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Ekzemer leiden unter extremen Juckreiz. Viele betroffene Tiere scheuern sich blutige Wunden. © www.slawik.com

Neue Impfung liefert bahnbrechende Erfolge bei Sommerekzem

Ein Artikel von Pamela Sladky | 05.04.2018 - 11:21
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Ekzemer leiden unter extremen Juckreiz. Viele betroffene Tiere scheuern sich blutige Wunden. © www.slawik.com

Im Visier hatte man bei der Entwicklung der Vakzine zwei chronisch allergische Erkrankungen: die atopische Dermatitis beim Hund und das Sommerekzem beim Pferd. Letztere ist eine allergische Hautreaktion, die durch die Gnitze oder Culicoides-Mücke hervorgerufen wird. Während sich die Männchen dieser Art ausschließlich von Pflanzensäften ernähren, haben es die Weibchen auf tierisches Blut abgesehen. Das Problem: Ihr Speichel enthält Proteine, auf die viele Pferde allergisch reagieren. Sobald der Eiweißsstoff in die Haut gelangt, schlägt das Immunsystem Alarm. In einer überschießenden Abwehrreaktion bilden sich Knötchen, die stark Jucken und großes Unbehagen auslösen. Im Versuch sich Linderung zu verschaffen, scheuern betroffene Pferde was das Zeug hält. Die Folgen sind kahle Stellen in den klassischen Regionen Mähnenkamm, Schopf, Schweifrübe/Kruppe und Bauchnaht. Die angegriffene Haut begegnet der Belastung mit Schuppen, Schwellungen und Verdickungen. Doch damit nicht genug. Viele Pferde leiden so stark unter dem Juckreiz, dass sie sich kratzen bis Blut fließt. Weil dabei Schmutz und Keime in die offene Wunde gelangen, kommt es zu Entzündungen – das Problem verschlimmert sich.

Impfung verringert Hautläsionen deutlich

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Gnitzen-Weibchen injizieren während des Blutsaugens Allergene durch die die Produktion von Interleukin 5 (IL-5) angeregt wird. Dieser Botenstoff des Immunsystems zieht gewebeschädigende Eopsinophile an. Blockiert man IL-5 durch eine Impfung, werden keine Eosinophile in der Haut angereichert und der Schaden bleibt aus. © M. Mohsen | Universität Bern

Der neue Impfstoff hat das Potenzial diesen Teufelskreis wirksam zu durchbrechen. Das zeigte ein erster Versuch, der von einem Forscherteam um Antonia Fettelschoss-Gabriel vom Universitätsspital Zürich und der Universität Zürich durchgeführt wurde. Im „Journal of Allergy and Clinical Immunology“ berichten die Wissenschaftler von bahnbrechende Erfolgen bei der Behandlung des Sommerekzems.

Insgesamt 34 betroffene Islandpferde nahmen an der placebokontrollierten, doppelblinden klinischen Studie teil, wobei 19 Pferde geimpft wurden und 15 ein Placebo erhielten. Der Impfstoff bestand aus zwei miteinander verbundenen Komponenten. Die erste Komponente aktiviert das Immunsystem, basierend auf einem virusähnlichen Nanopartikel. Als zweite Komponente nutzte man IL-5, ein spezifisches Molekül, das die Entwicklung und Aktivierung von sogenannten Eosinophilen reguliert. Diese spezielle Art der weißen Blutzellen spielt eine bedeutende Rolle bei Allergien.

Eben diese Eosinophile wurden durch den Impfstoff stark in ihrer Entwicklung begrenzt was dazu führte, dass bei geimpften Tieren im Vergleich zur vorherigen Saison sowie zur Placebogruppe deutlich weniger Gewebeschäden auftraten. Der Impfstoff selbst wurde insgesamt gut vertragen.

Erschwingliche Kosten

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Durch den dauernden Drang sich kratzen zu müssen stehen betroffene Pferde unter extremem Stress. Abmagerung, Magengeschwüre und sogar Koliken können die Folge sein. © www.slawik.com

„Anders als bei der klassischen Desensibilisierung, bei der versucht wird, das Immunsystem gegenüber den Allergenen tolerant zu machen, gingen wir gezielt gegen die Hauptauslöser von Insektenstichüberempfindlichkeit vor, die Eosinophilen“, erklärt Studienleiterin Fettelschoss-Gabriel. Weil Eosinophile auch eine Schlüsselrolle bei allergischem Asthma beim Menschen spielen, könnten die neuen Erkenntnisse, die bei Pferden gewonnen wurden, helfen, eine ähnliche Therapie beim Menschen zu entwickeln.

Die neue Vakzine soll schon in Kürze zu erschwinglichen Preisen verfügbar sein. Forschungsleiter Prof. Martin F. Bachmann von der Universitätsklinik für Rheumatologie, Immunologie und Allergologie am Universitätsspital Bern, verspricht sich viel von seiner Neuentwicklung. "Diese Option wird wahrscheinlich die Art und Weise ändern, wie Haustiere medizinisch behandelt werden", so der Schweizer Immunologe.

ps