Olympische Spiele

Wärmebild und Eisdusche: Wie die Olympia-Pferde einen kühlen Kopf bewahren

Ein Artikel von Eva Schweiger | 28.07.2021 - 08:34
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Wärmebildkameras werden in Tokio eingesetzt, um eventuelle Überhitzung der tierischen Athleten zu erkennen. © FEI

Nun haben auch die letzten Pferde ihre Anreise zu den Olympischen Spielen geschafft. Für viele von bedeutet die Landung im feuchten subtropischen Klima Tokios eine radikale klimatische Umstellung. Selbst im Vergleich zu den Austragungsorten der letzten Olympischen Spiele – Rio de Janeiro, London, Peking, Athen, Sydney – stellt Tokio Pferde und Reiter:innen heuer vor besonders große Herausforderungen: Im Juli und August sind Temperaturen bis zu 35 Grad tagsüber in der japanischen Hauptstadt keine Seltenheit, auch in der Nacht bleibt die Quecksilbersäule oft bei über 25 Grad. Dazu kommen eine hohe Luftfeuchtigkeit und häufige Wärmegewitter. Auch Taifune sind um diese Jahreszeit keine Seltenheit. Um den menschlichen und tierischen Athlet:innen zu helfen, mit diesen extremen klimatischen Belastungen umzugehen, ohne ihre Leistung und Gesundheit zu gefährden, haben die FEI und das Organisationskomitee aus Tokio eine Reihe von Leitfäden für die Reiter:innen ausgearbeitet.

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Die Kühlungszelte sind mit Ventilatoren und Sprühnebel-Anlagen ausgestattet. © Uschi Barth

High-Tech gegen die Hitze

Schon vor den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta begann die FEI, den Einfluss von Hitze und Feuchtigkeit auf die Leistungen der olympischen Sportler:innen zu minimieren: Maßnahmen wurden ergriffen, Infrastrukturen geschaffen und Regeln aufgestellt, die den Hitzestress im Rahmen halten sollten. Was in diesem Jahr in Tokio unternommen wird, baut auf den Erkenntnissen während der vergangenen Spiele auf.

Dazu gehören für die Pferde klimatisierte Stallungen in Baji Koen und Sea Forest Park – den beiden Austragungsorten der reiterlichen Disziplinen –, Kühlungszelte in den Abreitbereichen, in denen Eis, Wasser, Ventilatoren und Sprühnebel-Kühlung zur Verfügung stehen, und mobile Kühlungseinheiten, die zum Beispiel während der Geländeritte in der Vielseitigkeit im Ernstfall vor Ort für eine Versorgung der Athlet:innen bereit stehen. Auch für die menschlichen Sportler:innen gibt es Kühlungszelte und beschattete Ruhebereiche.

Hitzeindex und Wärmebildkamera liefern Echtzeit-Daten

Für die Einschätzung der aktuellen Hitzebelastung wird ein eigener Index verwendet: Der sogenannte Wet Bulb Globe Temperature-Index errechnet sich aus Lufttemperatur, Feuchtigkeit, Windstärke sowie Winkel und Stärke der Sonneneinstrahlung und gibt Aufschluss über die tatsächlich empfundene Hitze. Er ergibt einen Wert in Grad Celsius, der ausschlaggebend für die Planung und Anpassung der Bewerbe ist. Während der Vielseitigkeits-Geländeprüfung wird dieser Wert beispielsweise alle 15 Minuten gemessen. Wird die Belastung zu hoch, können die Bewerbe so rechtzeitig unterbrochen und pausiert werden. Ohnehin sind diese aber in den kühleren Stunden des Tages angesetzt.

Zusätzlich kann die Körpertemperatur der Pferde mithilfe einer Wärmebildkamera genau beobachtet werden. So lässt sich die Gefahr einer Überhitzung während der Prüfung aber auch schon im Training oder am Abreitplatz minimieren.

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© www.slawik.com

Beat the Heat! – Nicht nur für Olympionik:innen interessant

Die FEI hat für die Reiter:innen und nationalen Pferdesportverbände außerdem eine Serie von Videos produziert, die die Vorbereitungen auf die klimatischen Herausforderungen in Tokio erleichtern und während der Austragung der Spiele dabei helfen sollen, die Pferde ideal zu betreuen und ihr Training sinnvoll anzupassen.

Empfohlen werden beispielsweise eine dreitägige Erholungspause ohne Training für die Pferde nach ihrer Ankunft am Austragungsort. Erst danach sollen die Pferde wieder trainiert werden, und zwar mit langsamer Steigerung der Intensität und sukzessiver Gewöhnung an die Hitze, sodass die Akklimatisierung sanft vonstattengehen kann.

Schon zuhause kann beispielsweise damit begonnen werden, das Training auf die heißeste Tageszeit zu verlegen oder mit Decke zu trainieren. Wie man ein Pferd am besten auf eine Reise vorbereitet, wie die Aufwärmphase vor einer Prüfung schonend gestaltet werden kann, woran man einen drohenden Hitzschlag erkennt und was im Notfall zu tun ist, ist aber nicht nur für Olympiateilnehmer:innen interessant: Die Beat the Heat“-Videos sind am FEI Campus für alle Pferdesportler:innen zugänglich und lehrreich.