Fütterung

Magengeschwüre, Darmentzündungen: Wie eine stärkereiche Fütterung der Pferdegesundheit schadet

Ein Artikel von Redaktion | 23.09.2022 - 12:18
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Üppige Getreidemengen belasten den Magen-Darm-Trakt des Pferdes. © www.Slawik.com

Dass gutes Heu das wichtigste Grundnahrungsmittel für Pferde ist – und in vielen Fällen den Energiebedarf auch ausreichend deckt –, ist inzwischen hinreichend bekannt. Trotzdem landen in vielen Trögen von Sport-, Zucht- und Freizeitpferden weiterhin völlig unangemessene Mengen an energiereichem Kraftfutter mit erheblichem Stärkeanteil. Welche Folgen eine solche stärkereiche Fütterung beim Pferd haben kann, zeigt eine neue Studie von Forscher:innen aus Italien und Deutschland eindrücklich.


Mehr Stärke = mehr Probleme

Ziel der wissenschaftlichen Arbeit war es, die Auswirkungen einer stärke- bzw. einer ballaststoffreichen Ernährung auf die Darmgesundheit des Pferdes miteinander zu vergleichen. Dazu erhielten neun zur Schlachtung bestimmte Bardigiano-Pferde 72 Tage lang 8 kg stärkereiche Pellets mit hohem Getreideanteil täglich (Gruppe A), zehn weiteren wurden hingegen 3,5 kg faserreiche Pellets pro Tag verabreicht (Gruppe B). Außerdem bekamen alle 19 Pferde Wiesenheu aus dem ersten Schnitt vorgelegt, wobei der Heuanteil bei Gruppe A um knapp 30 % unter jenem von Gruppe B lag.

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Die Drüsenregion des Magens eines Pferdes, das mit der stärkereichen Diät gefüttert wurde, zeigt eine Gastritis mit multiplen Ulzerationen. © Colombino et al.

Nach der Schlachtung wurde der Verdauungstrakt der Pferde untersucht. Dabei offenbarten sich in der Gruppe der stärkereich gefütterten Tiere deutlich mehr und schwerwiegendere Läsionen im unteren säureproduzierenden Drüsenteil des Magens, als bei Pferden unter ballaststoffreicher Diät. Auch in der oberen, nicht säureproduzierenden Plattenepithelregion des Magens hatte die Stärke-Gruppe tendenziell mehr Läsionen. Darüber hinaus fanden die Forscher:innen Hinweise auf gravierendere Entzündungen im Bereich des Leerdarms und der Beckenflexur, wenn die Tiere viel getreidehaltiges Kraftfutter erhalten hatten.

Warum viel stärkereiches Futter ungesund ist

Pferde sind Pflanzenfresser, deren gesamte Verdauung auf eine ballaststoffreiche, stärkearme Ernährung eingestellt ist. Als Enddarm-Fermenter sind ihr ausgedehnter und komplexer Blinddarm (Caecum) und der große Dickdarm bestens für die Fermentation von Kohlenhydraten mit Faserstruktur gerüstet.

Gänzlich anders sieht es im oberen Teil des Gastrointestinaltrakts aus. Weil die Bauchspeicheldrüse des Pferdes nur begrenzt Amylase (ein Enzym, das große Zuckermoleküle, die mit der Nahrung aufgenommen wurden, in kleinere Zuckereinheiten spaltet) produziert, fehlt diesem Bereich die Möglichkeit, große Mengen an Stärke zu verdauen. Üppige Getreidemahlzeiten können deshalb die Verdauungskapazität des Dünndarms überfordern, was zu einer schnellen Fermentation der unverdauten Stärke im Enddarm führt. Als Folge drohen Beeinträchtigungen der Magen-Darm-Gesundheit in Form von Dysbiose (Ungleichgewicht der Darmflora), Koliken, Entzündungen und Magengeschwüre.

Im Gegensatz zu Heu oder Gras wird Kraftfutter außerdem deutlich weniger gekaut und damit auch weniger eingespeichelt. Das Problem, das sich hieraus ergibt: Pferdespeichel enhält zwar keine Enzyme, dafür aber reichlich Bicarbonat, das als natürlicher Puffer für die Magensäure wirkt. Gerät der Säurehaushalt des Pferdemagens erst einmal aus der Balance, funktioniert der natürliche Schutzfilm der Magenschleimhaut nicht mehr ausreichend. Es kann zu Reizungen und schließlich zu Geschwüren kommen, die für das Pferd ausgesprochen schmerzhaft sind.