Leseprobe

Motivierte Pferde

Ein Artikel von Claudia Götz | 09.04.2024 - 15:51
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Über die Motivation von Pferden wird – nicht nur jetzt nach einer bewusst gewählten oder witterungsbedingten Winterpause – häufig gesprochen und geschrieben. Gleichzeitig sind damit viele Fragen verbunden: Was zeichnet ein motiviertes Pferd aus? Wie lässt sich dieser Zustand fördern oder erreichen?

Selbst in Hinblick auf die Psychologie herrscht über den Begriff Motivation wenig Einigkeit. Klar ist, das Wort geht auf das lateinische Verb movere für bewegen zurück. Was bewegt jemanden etwas zu tun – so könnte die kürzeste Definition von Motivation lauten. Sprechen wir von motivierten Pferden, meinen wir in der Regel, dass sie nicht nur mitspielen, bei dem was wir mit ihnen vorhaben, sondern durch ihr Verhalten zeigen, dass sie mit Freude bei der Sache sind.

Vier Formen der intrinsischen Motivation

Bei uns Menschen wird Motivation häufig als Gesamtheit der Beweggründe und Einflüsse definiert, die eine Handlung oder Entscheidung beeinflussen. Es wird unterschieden in innere und äußere Motivation. Letztere ist geleitet von der Aussicht auf konkrete Vorteile oder Belohnungen. Wenn wir über motivierte Pferde sprechen, ist aber oft die innere Motivation gemeint, oder was wir dafür halten. Ein Mensch macht aus innerer Motivation heraus, was er gerne mag – reiten beispielsweise. Beim Pferd ist es häufig nicht möglich, innere (intrinsische) und äußere (extrinsische) Motivation zu unterscheiden. Denn bei nahezu allem, was wir mit den Pferden machen, wurde auch mittels Motivation von außen (Lob, Belohnung) etwas ausgebildet oder initiiert, was dann zu etwas werden kann, was wie innere Motivation wirkt – etwas, das das Pferd aus sich heraus gerne macht.

Was aber ist die eigene innere Motivation eines Pferdes? Was möchte und braucht es aus sich selbst heraus unbedingt? Analog zum menschlichen Erklärmodell: Muttermilch und dann Wasser und Gras, es möchte nicht allein sein, es braucht Bewegung, und es muss, um sich sicher zu fühlen, seine Welt erleben und verstehen.

Ein Gedankenspiel, bei dem man die in der menschlichen Motivations-Psychologie definierten vier intrinsischen Motivationsformen für das Pferd ableitet, kann helfen, sich Situationen vorzustellen oder zu erkennen, in denen ein Pferd aus sich selbst motiviert handelt.

1. In der Tätigkeit begründet: Man spielt gerne Geige, man tanzt, singt oder liest gerne, und ein Pferd galoppiert eben gerne, ein anderes liebt Wasser oder Spiele mit Artgenossen.

2. Ein Ausdruck von Selbstbestimmung und Kompetenz: Kleine Kinder wollen Dinge selber machen und werden sauer, wenn man sie nicht lässt. Es wird wenige Situationen geben, in denen sich dies für Pferde im Alltag feststellen lässt, aber man weiß, dass sie mehr oder weniger ungehalten auf entzogene Selbstbestimmung reagieren – etwa wenn sie das erste Mal Hufe geben oder sich von der Herde entfernen sollen.

3. Durch Interesse und Involviertheit angeregt: Ein Mensch, der alles über Pferde wissen möchte und sich deshalb intensiv mit der Thematik befasst, wäre so ein Fall. Bei Pferden könnte man vielleicht am ehesten von Neugierde sprechen: Sie gehen an den Zaun, um sich den blinkenden Rettungswagen anzusehen, oder laufen der Plane hinterher, die über die Weide weht.

4. Durch die Übereinstimmung von Mittel und Zweck gekennzeichnet: Wer sich eine Fähigkeit aneignet, kann dadurch in einer anderen Sache besser bestehen. Auch dieses Konzept kann für Pferde gelten, wenn sie mit fortschreitender Ausbildung selbstbewusster werden und dann auch Dinge bewältigen, die kurz vorher noch undenkbar waren.

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