Wer glaubt, Pferde haben keinen Platz mehr in unserer technisierten und digitalisierten Welt, der irrt: Weltweit kommen noch in vielen Ländern Trag- und Saumpferde zum Einsatz. Mehr lesen ...
Beim Onlinekauf eines Pferdes ist Vorsicht geboten - betrügerische Inserate sind keine Seltenheit. © pexels/Cliff Booth (bearbeitet)
Betrug beim Pferdeverkauf gibt es mindestens so lange wie den Pferdehandel an sich. Geändert haben sich, seitdem Pferde auch online gehandelt werden, lediglich die Methoden, um die Käufer:innen gezielt zu täuschen. Ganz neu ist das Phänomen des Betrugs beim Online-Pferdekauf nicht. Bereits von Anfang 2000 bis etwa 2010 agierte die sogenannte „Kamerun-Bande“ im Internet. Deren Masche: Das Einfordern von Transportkosten für Pferde, die in Wirklichkeit gar nicht existierten. Mitglieder dieser Gruppe erstellten gefälschte Pferdeanzeigen auf verschiedenen Online-Plattformen und Social-Media-Kanälen. Sie boten Pferde zu scheinbar günstigen Konditionen an, die jedoch nur gegen Vorauszahlung von angeblichen Transportkosten reserviert oder geliefert werden könnten. Nach Zahlung der Transportkosten brachen sie den Kontakt ab, bei den Käufer:innen kamen nie Pferde an. Insgesamt verursachte die Bande einen geschätzten Schaden von rund zwei Millionen Euro – nicht nur mit gefälschten Pferdeanzeigen.
Einen regelrechten Boom erfuhr der Online-Pferdehandel während des ersten Corona-Lockdowns im Jahr 2020. Die gesteigerte Nachfrage lockte auch vermehrt Betrüger:innen ins Internet, die leichte Beute witterten und deren Methoden immer ausgefeilter wurden. In Deutschland etwa wird der Schaden, der so entsteht, auf rund eine Million Euro jährlich geschätzt. Besonders betroffen sind Käufer:innen, die auf den Online-Verkaufsplattformen wenig erfahren sind und die Seriosität eines Angebots schwer einschätzen können. Doch wie enttarnt man betrügerische Inserate tatsächlich?
Spreu vom Weizen trennen
Leider sind der Kreativität der Betrüger:innen kaum Grenzen gesetzt. Sie nutzen alle technischen Möglichkeiten bei der Foto- und Videobearbeitung: Durch geschickt bearbeitetes Bildmaterial werden Pferde in einem viel besseren Zustand oder Ausbildungsstand dargestellt, als sie tatsächlich sind. Die Videos können verfälscht sein oder alte Aufnahmen zeigen, die nicht mehr dem aktuellen Zustand des Pferdes entsprechen.Händler haben oft sogar eine eigene Webseite, die auf den ersten Blick durchaus seriös wirkt. Verwendet werden dort aber oft gestohlene oder gefälschte Fotos und Informationen von echten Pferden, die dem Betrüger jedoch nicht gehören. Meistens werden diese Pferde – aus Gründen, die schon misstrauisch machen sollen (wie z. B. „wegen Überbestands“) – auch zu besonders günstigen Preisen angeboten.
Aber es müssen nicht immer Händler sein, auch Privatpersonen inserieren mit betrügerischer Absicht. Sie holen ihr „Klientel“ mit herzzerreißenden Beschreibungen über den Notverkauf des Pferdes ab, oft sogar mit dem Hinweis, dass das Pferd, wenn es nicht schnell verkauft wird, zum Schlachter müsse. Auch hier sollte man vorsichtig sein, besonders dann, wenn die/der vermeintliche Verkäufer:in nur per E-Mail oder Messenger kommuniziert, den direkten Kontakt vermeidet und die Besichtigung des Pferdes von vornherein ausschließt.
Manche Verkäufer locken Interessent:innen mit einem besonders niedrigen Preis auf eine Plattform. Der Preis steigt dann plötzlich, sobald die Kaufabsicht klar ist. Oft werden zusätzliche Gebühren, die zuvor nicht genannt wurden, zur Bedingung für den Verkauf gemacht. Einige Betrüger:innen behaupten auch, dass der niedrige Preis nur eine begrenzte Zeit gültig sei, um Druck auf den Käufer auszuüben und ihn zu einer schnellen Zahlung zu bewegen. Angeboten werden auch gestohlene Pferde, zu denen offizielle Herkunftspapiere und Impfunterlagen fehlen, oder gefälschte Dokumente übermittelt werden.
Echt oder Fake? Genaues Hinschauen zahlt sich aus, ob das Inseratbild nicht (wie dieses) eine Fotomontage ist. © www.slawik.com (bearbeitet)
Vorsicht bei Vorauszahlungen
Besondere Vorsicht ist geboten, wenn eine Vorauszahlung − etwa für eine Reservierung, einen Transport oder als Anzahlung − vom Verkäufer gefordert wird. Auch hier haben die Verkäufer:innen zahlreiche Argumente wie etwa, dass es einige Interessent:innen gäbe und das Pferd nur mittels Anzahlung reserviert werden könne, zur Hand. Ist Geld geflossen, ist der Verkäufer meistens nicht mehr erreichbar oder der Käufer wird mit allerlei Ausreden immer wieder vertröstet – bis es jenem dämmert, dass er betrogen wurde.
Ein weitere oft verwendete Betrugsmasche sind gefälschte Transportdienste und „Fake-Tracking“, die besonders bei grenzüberschreitenden internationalen Käufen verwendet werden. Dabei bieten die Betrüger:innen „Transport-Services“ an, die angeblich den Kauf abwickeln und das Pferd überstellen. Hierzu werden falsche Transportdokumente und Tracking-Links versendet, die den Eindruck eines seriösen Ablaufs vermitteln. Diese Methoden sind besonders gefährlich, weil sie professionell wirken und Vertrauen erwecken, während sie tatsächlich nur darauf abzielen, Zahlungen für „Transportkosten“ zu erhalten.
Heikel sind Vorauszahlungen auch deshalb, weil Online-Pferdekäufe häufig ohne eine persönliche Besichtigung abgeschlossen werden und die Rückgabe des Pferdes fast immer ausgeschlossen oder nur sehr schwer möglich ist. In vielen Fällen enthalten Kaufverträge versteckte Klauseln, die den Verkäufer von jeglicher Verantwortung freisprechen. Außerdem sind bei internationalen Käufen rechtliche Ansprüche nur äußerst schwer durchzusetzen, da in unterschiedlichen Ländern verschiedene Verbraucherschutzrechte gelten und Betrüger:innen diese Situation gezielt ausnutzen.
Hinterfragen: Ist das Foto beim Inserat aktuell oder vielleicht schon ein paar Jahre alt? © www.slawik.com
Schwierige Rechtslage
Ist einmal Geld geflossen und/oder ein anderes als im Kaufvertrag beschriebenes oder krankes Pferd aus dem Transporter gestiegen, dann wird es meist schwierig, zu seinem Recht zu kommen. Obwohl die Rechtslage eigentlich klar ist: „In Österreich erstrecken sich die Vorschriften zur Sachmängelhaftung auch auf Tiere. Wenn das gelieferte Pferd krank ist, ist der Verkäufer im Rahmen der Gewährleistung dazu verpflichtet, die Tierarztkosten im Sinne einer Nachbesserung zu übernehmen. Wichtig ist in diesem Fall, den Verkäufer unverzüglich über die Krankheit zu informieren und sämtliche Belege und tierärztlichen Befunde sorgfältig zu dokumentieren“, erklärt Mag. Reinhold Schranz vom Europäischen Verbraucherzentrum – Verein für Konsumenteninformation (europakonsument.at) mit Sitz in Wien, das seit einiger Zeit auch mit Fällen von betrügerischen Pferdeverkäufen zu tun hat.
„Wenn der Verkäufer ein anderes Pferd liefert, als das bestellte, hat der Käufer Anspruch auf die Lieferung des ursprünglich vereinbarten Pferdes. Der Verkäufer ist in diesem Fall verpflichtet, sämtliche zusätzlichen Kosten zu tragen, die durch den Fehler entstehen. Dazu zählen: Unterbringungskosten für das falsch gelieferte Pferd, Verpflegungskosten, Kosten für den Rücktransport des falsch gelieferten Pferdes, Kosten für den erneuten Transport des bestellten Pferdes. Reagiert der Verkäufer nicht auf die Aufforderung, das vereinbarte Pferd zu liefern, ist ein Rücktritt vom Kaufvertrag möglich. Wird ein Pferd mit einer chronischen Krankheit geliefert und hat der Verkäufer diese Erkrankung verschwiegen, kann der Käufer ebenfalls vom Kaufvertrag zurücktreten. Auch in diesem Fall haftet der Verkäufer für sämtliche Kosten, die dem Käufer durch die Rückabwicklung entstehen. Dazu gehören insbesondere: Unterbringungskosten, Tierarztkosten, Rücktransportkosten des kranken Pferdes. In beiden Fällen gilt, dass der Verkäufer für sein Fehlverhalten haftbar gemacht werden kann“, beschreibt Mag. Reinhold Schranz die rechtliche Lage.
Schwierig wird es, wenn ein anderes als im Kaufvertrag beschriebenes oder krankes Pferd geliefert wurde. © www.slawik.com
Vorsicht ist besser als Nachsicht
„Es ist entscheidend, sich bereits vor dem Kauf abzusichern, um lange Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Rechtsstreitigkeiten mit Auslandsbezug können sehr lange dauern, und oft verwenden Betrüger falsche Identitäten, wodurch sie schwer verfolgbar sind. Es empfiehlt sich daher, vor einem Kauf rechtlichen Rat einzuholen. Ich rate Konsument:innen, die durch einen Betrug geschädigt wurden, unverzüglich eine Anzeige bei der Polizei zu erstatten. Zudem sollten sie sich umgehend mit ihrer Bank oder Kreditkartengesellschaft in Verbindung setzen, um eine Rückbuchung der Zahlung – unter Vorlage der polizeilichen Anzeige – einzuleiten sowie die Unterstützung von einem Rechtsanwalt suchen. Ebenso kann das Europäische Verbraucherzentrum Österreich für eine Rechtsberatung kontaktiert werden“, rät Reinhold Schranz, der auch eine Checkliste zum sicheren Pferdekauf im Internet (siehe Kasten Seite 42) erstellt hat.
Wer sich also entschließt, ein Pferd über das Internet zu kaufen, sollte Vorsicht walten lassen und sich, so gut es geht, absichern. Aber – das darf auf keinen Fall unerwähnt bleiben: Nicht jede:r Verkäufer:in ist ein:e Betrüger:in, so manches tatsächlich zur Schlachtung vorgesehene Pferd hat übers Internet einen liebevollen Besitzer und Lebensplatz gefunden. Und bei vielen Pferdebesitzer:innen steht nach einem Online-Kauf auch tatsächlich das Traumpferd im Stall.
Tipps zum sicheren Pferdekauf
Auf die Ankaufsuntersuchung sollten Sie auch beim Online-Kauf auf keinen Fall verzichten. © www.slawik.com
Das Risiko, betrogen zu werden, lässt sich nicht ganz ausschließen, aber verringern. Mag. Reinhold Schranz vom Europäischen Verbraucherzentrum – Verein für Konsumenteninformation (VKI) rät:
Überprüfen Sie den Verkäufer gründlich
- Identität des Verkäufers verifizieren: Fordern Sie vollständige Angaben wie den vollständigen Namen, eine klagsfähige Anschrift (kein Postfach!), die Firmenbuch- bzw. Handelsregisternummer und den Verkaufshintergrund des Verkäufers an. Suchen Sie online nach Bewertungen, und prüfen Sie, ob der Verkäufer seriös ist.
- Konsistenz der Anzeigen prüfen: Manche Betrüger verwenden gefälschte Profile oder Bilder und Videos.
Detaillierte Dokumentation anfordern
- Tierarztberichte und Gesundheitsbescheinigungen: Fragen Sie nach aktuellen Tierarztberichten (Ankaufsuntersuchung), Impfnachweisen und Gesundheitsbescheinigungen. Seriöse Verkäufer sollten bereit sein, diese Dokumente vorzulegen.
- Eigentumsnachweis: Fordern Sie einen rechtlichen Nachweis des Eigentums an, einschließlich Registrierungsunterlagen und Mikrochip-Daten des Pferdes.
- Kaufvertrag: Verlangen Sie einen schriftlichen Kaufvertrag, der den Gesundheitszustand, die Reitbarkeit und andere wichtige Eigenschaften des Pferdes eindeutig beschreibt. Der Vertrag sollte ausdrücklich eine Rückgabemöglichkeit vorsehen, falls das Pferd nicht den vertraglich festgelegten Anforderungen entspricht.
Fotos und Videos sorgfältig prüfen
- Echtheit der Fotos sicherstellen: Bitten Sie um mehrere Fotos und Videos aus abwechselnden Perspektiven, die das Pferd in verschiedenen Umgebungen und mit unterschiedlichen Personen zeigen. Achten Sie auf einzigartige Merkmale (z. B. Abzeichen), um sicherzustellen, dass es sich um dasselbe Pferd handelt.
- Live-Videoanruf anfragen: Bitten Sie um eine Live-Video-Demonstration des Pferdes, um zu bestätigen, dass es mit den Fotos und der Beschreibung übereinstimmt und dass es wie beschrieben gehandhabt und geritten werden kann.
Prüfen Sie Zusicherungen zur Reitbarkeit und zum Verhalten
- Video vom gerittenen Pferd anfordern: Fordern Sie aktuelle Videos an, in denen das Pferd von mehreren Personen (einschließlich Anfängern, falls angegeben) geritten wird, um Verhalten und Reitbarkeit zu überprüfen.
- Trainingsstand bestätigen: Fragen Sie nach dem Trainingshintergrund des Pferdes und verlangen Sie, wenn möglich, Referenzen und Kontaktinformationen von Trainer:innen, den/die Sie auch kontaktieren können.
Zahlungsprozess
- Vorauszahlung: Leisten Sie tunlichst keine Vorauszahlungen, vor allem, wenn Sie das Pferd nicht gesehen haben. Sollte dennoch eine Vorauszahlung erforderlich sein, tätigen Sie diese über Kreditkarte oder einem Zahlungsdienstleister wie PayPal, bei dem Sie im Betrugsfall eine Rückerstattung der Anzahlung fordern können. Zahlen Sie keinesfalls die gesamte Kaufsumme vor Erhalt des Pferdes ein. Eine weitere Möglichkeit wäre, über einen Treuhänder – wie einem von Ihnen bestimmten Notar oder Rechtsanwalt – die Kaufsumme treuhändig zu hinterlegen. Die Kaufsumme wird daraufhin erst ausbezahlt, wenn Sie das Pferd erhalten haben und dieses frei von Mängeln ist.
- Transportabsprachen überprüfen: Der VKI rät generell, den Transport selbst zu organisieren. Auf diese Weise können Sie auch das Transportunternehmen selbst auswählen. Falls der Verkäufer den Transport organisiert, vergewissern Sie sich, dass dies über ein seriöses Transportunternehmen erfolgt. Holen Sie unabhängige Transportangebote ein, um die Kosten zu vergleichen.
- Lieferzeitpunkt: Stellen Sie sicher, dass klare Absprachen zur Ankunft des Pferdes getroffen werden und prüfen Sie das Pferd sofort bei Ankunft, um sicherzustellen, dass es der Vereinbarung entspricht.
Gesundheits- und Verhaltenszusicherungen kritisch hinterfragen
- Gesundheits- und Tauglichkeitsgarantien: Jede Behauptung über den Gesundheitszustand oder die Tauglichkeit des Pferdes sollte durch Tierarztberichte belegt sein. Im Vertrag sollte festgehalten werden, dass das Pferd keine spezifischen Gesundheits- oder Verhaltensprobleme hat, die seine Nutzbarkeit beeinträchtigen würden.
- Eine Ankaufsuntersuchung (AKU) sollte auf keinen Fall ausgelassen werden, da sie eine wichtige Absicherung gegen mögliche Mängel bietet. Sie gibt nicht nur Klarheit über den aktuellen Gesundheitszustand des Pferdes, sondern ermöglicht auch eine fundierte Entscheidung darüber, ob das Pferd den eigenen Anforderungen entspricht.
- Größen- und Altersabweichungen: Überprüfen Sie die im Vertrag angegebenen Merkmale wie Größe, Alter und Rasse des Pferdes anhand von Fotos und Videos oder lassen Sie das Pferd nach Möglichkeit von einer unabhängigen Person begutachten.
Rechtliche Absicherung und Dokumentation
- Die gesamte Kommunikation aufbewahren: Bewahren Sie E-Mails, Nachrichten und Verträge auf, da diese im Falle einer rechtlichen Auseinandersetzung entscheidend sein können.
- Anwendbares Recht und Gerichtsstand: Grundsätzlich ist es möglich, eine Rechtswahl zu treffen, d. h. es kann in dem Vertrag mit dem Verkäufer vereinbart werden, dass österreichisches oder zum Beispiel spanisches Recht zur Anwendung kommt. Der VKI rät, österreichisches Recht zu wählen. Sofern EU-ausländisches Recht gewählt wird, ist zu beachten, dass die österreichischen Bestimmungen anzuwenden sind, wenn diese günstiger sind (Art. 6 Abs. 2 Rom-I-Verordnung).
- Es ist bei einem grenzüberschreitenden Pferdekauf im Internet davon auszugehen, dass das Privileg des Verbrauchergerichtsstandes gilt, in der Regel wird der Verkäufer das Pferd nach Österreich liefern und auch seine Tätigkeit nach Österreich ausrichten. Im Streitfall können Sie als Verbraucher wählen, ob Sie den Unternehmer an seinem Sitz im EU-Ausland oder an Ihrem Wohnsitzgericht in Österreich klagen wollen.
Holen Sie sich fachliche Unterstützung, wenn Sie Zweifel haben
- Falls Sie Zweifel an der Eignung des Pferdes oder der Seriosität des Verkäufers haben, ziehen Sie in Erwägung, einen Rechtsanwalt, einen Pferdesachverständigen bzw. eine Verbraucherschutzeinrichtung zur Überprüfung des Vertrags und zur Bewertung des Pferdes hinzuzuziehen, bevor Sie den Kauf abschließen.