Springen

Göteborg: Kühner stürmt mit Spitzenritt in die Top Ten

Ein Artikel von Ernst Kopica | 05.04.2019 - 22:22
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 Max Kühner und Chardonnay auf der Ehrenrunde © www.holcbecher.com

Die Besucher der restlos ausverkauften Scandinavium-Arena erlebten ein Springen wie aus einem Shakespeare-Drama! Parcoursbauer Santiago Varela hatte einen höchst anspruchsvollen Kurs gebaut, der allen Reitern durch eine knifflige Zweierkombination mit luftigen Plankensprüngen von Beginn an Probleme bereitete. Und so dauerte es für den ersten Nuller auch bis zur Startnummer 15! Und es war ausgerechnet Max Kühner, der nach der Ziellinie unter dem frenetischen Jubel des begeisterten und fairen Publikums die Faust in die Höhe recken konnte. Als dann die Schnellsten des ersten Tages an die Reihe gingen, gab es ein bei einem Weltcupfinale selten erlebtes Favoritensterben. Sieben der acht Besten kamen nicht fehlerfrei durch!
 

Chardonnay in Spitzenform

Im Stechen musste Kühner als erster der acht Teilnehmer in die Arena. Der Wahltiroler steuerte seinen Chardonnay gefühlvoll über die Sprünge, überforderte seinen Sportpartner in keiner Phase und alle Stangen blieben liegen. Nach ihm bissen sich einige Gegner an seiner Zeit die Zähne aus oder mussten Abwürfe hinnehmen. Lediglich Lokalmatador Peder Fredricsson (diesmal auf Catch Me Not S, nachdem er am ersten Tag All In geritten hatte) und der Weltcupsechste aus dem Vorjahr, der Spanier Eduardo Alvarez Aznar, konnten Kühner noch überholen.

Dennoch strahlte Kühner bei der Siegerehrung übers ganze Gesicht: „Ich wusste ja, dass Chardonnay das kann. Über die Jahre habe ich jetzt das Vertrauen gewonnen, dass ich es auch kann. Im Stechen hatte ich das beste Gefühl von allen drei Runden. Der Parcours war sehr schwer und dazu kommt, dass wir dieses Jahr ein besonders starkes Starterfeld beim Weltcupfinale haben. Den ersten Tag haben wir analysiert und festgestellt, dass mit einem oder anderen Galoppsprung weniger es am ersten Tag doch ein paar Plätze nach vorne gegangen wäre, da muss ich noch an mir arbeiten.“


Mit kalkuliertem Risiko zum Erfolg

Im Blitzlichtgewitter der Pressekonferenz bekannte er sich zu seiner Taktik im Stechen: „Ja es stimmt, da bin ich nicht volles Risiko gegangen. Das musste ich eher strategisch anlegen und es hat gut geklappt.“ Später gab er noch ein Geheimnis aus der Vorbereitung Preis: „Wir haben in der Vorbereitung heute mehr Ruhe rein gebracht als am Vortag, da war Chardonnay doch sehr abgelenkt von dem regen Betrieb in der Hallen. Diesmal erwischte ich 15 Minuten auf dem Abreiteplatz, wo nicht so viel los war wie gestern. Und das hat ihm gut getan.“ Über das schwedische Publikum, das schon Hugo Simon bei seinem ersten Weltcup-Triumph vor 40 Jahren zujubelte, schwärmte er natürlich auch: „Hugo hat die damals schon gut dressiert, das ist das beste Publikum der Welt, die gehen bei allen Ritten mit, nicht nur bei den Schweden.“

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Diesmal blieben alle Stangen liegen! © www.holcbecher.com

Zeit für die Familie

Für Kühner bietet so ein Championat, bei dem er nur wenige Ritte absolvieren muss, auch eine gute Gelegenheit sich intensiver um die Familie zu kümmern: „Da ich das ganze Jahr über viel unterwegs bin genieße ich es diesmal, dass die Familie mit dabei ist, denn wir haben ja nur zwei Pferde am Start, da hat man mehr Zeit.“

In der Gesamtwertung führt jetzt Eduardo Alvarex Aznar (0 Punkte) vor Tagessieger Fredricson (1) und Steve Guerdat (2). Max Kühner rangiert mit sechs Zählern auf dem Konto derzeit auf Platz zehn.

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Isabell Werth greift in Göteborg nach ihrem dritten Titel in Folge.
© FEI/Liz Gregg

Werth und Graves auf Augenhöhe

Noch nicht alle Karten offen gelegt haben die 18 Dressurreiter, die sich für Göteborg qualifiert hatten. Beim Grand Prix sah man am Nachmittag ein besseres Warm-Up, bei dem wie erwartet Isabell Werth und ihre Stute Weihegold die höchsten Noten erhielt (81,755%). Auch Herausforderin Laura Graves auf Verdades, die den dritten Weltcuperfolg der Deutschen in Serie verhindern möchte, ritt ebenfalls mit „angezogener Handbremse“ und belegte mit 1,646 Prozent Rückstand den Ehrenplatz. Allerdings hatten drei der Richter die US-Amerikanerin vor der deutschen Weltmeisterin gesehen. Ob der auf Rang drei klassierte Däne Daniel Bachmann Andersen mit Blue Hors Zack in der entscheidenden Freestyle-Kür um den Sieg mitmischen kann, ist nach dem Grand Prix nicht sehr wahrscheinlich. Da überzeugte Graves’ Teamkollegin Kasey Perry-Glass auf Goerklintgaards Dublet deutlich mehr, wurde aber vom französischen Richter fahrlässig niedrig bewertet.