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Das Spiel mit dem Gymnastikball ist unkompliziert und wird von vielen Pferden gerne angeboten. © Rita Kocharjova - fotolia.com

Ballspielen mit Pferden: So werden Pferde zu Dribbelkünstlern

Ein Artikel von Pamela Sladky | 27.07.2016 - 08:14
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Das Spiel mit dem Gymnastikball ist unkompliziert und wird von vielen Pferden gerne angeboten. © Rita Kocharjova - fotolia.com

Wer kennt sie nicht? Die ballspielenden Pferde in unzähligen Internet-Videos, die mit einem einfachen Gymnastikball und echtem Feuereifer beeindruckende Dribbelkünste an den Tag legen? Die Vierbeiner scheinen dabei derart viel Spaß zu haben, dass sich manch Pferdebesitzer fragt, ob eine Runde Fußball nicht auch für seinen Liebling eine gelungene Abwechslung sein könnte. Doch wie das Interesse des Pferdes am Ball wecken?  

„Zunächst einmal muss das Pferd seine Konzentration auf den Ball richten. Ist das nicht von selbst der Fall, muss man ihm dabei helfen. Der Anfang ist gemacht, wenn das Pferd den Ball anschaut und dann auch beriecht. Das sind die Ersten Aktionen, die bereits gelobt werden sollten“, erklärt Nathalie Penquitt. Danach dürfe das Pferd selbst entscheiden, wie es den Ball bewegt. Entweder mit dem Fuß treten, oder mit der Nase schubsen. Beides sei im Spiel gleichwertig und sollte entsprechend gefördert werden. Rollt der Ball das erste Stückchen, folgt sofort das Lob. Und das sollte deutlich ausfallen.

Als Spielobjekt eignet sich übrigens ein gut aufgepumpter Gymnastikball. Dieser sollte sich nach der Größe des Pferdes richten, zumindest aber 60 cm messen. Gespielt wird aus Sicherheitsgründen in einem eingezäunten Bereich mit gutem, nicht zu rutschigen Boden. Das kann ein Reitplatz, eine Reithalle, oder auch eine Paddock oder eine Koppel sein.

Bewegtes Spiel

Erste Dynamik kommt ins Spiel, wenn das Pferd immer wieder selbständig hinter dem Ball herläuft. „Dabei kann man selbst etwas nachhelfen, indem man selbst ein wenig zum Fußballer wird und den Ball ein wenig rollt. Man beginnt mit kurzen Distanzen, bevor längere Pässe gespielt werden können“, so Penquitt. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass das Pferd den Ball aus den Augen verliert und aufgibt nach ihm zu suchen.

Wer selbst Lust hat, sich zu bewegen, läuft am Ball vorbei, sodass er ihn wieder vom Pferd entgegennehmen kann, wenn es den Ball nach vorne bewegt.  Funktioniert diese Übergabe, hat sich der Spielpartner Pferd eine Belohnung verdient. Ist das Pferd so begeistert vom Ball, dass es auf die Belohnung verzichtet und gleich weiterspielen möchte, hat man den Idealfall erreicht. Das Spiel selbst ist zur Belohnung geworden. In solchen Momenten werde deutlich wie viel Freude der spielerische Zeitvertreib dem Pferd bereiten kann, beschreibt die promovierte Tierärztin.

Zusammen spielen

Ballspielen funktioniert - sofern das Pferd den nötigen Eifer entwickelt - also allein. Wer gerne selbst mitspielen möchte, muss das Pferd zur Interaktion animieren. „Man kann den Ball werfen oder rollen, und immer dann, wenn das Pferd zum Ball läuft und ihn berührt, wird es gelobt“, erklärt Nathalie Penquitt die Vorgehensweise. Ein besonderer Erfolg sei es, wenn es gelingt, dem Pferd verständlich zu machen, den Ball zum Menschen zurückzurollen. „Das kann man unterstützen, indem man zunächst selbst dorthin geht, wo der Ball vermutlich hinrollen wird“, rät Penquitt. „Wenn das Pferd bei uns die Belohnung für einen guten Schuss bekommt, wird es sich mit der Zeit immer in Richtung des Menschen ausrichten.“

Ist die Spiellust erst einmal geweckt, tritt das Interesse an einer Belohnung mehr und mehr in den Hintergrund. Die Pferde lernen nicht mehr nur zu reagieren, sondern selbst aktiv zu werden. Sie warten dann nicht mehr nur ab und rechnen mit dem Schlimmsten, sondern stellen fest, dass es sogar Spaß machen kann, die Initiative zu ergreifen.

Positiver Effekt

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Manche Pferde entwickeln im Spiel mit dem Ball einen regelrechten Feuereifer. © www.slawik.com

Von diesem Effekt profitieren besonders in sich gekehrte und unsichere Pferde. „Unsichere Pferde erlangen mehr Selbstbewusstsein. Sie können im wahrsten Sinne des Wortes etwas bewegen. Die Pferde lernen, aktiv zu werden. Wenn sie nach vorne gehen, weicht der Ball aus. Das ist etwas, das ihnen mit anderen Pferden vielleicht nie gelingt. Mit dem Menschen haben sie ebenfalls gelernt, dass sie als Pferd weichen müssen. Nun ist es einmal erlaubt, den Spieß umzudrehen“, beschreibt Nathalie Penquitt den positiven Effekt, den der Pferdekick mit sich bringt.

Auf diese Weise kann auch die Angst vor großen herumliegenden Gegenständen reduziert werden. Das ängstliche Pferd merkt, dass der Ball niemals angreift, und lernt auf diese Weise, dass es zu unbekannten Gegenständen gehen kann, um sie zu beschnuppern, ohne dass etwas passiert.

Und letztlich stärkt das gemeinsame Spiel auch die Partnerschaft zwischen Mensch und Pferd. Gemeinsam Freude zu haben und sich  – im Rahmen gewissen Sicherheitsregeln – frei zu entfalten und Neues auszuprobieren, schweißt zusammen.

Nathalie Penquitt/ps

Buchtipp

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- Welches Spiel für welches Pferd?
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