Gesundheit

Wann ist ein Pferd zu alt für eine Kolik-OP?

Ein Artikel von Pamela Sladky | 12.09.2019 - 12:11
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Besonders bei älteren Pferden wird von einer nötige Kolik-Operation häufig wegen vermeintlich schlechter Prognosen, oft aber auch aus Kostengründen, abgesehen.

„Die Realität ist, dass viele ältere Pferde, die an einer Kolik erkranken, aufgrund einer vermeintlich schlechten Prognose oder finanzieller Einschränkungen eingeschläfert werden, wenn ein chirurgischer Eingriff ansteht“, sagte Louise Southwood, Professorin für Notfallmedizin und Intensivmedizin an der Penn Vet in Pennsylvania, USA gegenüber dem US-amerikanischen Pferdegesundheitsmagazin TheHorse.com.

In ihrer Studie analysierte Southwood zusammen mit ihren Kollegen Sophie Boorman und Darko Stefanovski Patientenakten von 83 Kolikpferden, die zwischen 2009 und 2015 in der Pferdeklinik des Royal Veterinary College in Longon stationiert waren. Ihr Ziel war es, Risikofaktoren zu identifizieren, die mit dem Tod in den ersten Tagen nach einer Dünndarmoperation zusammenhängen.

Nach der Auswertung der Daten hatte das Team zwei Faktoren identifiziert: Zum einen sind das ein erhöhtes Zellvolumen und eine erhöhte Blutzuckerkonzentration bei der Aufnahme in der Klinik – beides deutet auf eine bereits länger bestehende Krankheit und einen schwereren Verlauf hin.

Faktor Nummer zwei ist eine Magenüberladung, hervorgerufen durch eine Blockade im Dünndarm. Studienergebnisse haben gezeigt, dass bis zu 50 Prozent der Pferde, die nach einer Kolikoperation einen Reflux mit einhergehender Magenüberladung erleiden, nicht überleben. Zwar ist der postoperative Reflux eine schwerwiegende und teure Komplikation bei Dünndarmoperationen, allerdings stellten die Autoren im Rahmen ihrer Arbeit fest, dass ältere Pferde (= Pferde über 16 Jahren) nicht häufiger davon betroffen waren als ihre jüngeren Kollegen.

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Pferde unterm Messer: Eine Kolik OP ist ein schwerwiegender und kostenintensiver Eingriff, für den es keine Garantie gibt. Die  Erfolgsaussichten liegen dennoch bei hohen 80 bis 90 Prozent.   © www.slawik.com

Ein Risiko, das sich mit zunehmendem Alter allerdings tatsächlich erhöht, ist die Wahrscheinlichkeit schwerer Darmläsionen – und hier vorrangig strangulierender Dünndarmläsionen. In einer früheren Arbeit konnten Southwood und ihre Kollegen bereits zeigen, dass Pferdesenioren mit Kolik etwa doppelt sooft strangulierende Dünndarmläsionen aufwiesen wie jüngere Tiere. Das Problem: Mit ihnen gehen häufig langwierigen Operationen einher, die die Überlebenschancen weiter verringern, so das Southwood-Team.

Doch was heißt das nun, wenn man vor der Entscheidung steht, ob man sein altes Pferd Kolik-operieren lassen soll oder nicht? „Alter ist keine Krankheit“, sagt dazu Mitautorin Sophie Boorman. „Tierarzt und Besitzer sollten nicht grundsätzlich davon ausgehen, dass ein älteres Pferd eher Komplikationen hat und eine OP nicht überlebt.“

Boorman und ihre Forschungspartner hoffen, dass ihre Studie einen Beitrag dazu leistet, die Denkweise von Pferdebesitzern zu ändern, die meinen, ihr Pferd sei für eine Kolikoperation zu alt, weil sie davon ausgehen, dass ältere Tiere nach einer OP ohnehin geringere Chancen auf Genesung haben. „Das Alter sollte keinen negativen Einfluss auf die Entscheidung pro oder kontra Operation haben“, so das Fazit.