14255468647719.jpg

Nicht jede Impfung ist für jedes Pferd unbedingt notwendig. © Alessandra Sarti

Welche Impfungen Pferde wirklich brauchen

Ein Artikel von Dr. Bernadette Linsbichler/Pamela Sladky | 09.02.2016 - 11:16
14255468647719.jpg

Nicht jede Impfung ist für jedes Pferd unbedingt notwendig. © Alessandra Sarti

Impfungen bewahren Pferde, genauso wie uns Menschen, vor schwerwiegenden Erkrankungen. Sie schützen dabei nicht nur Einzeltiere, sondern über Bestandsimpfungen die gesamte Pferdepopulation. Impfungen tragen damit zur Gesundheit der Pferde bei und helfen ihre Leistungsbereitschaft zu erhalten.

Trotz ihrer Vorteile stellen viele Pferdebesitzer die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit von Impfungen in Frage. Häufig stehen sie auch in Verdacht andere Erkrankungen zu provozieren oder negativ zu beeinflussen – ein weiterer Grund für die zunehmende Impfmüdigkeit. Tatsächlich ist nicht jede Impfung für jedes Pferd unbedingt notwendig. Die wichtigsten Impfungen im Überblick:

Tetanus

Sie ist die wichtigste Schutzimpfung, die wirklich jedes Pferd haben sollte: die Tetanusprophylaxe. Ihre Notwendigkeit liegt darin begründet, dass der Tetanuserreger (Clostridium Tetani) praktisch überall vorkommt. Auch reagieren Pferde hoch sensibel auf den Erreger und den von ihm erzeugten Giftstoff. Es reicht schon eine kleine Wunde aus, um sich mit dem lebensbedrohenden Keim oder seinen Sporen zu infizieren.

Erkrankt ein Pferd an Tetanus, dauert es zwischen einem Tag und vier Wochen, bis sich die ersten typischen Symptome bemerkbar machen. Dazu zählen allgemeine Steifigkeit (sägebockartige Stellung), erhöhte Schreckhaftigkeit und Geräuschempfindlichkeit, später folgen Nickhaut-Vorfall, erschwerter Kot- und Harnabsatz sowie hohes Fieber. Der Tod kann zwischen drei und 14 Tagen nach Beginn der Symptome eintreten. Die Behandlung von Tetanus ist beim Pferd äußerst schwierig und kostenintensiv, eine Heilung gelingt nur in seltenen Fällen.

Impfschema: Für eine Grundimmunisierung wird der Tetanus-Impfstoff zweimal im Abstand von sechs Wochen verabreicht, ein Jahr danach folgt die erste Wiederholungsimpfung, danach werden Auffrischungen in Intervallen von zwei bis vier Jahren (abhängig vom Impfstoff) empfohlen.

Fazit: Dagegen sollte jedes Pferd, vom Fohlen bis zum Senior, geimpft sein!

Pferdegrippe

Die Pferdegrippe wird beim Pferd durch das Equine Influenzavirus (EIV) ausgelöst. Die Influenza ist beim Pferd wie auch bei anderen Lebewesen ein permanentes Problem. Influenzaviren verändern ihre genetische und antigenetische Zusammensetzung, passen sich so dem Wirt besser an und entziehen sich damit der Kontrolle durch das Immunsystem. Eine jährliche Anpassung der Impfstoffe mit aktuellen Influenzastämmen soll den ständigen Veränderungen der zirkulierenden Influenzaviren entgegenwirken.

Das Influenzavirus ist sehr ansteckend, infizierte Pferde scheiden die Erreger mit Nasensekret und Speichel massenhaft aus. Die Viren sollen in kleinen Tröpfchen mit der Atemluft etwa 40 Meter weit fliegen können, was erklärt, warum sich die Krankheit so schnell in einem Bestand ausbreiten kann.

Gerade pferdesportliche Veranstaltungen bieten dem Virus die benötigte Pferdedichte, um sich in der Population zu halten. Das macht deutlich, wieso es bei Veranstaltungen so wichtig ist, dass die teilnehmenden Pferde einen Impfschutz gegen Influenza aufweisen.

Die Infektion selbst beschränkt sich im Großen und Ganzen auf die oberen Atemwege und zeigt einen selbstlimitierenden Verlauf, wird aber häufig durch bakterielle Sekundärinfektionen verkompliziert. Die Therapie erfolgt symptomatisch. Die Bekämpfung der Pferdegrippe erfolgt hauptsächlich durch den Einsatz von Impfstoffen.

Pferde, die nicht gegen Influenzaviren geimpft sind, sind auf pferdesportlichen Veranstaltungen (Turnieren, Pferdeleistungsschauen etc.) nicht zugelassen bzw. werden bei mangelndem Impfschutz disqualifiziert.

Impfschema: Eine Grundimmunisierung wird durch zwei Impfungen im Abstand von sechs Wochen erreicht, danach erfolgt alle sechs Monate eine Wiederholungsimpfung. Bei Turnierpferden dürfen die Impfintervalle nicht mehr als sechs Monate betragen!

Fazit: Die Impfung gegen Pferdegrippe gehört zu den obligatorischen Impfungen, die kein Pferdebesitzer auslassen sollte. Für Turnierpferde ist sie unverzichtbar.

Herpes

Das Equine Herpesvirus zählt zu den von Pferdehaltern- und besitzern gefürchtetsten Erregern. Grundsätzlich können beim Pferd bislang fünf verschiedene Herpesviren unterschieden, als bedeutendster gilt der Erreger EHV-1. Angefangen von milden Atemwegserkrankungen bis hin zu spontanen Aborten, ganzen Abortsalven und akuten Todesfällen kann die neurologische Manifestation der EHV-1-Infektion zu erheblichen Pferdeverlusten führen.

Die Ansteckung mit den hoch infektiösen Viren erfolgt häufig wie bei einer gemeinen Erkältung über Tröpfchen, beispielsweise durch Husten. Aber auch über direkten oder indirekten Kontakt wie über die Futterkrippe und Tränke oder Hände, Kleider und Schuhe von Pflegepersonal und ReiterInnen, kann das Virus übertragen werden. Infizierte Tiere scheiden die Viren für gewöhnlich über die Atemwege für 7 bis 10 Tage aus, aber auch längere Ausscheidungsphasen sind möglich.

EHV-1 tritt in den meisten Pferdepopulationen ständig und häufig wiederholt auf, bei einer Mehrzahl der Pferde - man spricht von rund 90 % - kann im Blut ein Erregerkontakt nachgewiesen werden. Die meisten Pferde infizieren sich bereits im ersten Lebensjahr, meistens schon in den ersten Lebenswochen. Einmal mit Herpes angesteckt, trägt ein Pferd das Virus ein Leben lang in sich. Diese Tiere können jederzeit, insbesondere bei Stress, erneut zu Virusausscheidern werden und die Krankheit verbreiten.

Impfungen sind derzeit nur für den Erreger EHV-1 und den eng verwandten EHV-4 verfügbar, die allerdings nur für drei bis sechs Monate eine belastbare Immunität herstellen können. Danach muss aufgefrischt werden. Außerdem muss immer der gesamte Pferdebestand in einem Stall geimpft werden, einzelne Tiere zu impfen ist nicht sinnvoll.

Über Nutzen und Risiken der EHV-1-Impfung scheiden sich die Geister. Keiner der momentan erhältlichen Impfstoffe schützt vor der neurologischen Verlaufsform. Selbst bei Pferden, die alle drei bis fünf Monate geimpft wurden, kam es bereits zu neurologischen Herpesdurchbrüchen. Auch gegen die respiratorische Form und den herpesbedingten Stutenabort schützt die Impfung nur teilweise – und auch nur dann, wenn der gesamte Bestand geimpft ist. Allerdings reduziert die Impfung die Virusausscheidung und führt dadurch zu weniger Infektionen.

Impfschema: Zur Grundimmunisierung werden zwei Impfungen im Abstand von sechs Wochen durchgeführt, danach muss spätestens alle sechs Monate aufgefrischt werden.

Fazit: Nur sinnvoll, wenn der gesamte Pferdebestand durchgeimpft ist.

Druse

14539679483297.jpg

Ttypische Anzeichen für Druse sind schleimiger bis eitriger Nasenausfluss und geschwollene Lymphknoten. © www.slawik.com

Die oft als "Kinderkrankheit" bezeichnete Druse ist weltweit verbreitet und hochansteckend. Der Erreger wird von Pferd zu Pferd direkt via Tröpfcheninfektion oder indirekt (Stallpersonal, Putzzeug, Fliegen etc.) übertragen. Klinische Anzeichen sind hohes Fieber, Appetitlosigkeit, Mattigkeit, Entzündung der Schleimhäute des oberen Atmungstraktes (eitriger Nasenausfluss, Husten), Schwellung und Vereiterung der Lymphknoten im Halsbereich mit der Neigung, Abszesse zu bilden. Die meisten Patienten erholen sich innerhalb von zwei bis vier Wochen. Bei 10 Prozent der betroffenen Pferde endet die Druse tödlich. Das Bakterium kann in symptomlosen Trägern über Jahre überleben und in Stresssituationen zu einem Ausbruch führen.

Auch gegen Druse ist seit einigen Jahren ein Impfstoff erhältlich. Dieser kann ab einem Alter von vier Monaten angewendet werden und wird unter die Oberlippe gespritzt. Nach vier Wochen erfolgt die zweite Imfpung, danach wird im Abstand von drei bis sechs Monaten aufgefrischt.

Auch wenn Druseerkrankungen Pferdebesitzer und Stallbetreiber immer wieder in Angst und Schrecken versetzen, raten Experten nur in Notfällen zu einer Impfung.

Fazit: Der Einsatz der erhältlichen Druse-Impfung ist ausschließlich als Notfallmaßnahme zu empfehlen. Die prophylaktische Impfung nicht akut infektionsgefährdeter Tiere wird ausdrücklich nicht empfohlen.

Tollwut

Tollwut ist eine seit Jahrtausenden bekannte Virusinfektion, die bei Mensch und Tier fast immer eine tödlich verlaufende Gehirnentzündung hervorruft. Die anzeigepflichtige Krankheit wird in Europa hauptsächlich von Wildtieren wie Fuchs und Marder durch Biss (Speichel) übertragen. Beim Pferd äußert sie sich als stille Wut, die nicht mit erhöhter Aggressivität einhergeht. Die Anzeichen sind uncharakteristisch und können leichte Bewegungsstörungen, Verhaltensstörungen, Scheuen und Benagen der Bissstelle, Kolik, Lähmungserscheinungen etc. umfassen.

Tollwutinfektionen treten vor allem in Entwicklungsländern in Asien (56 %) und Afrika (44 %) und in Osteuropa auf. Österreich gilt seit 2008 als tollwutfrei.

Fazit: Tollwut kann weder von Pferd zu Pferd noch vom Pferd an einen anderen Warmblüter weitergegeben werden. Daher genügt es, nur gefährdete Tiere zu impfen, etwa Pferde, die in Länder verbracht werden, in denen es Tollwut noch gibt.