Filmtipp

The Rider: Reiter mit jeder Faser des Seins

Ein Artikel von Pamela Sladky | 07.09.2018 - 12:35
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© Pferde spielen in Bradys (Brady Landreau) Leben eine zentrale Rolle.  

Nach seinem beinahe tödlichen Reitunfall, bei dem er einen Tritt gegen den Kopf abbekommen hat, soll der angehende Rodeo-Star Brady Blackburn (Brady Jandreau) möglichst nicht mehr in den Sattel steigen. Die Hiobsbotschaft macht Brady nicht nur von einem Tag auf den anderen arbeitslos. Als direkter Nachkomme der Lakota-Sioux hat er auch eine ganz besondere Verbindung zu Pferden und definiert sich selbst fast ausschließlich über seine Arbeit mit ihnen. In seiner Kultur ist ein Mann, der nicht reiten kann, kein echter Mann. Das lässt ihn auch sein Vater Willy (Bradys realer Vater Tim Jandreau) spüren, der für seinen beeinträchtigten Sohn nur wenig Mitleid übrig hat. Zu allem Übel gibt es im Pine Ridge Reservat für einen, der nicht in den Sattel steigen kann, kaum etwas zu tun. Brady fühlt sich nutzlos, alleingelassen, verzweifelt. Den Ausweg im Selbstmord zu suchen verwirft er nur deshalb, weil er seine an einer geistigen Behinderung leidende kleine Schwester Lilly (Bradys reale Schwester Lilly Jandreau) nicht im Stich lassen will.

Und so sehnt er sich täglich nach der Arbeit mit den Pferden, obwohl sein Körper sich dagegen sträubt und ihm sein bester Freund Lane (der reale Bullenreiter Lane Scott), der seit einem Rodeo-Unfall sogar im Rollstuhl sitzt, als mahnendes Beispiel dient.

Gefühlvoller Neo-Western

In grandiosen Bildern der Wildnis South Dakotas erzählt der Film von zerbrochenen Träumen und verlorenen Identitäten. Authentisch und einfühlsam hält „The Rider“ die Balance zwischen zärtlicher Poesie, archaischen Mythen und der rauen Lebenswirklichkeit im amerikanischen Heartland.

Für ihr neustes Werk hat Regisseurin Chloé Zhao Laiendarsteller gesucht, die vor der Kamera mehr oder weniger ihre eigene Geschichte nachspielen. Noch während der Dreharbeiten zu ihrem Vorgängerfilm „Songs My Brothers Taught Me“ stieß sie auf den jungen Pferdeflüsterer und ehemaligen Rodeo-Champion Brady Jandreau, der seit einem schweren Sturz eigentlich gar nicht mehr selbst aufs Pferd steigen sollte. Seine Schicksal lieferte die Geschichte für "The Rider". Sie erzählt, wie man(n) sich in einer von klassischen männlichen Werten dominierten Gesellschaft behauptet, selbst wenn man(n) aufgrund der äußeren Umstände nicht länger an den traditionellen Männlichkeitsritualen teilnehmen kann. „Ich will unseren Jungs sagen, dass es okay ist, verletzlich zu sein, dass sie nicht sein müssen wie die toughen Gewinnertypen, die man sonst im Kino sieht. Ich möchte unseren Söhnen sagen, dass sie ruhig geplatzte Träume haben können, aber wahre Helden diejenigen sind, die trotzdem weiterträumen“, sagte Zhao in einem Interview.

Das tief berührende Drama wurde in Cannes mit dem Art Cinema Award sowie mit dem Werner Herzog Filmpreis ausgezeichnet, der Mut, Entschlossenheit und Visionen honoriert. In österreichischen Kinos ist der "The Rider" ab 14. September zu sehen.