Jedes Entwurmungsschema hat seine Berechtigung – und für jeden Pferdebestand passt ein anderes. Wie man das Richtige wählt, erklärt Parasitologin Dr. med. vet. Anja Joachim. Mehr lesen ...
So sehr der Gedanke an Tierkliniken oder Krankenhäuser uns auch Angst machen kann – zuallererst gilt es, sich Folgendes in Erinnerung zu rufen: Diese Einrichtungen sind dafür da, uns und unseren Tieren bestmöglich, effizient und zielgenau zu helfen. Den meisten Kliniken stehen dafür nicht nur breitgefächerte diagnostische Möglichkeiten zur Verfügung, es sind auch Spezialist:innen für eine Vielzahl an medizinischen Bereichen vor Ort. Die Klinikmitarbeiter:innen bemühen sich nach allen Regeln der Kunst um das Wohlergehen der Pferde, und man selbst kann bei alledem weitaus ruhiger schlafen als bei einer Nachtwache für das kranke Pferd zuhause im Stall.
Guter Start: Entspanntes Verladen
Ganz gleich warum ein Pferd in die Klinik muss, höchstwahrscheinlich muss es im Anhänger dorthin transportiert werden. Und damit wären wir schon beim zweiten großen Schreckgespenst: dem Verladen. Wenige Pferde finden den Anhänger einladend bzw. den Transport angenehm. Umso weniger, wenn es – wie bei Notfällen meistens – dunkel, der/die Besitzer:in angespannt und vielleicht übermüdet ist, möglicherweise auch noch einige wohlmeinende Stallkolleg:innen dabeistehen. Schmerzen und Stress beim Pferd selbst machen das Einsteigen zusätzlich zur Herausforderung, aber auch wenn der Klinikbesuch schon von langer Hand geplant ist, kann der Termindruck für flatternde Nerven sorgen.
All dem lässt sich einfach vorbeugen: Das Verladetraining sollte zum Trainingsplan mindestens einmal im Monat dazugehören. Dazu bieten sich ruhige Tageszeiten im Stall an, ein vierbeiniger Trainingspartner, der problemlos in den Hänger einsteigt, hilft ebenfalls. Wichtig außerdem: ein positives, entspanntes Herangehen aller Beteiligten. Wenn das Training Sie selbst sehr stresst, empfiehlt es sich, professionelle Hilfe zu holen und gerade zu Beginn häufiger zu üben. Alle Personen, die nicht um Mithilfe gebeten wurden, dürfen höflich dazu aufgefordert werden, Ihnen und Ihrem Pferd Raum und Ruhe für das ungestörte Training zu geben. Dies gilt ebenfalls und ganz besonders in Notfällen. In diesen Ausnahmesituationen ist es manchmal auch von Vorteil, jemand anderen verladen zu lassen, da sich die eigene Anspannung sehr leicht aufs Pferd überträgt. Klar ist auch: Ist es ein Muss, dass Ihr Pferd in den Anhänger steigt, ist es für geduldiges Verladetraining zu spät. Vielleicht helfen in der Stresssituation Longen, den Patienten in den Anhänger zu bugsieren. Falls das Einsteigen zum Kampf mutiert, und es aus veterinärmedizinischer Sicht möglich ist, kann aber auch das Sedieren des Pferdes nötig und sinnvoll werden.
Gute Fahrt: Alles bei der Hand
Gerade im Notfall ist es eine große Erleichterung, wenn alles Nötige bereitliegt. Der Pferdepass (oder auch eine Kopie davon) sowie die Telefonnummern und Adressen der nächstgelegenen Tierkliniken sollten immer im Stall zur Hand sein. Wenn der Aufenthalt in der Klinik geplant erfolgt, ist es hilfreich, die Zahlungsmodalitäten sowie den Ablauf der Anmeldung vorab abzuklären. Hat man eine Pferdekranken- oder OP-Versicherung, verrechnen viele Kliniken direkt mit der Versicherung.
Vor der Abfahrt müssen dann je nach Jahreszeit Abschwitzdecke und/oder Stalldecke, Halfter mit Führstrick und eine Longe (als Verladehilfe, zum Vortraben oder zur Bewegung in der Klinik) ins Gepäck. Wenn Zeit dazu ist, kann man auch den Weg zur Klinik einmal ohne Pferd abfahren, um mögliche Überraschungen wie Straßensperren oder zeitweilige Engpässe zu vermeiden.
Einige Tierkliniken bieten auf ihren Homepages Anmeldeformulare sowie Infos, was die Patienten mitbringen sollten. „Es ist wichtig, dass wir bei der Ankunft alle wichtigen Informationen zur Haltung und Fütterung des Pferdes erfahren. Wenn eine Untersuchung geplant ist, bitten wir auch darum, mit einem sauberen Pferd und sauberer Ausstattung zur Aufnahme zu kommen“, sagt Dr. Doris Rothensteiner (Tierklinik Mitterndorf). Es empfiehlt sich, schon im Vorfeld alle Gegenstände zu beschriften, die in der Klinik verbleiben, und tatsächlich nur das Wichtigste dort zu lassen. Je nach Dauer des Aufenthalts kann auch das eigene Futter mitgebracht werden. Denken Sie ebenfalls an eventuell notwendige Medikamente, die das Pferd regelmäßig braucht. Wenn nötig, kann auch ein Begleitpferd mit dem Patienten in der Klinik bleiben, dieses muss aber unbedingt rechtzeitig angekündigt werden. Alternative für Zweitpferde, die z. B. nicht alleine daheim bleiben können: Sehen Sie sich um, ob ein Stall in der Nähe der Klinik eine Box zur Verfügung stellen kann.
Checkliste
Vor der Abfahrt: Haben Sie alles dabei?
- Pferdepass
- evtl. Anmeldeformular der Klinik, wichtige Informationen zu Haltung und Fütterung Ihres Pferdes
- Anfahrtsplan und Kontaktdaten der Klinik
- Halfter und Führstrick, Longe
- Decken (Abschwitzdecke, Fliegendecke, Stalldecke)
- Putzbox
- Futter, eigene Medikamente
- Beschriftung für alle persönlichen Gegenstände, die in der Klinik bleiben
Wichtig: Sollte ein Pferd aus dem Ausland in eine Tierklinik anreisen, ist eine TRACES-Meldung unbedingt erforderlich. Mehr Infos zu den Regeln der Ein- und Ausfuhr von Equiden finden Sie auf der Kommunikationsplattform Verbraucher:innengesundheit sowie in diesem Leitfaden des OEPS.
Guter Aufenthalt: Von Ankunft bis Abreise
Bei der Ankunft werden in der Regel ein Aufnahmegespräch sowie eine Erstuntersuchung durchgeführt. Wichtig ist es, das Klinikpersonal über besondere Verhaltensweisen des Pferdes zu informieren. Lässt es sich irgendwo nicht gerne angreifen, gibt es Probleme bei der Wundversorgung, neigt es zum Steigen oder Ausschlagen? Auch wenn man im Umgang an der Klinik allgemein Vorsicht walten lässt, ist es für alle Beteiligten von Vorteil, im Vorhinein über eventuelle Gefahren Bescheid zu wissen.
Verbleibt das Pferd einige Tage auf der Klinik, sollten auch die Besuchszeiten bei der Aufnahme besprochen werden. Was ist während der Besuchszeit aus medizinischer Sicht sowie aus den klinikeigenen Gepflogenheiten heraus erlaubt und was nicht? „Auch wenn es Besitzer:innen oft schwerfällt: Man muss bedenken, dass vierbeinige Patienten Ruhe zur Genesung brauchen“, betont Dr. Rothensteiner. Ein wenig „auslüften“ ist trotzdem oft hilfreich und angenehm fürs Pferd. Wo befindet sich z. B. ein ruhigerer Bereich, in dem das Pferd sich etwas im Freien entspannen kann? Erkundigen Sie sich auch nach den Möglichkeiten, an der Hand zu führen, grasen zu gehen und/oder zu longieren.
Nicht zuletzt sollten Sie sich eine ehrliche Frage stellen: Können Sie Ihr Pferd in fremder Umgebung gefahrlos führen und kontrollieren? Ein frisch kastrierter junger Wallach stellt unter Umständen eine andere Herausforderung dar als ein Pferdesenior, der die Welt schon etwas gelassener sieht. Unabhängig vom individuellen Temperament ist die Situation fern der vertrauten Umgebung in jedem Fall jedoch eine ungewohnte und möglicherweise furchteinflößende für Ihr Pferd – seien Sie darauf gefasst. Können Sie selbst vielleicht aus zeitlichen Gründen nicht zu Besuch kommen, überlegen Sie, ob es eine andere dem Pferd vertraute Person gibt, die ihm während seines Klinikaufenthalts mit einem Spaziergang oder etwas Bewegung an der Longe ein wenig Abwechslung verschaffen kann.
Bei der Entlassung werden üblicherweise das weitere Vorgehen und die Nachsorge besprochen und Finanzielles geklärt. Meist ist eine Zahlung mit Karte möglich, auch Rechnungen zur Überweisung sind üblich. In Ausnahmefällen gibt es außerdem Möglichkeiten für Ratenvereinbarungen – z. B. bei hohen Kosten für eine Notbehandlung. Für die Abreise ist es wiederum ratsam, sich (professionelle) Hilfe fürs Verladen zu organisieren, um das Klinikgelände ohne Verzögerung und Stress zu verlassen. Auch ein vierbeiniger Freund, der als Beifahrer für den genesenden Patienten zur Verfügung steht, macht den Transport für ihn angenehmer. Vergessen Sie auch sich selbst nicht und bitten Sie eventuell eine Begleitperson, Sie (emotional) zu unterstützen.
Gutes Heimkommen: Nachsorge und Reflexion
Nach der Ankunft im heimatlichen Stall tut etwas Auslauf und Herdenkontakt gut, so es aus medizinischer Sicht erlaubt ist. Sich zu wälzen und Freunde zu begrüßen hilft dem Patienten sehr, angestauten Stress schnell abzuschütteln. Sollte das nicht möglich sein, kann ein kleiner Spaziergang oder ein wenig Beinevertreten an der Longe für Entspannung sorgen.
Je nach besprochener Nachsorge sind dann eventuell möglichst bald Vorbereitungen im Stall zu treffen: Sind Medikamentengabe oder regelmäßige Wundversorgung notwendig? Können Sie diese selbst vornehmen oder brauchen Sie Ihre:n Tierärzt:in dazu? Ist das Krippenfutter, die Heumenge oder die Einstreu umzustellen? Steht Boxenruhe oder Ausgang auf ein Krankenpaddock an? Wie sieht das sonstige Bewegungsprogramm aus? Und ist es vielleicht sogar notwendig, die Haltung auf lange Sicht gänzlich zu verändern? „Der Therapieerfolg beim Pferd ist auch davon abhängig, wie aktiv Besitzer:innen sich an der Nachsorge beteiligen“, gibt Dr. Rothensteiner zu bedenken. „Sind sie zum Beispiel bereit, nach einem Klinikaufenthalt Haltungsänderungen vorzunehmen, wenn sie nötig werden?“
Fair Play
Kontaktieren Sie die Klinik (gerade auch im Notfall!) vorab immer telefonisch. Geben Sie auch bei Verzögerung der Ankunft Bescheid, und sagen Sie Termine möglichst frühzeitig ab, wenn nötig. Dasselbe gilt, wenn es Ihrem Pferd in einem Notfall unerwartet besser geht, und der Klinikbesuch abgesagt werden kann. „Das Klinikpersonal für den Notdienst wird oft aus der Bereitschaft geholt“, erklärt Dr. Rhea Haralambus von der Vetmeduni-Klinik in Wien. „Tagsüber wird der Klinikalltag genauso auch an bevorstehende Notfälle angepasst.“ Dem Personal mit möglichst frühzeitiger Information unter die Arme zu greifen, zahlt sich zudem doppelt aus: In der Klinik können so auch für die Ankunft des Patienten bereits die idealen Vorbereitungen getroffen werden und Ihr Pferd wird sofort optimal betreut.
Für den Ernstfall gewappnet
Nicht zuletzt muss man sich eines bewusst machen: Wenn Ihr Pferd in die Klinik muss, kann die folgende Diagnose unter Umständen nach einer schwerwiegenden Entscheidung verlangen. Auch wenn diese Überlegungen unangenehm sind – darüber in Ruhe, jenseits einer Notsituation nachzudenken, und zu einer klaren Haltung zu finden, hilft. Dazu gehört auch, eine Person Ihres Vertrauens als Vertretung in Ihrer Abwesenheit zu ernennen. Diese erhält von Ihnen die Befugnis, im Notfall zu entscheiden, wie mit Ihrem Pferd umgegangen wird. Besprechen Sie ehrlich, ob die Person Ihrer Wahl sich so einer Verantwortung gewachsen fühlt. Klären Sie, welche Eingriffe oder Therapien im Ernstfall an Ihrem Pferd vorgenommen werden sollen: Was ist für Sie vertretbar, leistbar und angemessen, was nicht? Finden Sie ehrliche Antworten auf diese Fragen, bereiten Sie sich und Ihr Pferd gewissenhaft und mit Ruhe auf Ernstfälle vor, und holen Sie sich frühzeitig alle Informationen und Hilfestellungen, die Sie brauchen. Dann verliert die Klinik einen großen Teil ihres Schreckens, und für Ihr Pferd ist bestens vorgesorgt.