Sieht leicht aus – ist es aber nicht: Mit derGrußaufstellung beginnt und endet jedeDressurprüfung, und sie fordert von ReiterInund Pferd höchste Konzentration. © Jürgen Lenzen - fotolia.com
Die Grußaufstellung markiert den Beginn und das Ende der Prüfung und liefert den ersten und den letzten Eindruck, den die Richter vom Reiter bekommen. Ganz gleich, ob in einer Einsteigerprüfung oder auf Grand-Prix-Niveau – diese auf den ersten Blick so simple Lektionsfolge ist gar nicht so ohne, denn sie besteht aus mehreren unterschiedlichen Anforderungen, die allesamt erfüllt werden müssen.
Das wäre zum Ersten das korrekte Abwenden auf die Mittellinie. Klingt einfach, geht aber trotzdem häufig im wahrsten Sinne des Wortes daneben. Zu früh oder zu spät abgewendet, neben der Mittellinie, schwankend oder ein Pferd, dass beim Abwenden eng im Hals wird – dies sind die typischen Fehler.
Perfekt ausgeführt, wendet der Reiter sein Pferd je nach Anforderung im Trab oder Galopp auf einem Kreisbogen, der einer Viertelvolte entspricht, in gleichbleibendem Takt, Rhythmus und in steter Anlehnung um seinen inneren Schenkel herum in sich gerade gerichtet, das heißt spurgenau, präzise auf die Mittellinie.
Punktlandung auf der Mittellinie
Die Mittellinie wirklich korrekt zu treffen, erfordert ein wenig Übung. Eingeleitet wird die Wendung – wie jede andere Lektion auch – mit einer halben Parade, die das Pferd aufmerksam macht und gleichzeitig ein wenig mehr von hinten schließt. Dieses „Aufnehmen“ hilft dem Pferd, auch in der Wendung, die ja immerhin einen 90-Grad-Winkel beschreibt, im Gleichgewicht zu bleiben. Der Blick des Reiters sollte zunächst auf A gerichtet sein, um den Punkt zu finden, an dem die Wendung begonnen werden muss. Je versammelter das Tempo, desto kleiner und desto näher an Punkt A wird der Viertel-Kreisbogen angelegt. Das richtige Timing des Abwendens erfordert ein bisschen Übung und hängt auch ein wenig von der Durchlässigkeit und Geschmeidigkeit des jeweiligen Pferdes ab.
Nach der aufnehmenden halben Parade stellt der Reiter sein Pferd durch Eindrehen des inneren Handgelenkes nach innen. Gleichzeitig wird es um den inneren, am Gurt liegenden Schenkel gebogen, die innere Schulter des Reiters geht leicht vor. Der äußere, leicht verwahrend zurückgenommene Schenkel hält die Hinterhand in der Spur. Die äußere Hand geht ein wenig vor, ohne jedoch die Verbindung aufzugeben, und kontrolliert so die äußere Pferdeschulter (Zusammenspiel innerer Schenkel/äußerer Zügel = diagonale Hilfengebung).
In dem Moment, in dem das Pferd zu wenden beginnt, blickt der Reiter Richtung C und reitet unbeirrt und in sich wieder gerade und mit beiden Unterschenkeln am Gurt die Verbindungslinie A–C entlang. Kleiner Tipp: Den Blick nicht von C nehmen, sondern immer geradeaus blicken! Diesen Fixier-Trick nutzen auch Tänzer, um ihr Gleichgewicht zu halten. Wer aufs Pferd schaut, oder seinen Blick in die Ferne schweifen lässt, läuft Gefahr, die Linie zu verlassen.
Grußaufstellung
Als nächste Hürde hat der Reiter die ganze Parade zum geschlossenen, ruhigen Halten vor sich. Auch dabei passieren selbst versierten Reitern immer wieder Fehler. Die häufigsten sind: Parade abrupt, gegen die Hand oder auf der Vorhand, Halten schief, neben der Mittellinie, nicht geschlossen oder mit Unruhe. Perfekt dagegen wäre es, wenn der Reiter sein Pferd aus der Vorwärtsbewegung ohne großen Aufwand in gleichbleibender Anlehnung umgehend zum Halten bringt, so dass es schnurgerade und gleichmäßig alle vier Beinen belastend still steht. Von vorn sind optimalerweise nur zwei Beine zu sehen.
Um dies zu erreichen, muss die ganze Parade sanft, aber bestimmt durchgeführt werden. Dazu wird das Pferd kurz vor X wieder mit halben Paraden vorbereitet und geschlossen, so dass seine Hinterhand ein wenig mehr Last aufnehmen kann. Der Reiter treibt dazu mit beiden etwa am Gurt liegenden Beinen gleichmäßig nach vorn Richtung seiner Zügelhände, gibt einen Bruchteil einer Sekunde später mit beiden Fäusten eine durchhaltende oder – je nach Durchlässigkeit – auch annehmende Zügelhilfe, um gleich danach die Hand wieder leicht werden zu lassen. Die einzelnen Hilfen – Treiben, Annehmen, Nachgeben – greifen ineinander und werden zeitlich versetzt gegeben, aber so schnell aufeinander folgend, dass sie wie eine einzige Hilfe aussehen.
Während des Haltens sollte das Pferd unbeweglich wie ein Denkmal stehen, was viel Konzentration vom Reiter erfordert. Er muss gerade und ausbalanciert sitzen, auch während des Grußes, bei dem zusätzlich noch (mit oder ohne Gerte) die Zügel in eine Hand genommen werden und anschließend sortiert wieder aufgenommen werden müssen, ohne dass die Anlehnung verlorengeht. Vor allem bei den ersten Ritten auf Kandare bereitet dies so manchem Reiter Schwierigkeiten. Das Grüßen deshalb schon zu Hause üben, dabei lernt auch das Pferd, entspannt abzuwarten, bis sein Reiter fürs Anreiten bereit ist.
Dies ist übrigens ein wichtiges erstes Indiz für die Losgelassenheit eines Pferdes! Taktsicher abgewendet, gerade eingeritten, geschlossen gehalten und sicher gegrüßt – dann kann’s ans Anreiten gehen.
Tipps fürs sichere Einreiten
Der Fixier-Trick
Machen Sie zu Fuß die Probe aufs Exempel: Auf ein Bein stellen und den Blick einmal auf einen Punkt fixieren, ein anderes Mal umherschweifen lassen. Beim Fixieren fällt das Ausbalancieren leicht, beim Umherschauen beginnt man meist zu schwanken.
Der Tempo-Trick
Auf der Mittellinie das Tempo minimal erhöhen, damit kann einem eventuellen Schwanken auf der Mittellinie etwas vorgebeugt werden.
Der Zügel-Trick
Vor allem bei jungen, noch unausbalancierten Pferden kann es helfen, die Fäuste ein wenig auseinander zu nehmen und die Zügel etwas breiter zu führen, um das Pferd seitlich zu unterstützen.
Der Atem-Trick
Über die Atmung lassen sich reiterliche Hilfen unterstützen, da sie die Körperspannung beeinflusst. Beim Parieren zum Halten führt Ausatmen des Reiters zur notwendigen Entspannung, beim Anreiten unterstützt bewusstes Einatmen den Vorwärtsimpuls.
Copyright Pferderevue/Britta Schöffmann
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