfahrung zu sammeln, tut ihm sichtlich gut. Das hat sich heute Abend wieder gezeigt.“
Fehler am vorletzten Sprung
Im Grand Prix am Sonntag sattelte Max Kühner dann seinen Rolex-Sieger Elektric Blue P. Und der war über weite Teile der Prüfung auch sehr gut unterwegs, auch wenn es das ein oder andere Mal klapperte. Doch im letzten Drittel des Kurses war das Paar nicht immer ganz einer Meinung und am Aussprung der zweifachen Kombination, dem vorletzten Sprung, passierte der Fehler – Platz 21.
Den Sieg und damit die 330.000 Euro Preisgeld holte der Amerikaner McLain Ward. Mit seiner langjährigen Erfolgspartnerin HH Azur benötigte er in der Entscheidungsrunde lediglich 37,86 Sekunden. Damit war die inzwischen bereits 17-jährige Stute das schnellste Pferd im Stechen, für das sich nicht weniger als 15 Paare qualifiziert hatten. Zwei Zehntelsekunden länger war der Franzose Julien Epaillard auf Donatello d’Auge (0/38,06) unterwegs. Für ihn wurde es Platz zwei vor den amtierenden Weltmeistern Henrik von Eckermann und King Edward (0/38,52). Weil Ward bereits die Etappe in Genf für sich entschieden hatte, gab es für dem US-Reiter einen mehr als stattlichen Bonus in Höhe von 500.000 Euro noch dazu. In Aachen hat Ward die Chance, mit dem dritten Rolex-Sieg in Folge den Grand Slam perfekt zu machen. Das brächte dann noch einmal 1 Million Euro Extra-Preisgeld zusätzlich zu den 330.000 Euro Siegprämie. Bislang ist dieses Kunststück nur dem Briten Scott Brash gelungen.
Nach seinem Sieg kommentierte McLain Ward: „Ich glaube, ich habe es noch gar nicht richtig begriffen. Es war so nervenzerreißend, den noch übrigen zwölf Reitern im Stechen zusehen zu müssen. Das Niveau hier ist so hoch. Ich glaube, ich werde erst später heute Abend realisieren, was wir erreicht haben. Der Rolex Grand Slam of Show Jumping hat wirklich die Messlatte in diesem Sport höhergelegt, und ein Major zu gewinnen, ist einer der großartigsten Augenblicke in der Karriere eines Reiters. Ich bin so stolz auf mein Team und mein Pferd – und auch ein kleines bisschen auf mich selbst.“
Auf die Frage nach seinem Pferd antwortete der Anwärter auf den Rolex Grand Slam: „Sie ist klüger als alle anderen und eine wahre Königin. Ich glaube, sie versteht, worum es geht, und legt sich wirklich ins Zeug. Sie liebt ihren Job, und die Partnerschaft, die wir uns erarbeitet haben, ist etwas ganz Besonderes. Wir bereiten sie jetzt auf den CHIO Aachen vor, wo wir beide versuchen werden, den Rolex Grand Slam of Show Jumping zu gewinnen.“
Sieger des Rolex Grand Prix beim Dutch Masters: McLain Ward (USA) und HH Azur
© Rolex Grand Slam / Thomas Lovelock
Sieg der Weltmeister
Der Dressurweltcup in ’s-Hertogenbosch war geprägt von Aufregung unter den vierbeinigen Athleten. Die Atmosphäre in der gut besuchten Brabantenhalle stellte einige Pferde vor eine echte Herausforderung. Zu ihnen gehörte auch Weltmeister Glamourdale unter Charlotte Fry (GBR). Der haushohe Sieger der Londoner Weltcupetappe zeigte diesmal Nerven, was nicht ohne Folgen blieb. Ein deutlicher Patzer in der Galopptraversale kostete ordentlich Punkte und auch die Zweierwechsel gelangen nicht in derselben Qualität, die der Hengst in der Vergangenheit schon gezeigt hat. Trotzdem reichte es für das britische Paar mit 86,835 % locker zum Sieg, denn auch die anderen Paare patzten. Bei Dinja van Liere und Hermes waren es vor allem die misslungenen Einerwechsel, die die Wertung drückten. 83,375 % wurden es für die WM-Bronzemedaillengewinner aus den Niederlanden. 82,760 % lautete das Ergebnis für Isabell Werth (GER) und Emilio, die ebenfalls nicht ganz ohne Probleme durch die Wechsel kamen – in ihrem Fall waren es aber die Zweierchangements, die für Punkteabzüge sorgten. Ein Platz auf dem Podest wurde es trotzdem für das deutsche Erfolgsduo.
Charlotte Fry (GBR) und Glamourdale haben sich mit ihrem zweiten Saisonsieg für das große Weltcupfinale in Omaha qualifiziert. Ob sie dort auch an den Start gehen werden ist allerdings noch ungewiss. © FEI/Leanjo de Koster
Timna Valenta-Zach und der falsche Floor Plan
Eine tadellose Leistung trotz aufgeladener Stimmung brachten Timna Valenta-Zach und ihr feinnerviger Farant aufs Viereck. Der Spielberg-Sohn ist ja bekannt dafür, dass er gerne auch mal etwas heiß wird. Diesmal ließ er sich als erstes Pferd in der Prüfung vom Rundherum jedoch nicht ablenken und blieb den gesamten Ritt über mustergültig auf seine Reiterin konzentriert. Doch anstelle der zu erwartenden Wertung deutlich über der 70-Prozent-Marke leuchteten für das österreichische Paar 68,275 % auf der Anzeigetafel auf. Der Grund für die mageren Punkte war rasch gefunden: Valenta-Zach hatte irrtümlich den falschen Floorplan abgegeben, nach Ansicht der Richter:innen stimmten die Lektionen im Viereck damit nicht mit dem geplanten Ablauf überein. Was nach keiner allzu großen Sache klingt, hat im Protokoll erhebliche Auswirkungen: Die Noten für die Choreographie und den Schwierigkeitsgrad bekamen deutliche Abzüge. Statt der möglichen Siebenen und Achten gab es diesmal in beiden Bereichen nur Fünfen – und das auch noch jeweils mal vier gerechnet. Ein teures Versehen, das Valenta-Zach schwer im Magen liegt. Denn im Training mit der deutschen Bundestrainerin Monica Theodorescu und danach auch in der Kür habe sich Farant hervorragend präsentiert. „Es waren ein paar wirklich tolle Sequenzen dabei und Fanti war sehr gut drauf“, so Valenta-Zach auf Instagram, die sich in ihrem Post selbst erinnert: „Memo an mich: Floorplan immer nochmals genau überprüfen! Das war mir wirklich eine Lehre.“
Alle Ergebnisse aus ’s-Hertogenbosch gibt es hier.