Gesundheit

Schmerzt der Pferdehals? Das können die Anzeichen sein

Ein Artikel von Pamela Sladky | 11.02.2021 - 11:54
bay_wb_riccardo514290_bearbeitet.jpg

Probleme im Bereich des Pferdehalses werden häufig übersehen.   ©www.Slawik.com

Der Hals dient dem Pferd als Balancierstange und ist ein entscheidendes Element für dessen Bewegungsqualität. Auch beim Reiten spielt er eine zentrale Rolle. Das Pferd soll seinen Hals mal lang machen, mal verkürzen, ihn nach links oder rechts biegen, ihn gefällig wölben und dabei stets möglichst locker und nachgiebig bleiben. So viel Fokus auf einen einzelnen Körperbereich, den der Reiter noch dazu bestens im Blick hat, treibt mitunter recht unschöne Blüten. Im Bestreben das Pferd in die gewünschte Haltung bringen zu wollen, wird häufig viel zu viel am Zügel gezerrt, gezogen und der Pferdehals – seitlich oder in die Tiefe – verbogen. Derart handlastiges Reiten bleibt freilich nicht ohne Folgen. Neben Verspannungen, Blockaden und Entzündungen sind bei lang anhaltender Belastung sogar Knochendeformationen möglich. All diese Prozesse sind für das betroffene Pferd mit mehr oder weniger starken Schmerzen verbunden und können es in seiner Leistungsfähigkeit deutlich beeinträchtigen.

Gleich weiterlesen

14887974081514.jpg

© www.slawik.com

Zwei Drittel der Reitpferde haben Veränderungen an der Halswirbelsäule

Steifheit und Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule sind ein verbreitetes Problem, insbesondere bei Sportpferden. Gewöhnlich richtet sich die Aufmerksamkeit der Behandlung auf das Pferdegenick. Meist unbeachtet und damit auch unentdeckt bleiben hingegen Veränderungen im Bereich der übrigen Halswirbel. Dabei treten hier besonders häufig Probleme auf, wie eine US-amerikanische Studie zeigt. Mehr lesen ...

Ein Problem, viele Gesichter

So unangenehm Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule sind,  so vielfältig ist ihr Erscheinungsbild, weiß Melinda R. Story, Veterinärmedizinerin an der University of Colorado, USA.  Zusammen mit ihren Kolleginnen und Kollegen hat sich die Tierärztin intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt. Die Erkenntnisse ihrer Arbeit wurden im Wissenschaftsjournal Animal veröffentlicht. Auffällig sei gewesen, dass Pferde sehr unterschiedlich auf Probleme im Halswirbelbereich reagieren, so Story. „Während bei den einen bloß ein subtiler Leistungsabfall zu bemerken ist, reagieren andere mit regelrecht gefährlichem Verhalten.“

Am einfachsten sind akute Schmerzzustände zu erkennen. Betroffene Pferde lassen sich in meist nur ungern am Hals berühren, bei Versuchen, den Bereich aktiv zu bewegen – etwa bei Dehnungs- und Biegeübungen oder aber auch beim allgemeinen Training – wird mit Abwehr reagiert: Die Pferde reißen den Kopf hoch, legen die Ohren an, Schnappen oder Drängeln.

Bewegungseinschränkungen hingegen zeigen sich oft subtiler. „Pferde mit zervikaler Dysfunktion sind oft einfach steif oder nicht bereit, sich in der Biegung fallen zu lassen. Möglicherweise haben sie Schwierigkeiten, bestimmte Bewegungen wie engere Wendungen auszuführen, oder sie ziehen gegen die Zügel oder schlagen mit dem Kopf“, erklärt die Medizinerin. Andere wiederum machen weitaus dramatischer auf ihr Problem aufmerksam. „Es kann sein, dass die Pferde stehen bleiben und sich weigern, weiter vorwärts zu gehen oder schlagartig umdrehen. Manche steigen und lassen sich sogar rücklings umfallen, wenn der Reiter weiter energisch einwirkt.“

Davon abgesehen können Probleme im Halsbereich auch an ganz anderer Stelle auffällig werden. So führt eine Reizung oder Schädigung der Nervenwurzeln im Bereich der Halswirbelsäule mit Beteiligung des Plexus brachialis zu Lahmheiten der Vorhand. Auch Taktunregelmäßigkeiten in der Hinterhand seien bei Schmerzen und Blockaden am Pferdehals möglich.

Verhaltensänderungen wichtiges Indiz

Besonders hellhörig sollten Reiter*innen laut Story immer dann sein, wenn sich unerwartete Verhaltensänderungen bemerkbar machen. Zeigt sich ein Pferd plötzlich schreckhaft und nervös – besonders in gewohnter Umgebung – kann das ebenso ein Anzeichen für „Halsschmerzen“  sein wie eine plötzliche Überempfindlichkeit beim Putzen, Aufzäumen oder Satteln. „Manchmal gehen die Pferde sogar der gewohnten Begrüßung ihres Reiters an der Boxentüre aus dem Weg oder lassen sich auf der Koppel nicht mehr einfangen“, sagt Melinda Story. Gelegentlich zeige sich sogar Gewichtsverlust: „Wegen der Schmerzen und Bewegungseinschränkungen im Halsbereich können die Pferde nicht richtig vom Boden fressen oder ihren Kopf drehen, um an das Futter im Heunetz oder einer vergleichbaren Fressstelle zu gelangen.“

Bei derart vielen unterschiedlichen Hinweisen ist es nicht einfach, sofort auf den richtigen Auslöser zu tippen. „Reiter und Trainer erkennen die subtilen Verhaltensänderungen möglicherweise nicht immer. Oft werden sie erst beim Erfassen einer detaillierten Historie deutlich“, weiß die Tierärztin.

Läuft das Pferd also unrund, ist es beim Training steif und unnachgiebig, auffällig grantig beim Putzen oder verhält es sich plötzlich anders als gewohnt, ist es ratsam, der Sache auf den Grund gehen und den Pferdehals in die Ursachenforschung mit einzubeziehen. Denn aus anfänglichen Verspannungen im Halsbereich können sich mit der Zeit schwerwiegende Probleme entwickeln, die nicht nur sehr schmerzhaft sind, sondern auch die Nutzung des Pferdes massiv einschränken können.