Andreas Helgstrand sieht sich derzeit mit viel Kritik an den Praktiken in seinem dänischen Ausbildungsstall konfrontiert.
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Monatelang hatte sich Pferdehändler und Championatsreiter Andreas Helgstrand - auch gerichtlich - gegen die Veröffentlichung des heimlich in seinem dänischen Stall gefilmten Materials gewehrt, verhindern konnte er sie letztlich nicht. Am Mittwoch strahlte der dänische TV-Sender TV 2 im Rahmen seiner Dokumentarreihe "Operation X" den ersten Teil der Sendung "Geheimnisse eines Pferdemilliardärs" aus.
Was darin - und im zweiten Teil, der am 29. November im dänischen Fernsehen zu sehen sein wird - gezeigt wird, hat das deutsche Pferdesportmagazin St. Georg auf seiner Webseite ausführlich dokumentiert. In aller Kürze: Es ist kein Wunder, dass Helgstrand sich mit Händen und Füßen gegen die Veröffentlichung des Materials gewehrt hat. Zu sehen sind unter anderem brutale Reiterei und von Sporen, Gerten und Gebissen verletzte Pferde, deren Wunden vor Kunden mit Schuhcreme kaschiert und unter Decken versteckt werden.
Der TV-Bericht hat erwartungsgemäß heftige Reaktionen ausgelöst. Vor allem auf Social Media gehen die Wogen hoch.
Noch am selben Abend veröffentlichte der Dänische Reiterverband Dansk Ride Forbund (DRF) als erste Reaktion eine Pressemitteilung. „Der Vorstand des DRF distanziert sich nachdrücklich von den in den Übertragungen klar gezeigten inakzeptablen Methoden des Reitens, Trainierens und Behandelns von Pferden.“ Anhang des Gesehenen sei nun klar, dass Andreas Helgstrand die Dänische Reitervereinigung nicht mehr als Teil des Nationalteams vertreten und auch nicht mehr an Teamaktivitäten teilnehmen könne. Teamreiter seien unter anderem verpflichtet Verhaltensregeln und Richtlinien für den ethisch korrekten Umgang mit Pferden einzuhalten und als gutes Vorbild zu agieren.
Disziplinarmaßnahmen gegen Bereiter
Auch für Helgstrands Bereiter, die in der Dokumentation für hochgradig bedenkliche Bilder sorgen, kündigte der DRF Konsequenzen an: “Die Reiter, die an den Aufnahmen von TV 2 teilnehmen, sind, wie Sie wissen, verschwommen. Der Vorstand des DRF ermutigt die Reiter in den Aufnahmen daher nachdrücklich, sich vor dem Disziplinarausschuss zu melden.“ Werde diesem Aufruf nicht nachgekommen, werde der DRF „Maßnahmen ergreifen, um die Reiter zu identifizieren und sie dem Disziplinarausschuss zu melden.“
Keine Zusammenarbeit mit Helgstrand Events mehr
Andreas Helgstrand tritt mit seinem Unternehmen auch als Veranstalter einer Reihe von reitsportlichen Events auf. Auch damit soll – so der DRF – vorerst Schluss sein. „Helgstrand Event ist ein Teil der Helgstrand Group. Die in den Übertragungen klar gezeigte inakzeptable Kultur und Herangehensweise an das Training und die Behandlung der Pferde ist nicht mit den grundlegenden Werten und Prinzipien des Tierschutzes vereinbar. Das bedeutet, dass der Vorstand des DRF am Mittwochabend beschlossen hat, jegliche Zusammenarbeit mit Helgstrand Event zu beenden. Dies umfasst vorerst nationale höhere Wettbewerbe sowie nationale und internationale Meisterschaften.“
Im Jahr 2024 betrifft dieser Schritt des DRF konkret die Dänischen Meisterschaften der Allgemeinen Klasse, U25 und Para-Dressurreiter im Mai sowie die Nordisch-Baltischen Meisterschaften im Dressur-, Spring-, Para-Dressur- und Voltigiersport im Juni.
Darüber hinaus hat Helgstrand Event auch eine Vereinbarung mit der FEI über die Ausrichtung einer Etappe des EEF Nations Cups im Mai 2024 auszurichten. Der DRF wird hier beim Weltreiterverband intervenieren, diese Vereinbarung aufgrund der beiden Übertragungen neu zu bewerten.
Statement Helgstrand Dressage
Auf seiner Facebookseite veröffentlichte Helgstrand Dressage ein Statement zu den veröffentlichten Bildern auf TV 2. Darin heißt es unter anderem:
„Was wir in den Aufnahmen von TV 2 sehen, macht einen großen Eindruck auf uns. Das ist nicht richtig. Es geht um schlechtes Reiten und die Behandlung von Pferden, die wir sie bei Helgstrand Dressage nicht sehen wollen. Es entspricht nicht unseren Richtlinien und Werten und ist kein Ausdruck unserer Kultur. Wir müssen das in Ordnung bringen.
Unser Wertesatz hat sich verändert und es ist unsere Verantwortung als Management dafür zu sorgen, dass unsere Ausbildung und Behandlung von Pferden bestmöglich erfolgt. Wir stellen anhand der gezeigten Bilder fest, dass das nicht passiert ist. Wir können und sollten es besser machen.
Deshalb nehmen wir den Inhalt der Programme sehr ernst. Die Aufnahmen stammen vom Januar 2023 und wir haben – sowohl vor den Aufnahmen als auch seitdem – unsere Arbeitsprozesse gründlich unter die Lupe genommen und ein breites Spektrum an Maßnahmen und Verbesserungspunkten für unseren Tierschutz, die Geschäftsführung und die Bedingungen für unsere Mitarbeiter eingeführt.“
„Hier bei Helgstrand Dressage trainieren wir ca. 350 Pferde pro Tag und absolvieren 10.000 Ritte im Monat. Wie die Experten können auch wir sehen, dass in einigen Fällen Konfliktverhalten in den Einheiten aufgetreten ist. Das ist inakzeptabel und wir reagieren darauf.“
„Wir können sehen, dass einige unserer Ausrüstungsgegenstände während der Dreharbeiten missbraucht wurden. Sie sollten helfen das Pferd zu führen und korrigieren, aber sie dürfen niemals als Strafe verwendet werden. Wir möchten feststellen, dass Rollkur und der übermäßige Einsatz von Gerten oder Sporen bei uns nicht akzeptiert werden. Das gleiche gilt für das Abdecken von Wunden mit Schuhcreme. Deshalb haben wir klargestellt, dass bei uns keine Form von farbiger Creme akzeptiert wird. Wir erleben, dass unsere Pferde manchmal Wunden im Mund haben können. Das mag daher rühren, wenn sie sich selbst in die Wange oder die Zunge beißen. Nichtsdestotrotz sollte kein Pferd mit Wunden geritten werden, die Pflege und Ruhe erfordern. Deshalb haben wir nun alle 14 Tage eine gründliche Überprüfung unserer Pferde eingeführt.“