Zucht

Ein Pferdekind kommt auf die Welt: Die wichtigsten Anzeichen einer Fohlengeburt

Ein Artikel von Redaktion | 30.01.2020 - 12:22
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Kugelrunder Bauch: In der letzten Phase der Trächtigkeit wirken viele Stuten, als hätten sie den Bauch wie ein Päckchen umgeschnallt.
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Pferde züchten ist nichts für Ungeduldige. Mit einer Tragezeit von 320 bis 360 Tagen dauert es fast ein ganzes Jahr, bis der vierbeinige Spross endlich das Licht der Welt erblickt. Wer so lange auf den hoffnungsvollen Nachwuchs wartet, will den Augeblick, an dem das kleine Lebewesen seinen ersten großen Auftritt hat, ganz sicher nicht verpassen. In vielen Fällen hält sich das Leben jedoch nicht an Prognosen und sorgfältig errechnete Termine. Umso wichtiger ist es, die Stute gut zu beobachten:

Rund vier Wochen vor der Geburt

Etwa vier Wochen vor der Geburt nimmt das Euter der werdenden Mutter an Umfang zu. Dabei kann es vor allem in der ersten Zeit noch zu erheblichen Schwankungen kommen, etwa, dass das Euter über die Nachtstunden, wenn die Stute ruht, deutlich gefüllt erscheint, untertags bei Bewegung aber wieder an Volumen verliert. Bleibt das Euter konstant und auch tagsüber prall, kann das ein Zeichen dafür sein, dass eine Geburt unmittelbar bevorsteht.

Achtung:
Füllt sich dauerhaft nur eine Seite des Euters, liegt möglicherweise eine Infektion vor. In solchen Fällen sollte unbedingt der Tierarzt zurate gezogen werden!

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Rund drei Wochen vor der Geburt

Mit fortschreitender Trächtigkeit fallen die Beckenbänder ein. Dieser Vorgang erlaubt es dem Fötus, sich leichter seinen Weg durch den Geburtskanal zu bahnen. Der Bauch der Stute erscheint in dieser Phase der Trächtigkeit besonders hängend. Auch die Schweifrübe zeichnet sich deutlich ab, denn die Becken- und Kruppenmuskulatur verlieren an Spannung, sinken ein und werden weicher. Das umliegende Gewebe gibt auf sanften Druck mit der Hand deutlich nach.


Rund vier bis sechs Tage vor der Geburt

Mit zunehmendem Anschwellen des Euters verändert sich auch die Form der Zitzen. Etwa vier bis sechs Tage vor dem Abfohlen werden sie sichtbar größer, erscheinen praller. Verantwortlich dafür ist die Milch, die inzwischen bis in diesen Bereich vorgedrungen ist.

Wenige Tage vor der Geburt

Während es in der letzten Trächtigkeitsphase oft so aussieht, als würde die Stute ihren Bauch wie ein Päckchen umgeschnallt tragen, kann wenige Tage vor der Geburt der Eindruck entstehen, als wäre der Bauch plötzlich kleiner und würde nicht mehr ganz so tief hängen. Die Ursache für diese Veränderung liegt an den Bauchmuskeln der Stute, die sich in den letzten Tagen und Stunden vor dem großen Ereignis zusammenziehen, um das Fohlen in die richtige Position für die Geburt zu bringen.

In dieser Zeit verändern sich auch Form und Aussehen der Scham, die nun geschwollen und deutlich langgezogen wirkt. Einige Stuten entwickeln zudem ein Unterbauchödem, das vom Euter bis zu den Vorderbeinen reichen kann. Derartige Wasseransammlungen betreffen vor allem ältere Stuten und sind nicht weiter besorgniserregend. Nehmen sie ungewöhnlich große Ausmaße an, sollte der Tierarzt ein Auge drauf werfen.


Ein bis vier Tage vor der Geburt

Ein bis vier Tage vor der Geburt werden an den Zitzen in der Regel sogenannte „Harztröpfchen“ sichtbar. Dabei handelt es sich um eingetrocknete Vormilch. Form und Länge variieren von Stute zu Stute. Bei manchen sind die Harztröpfchen nur ganz klein, bei anderen werden sie zentimeterlang und erinnern an ausgehärtete Kerzenwachstropfen. Rund 90 Prozent der Stuten fohlen nach der Ausbildung von Harztöpfchen innerhalb von 24 bis 48 Stunden ab. Doch es gibt auch Ausnahmen. Gelegentlich kann die Stute die Geburt noch bis zu einer Woche hinauszögern. Und manch werdende Mutter hat ihren Nachwuchs zur Welt gebracht, ohne zuvor auch nur ein einizges Harztröpfchen entwickelt zu haben!

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Die typischen Harztröpfchen treten im Großteil der Trächtigkeiten zw. 48 und 24 Stunden vor der Geburt auf.
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Achtung: Mitunter läuft wenige Tage vor der Geburt bereits tröpfchenweise Milch aus den Zitzen. Das ist nicht weiter besorgniserregend. Gehen allerdings größere Mengen Milch ab, sollte man sie unbedingt auffangen, einfrieren und sie dem Fohlen später mit der Flasche verabreichen. Diese erste Milch, man bezeichnet sie auch als Kolostrum, ist besonders reich an Antikörpern und damit sehr wichtig für die gesunde Entwicklung des Neugeborenen, das noch kein eigenes Immunsystem besitzt.


Unmittelbar vor der Geburt

In den letzten Stunden vor der Geburt wirken viele Stuten unruhig und nervös. Das Verhalten erinnert an die Symptome einer leichten Kolik. Dazu gehören rastloses Auf- und Ablaufen, Herumdrehen des Halses in Richtung Bauch, angespannte Blicke. Wiederholtes minutenlanges Anheben des Schweifes zeigt in den meisten Fällen an, dass die Geburt unmittelbar bevorsteht. Beginnt die Stute dann auch noch vermehrt kleine Mengen zu äppeln, flächig an Hals, Brust und Flanken zu schwitzen, häufig zwischen ablegen und aufstehen zu wechseln, und tritt und beißt sie in Richtung Bauch, haben die Wehen aller Wahrscheinlichkeit nach bereits begonnen. Die werdende Mutter sollte jetzt möglichst nicht gestört werden. Bei Unsicherheit, ob die Stute nicht vielleicht doch eine Kolik hat, sollte zur weiteren Abklärung der Tierarzt verständigt werden.

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Viele Geburtsmelder sehen aus wie Longiergurte. Sie messen Veränderungen an der trächtigen Stute und schlagen Alarm, wenn es ernst wird.
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Jede Stute ist anders

Wer sich mit Züchtern über die Anzeichen der bevorstehenden Geburt unterhält, wird feststellen, dass jede Stute in dieser Hinsicht unterschiedlich ist und auch die erfahrensten Pferdeleute noch von Fohlen überrascht werden, die sich ohne offensichtliche Vorankündigung ihren Weg nach draußen gebahnt haben. Aus diesem Grund sollten die genannten Anzeichen und deren zeitliche Eingrenzung nur als ungefähre Einschätzung angesehen werden.

Wer auf Nummer Sicher gehen will, sollte eines der vielen Systeme zur Geburtenüberwachung in Erwägung ziehen. Doch auch sie sind nicht fehlerfrei und können ein regelmäßiges Kontrollieren und aufmerksames Beobachten der Stute nicht ersetzen.