Training

Ab ins Gelände mit den Pferden!

Ein Artikel von Claudia Götz | 22.03.2024 - 15:01
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Frische Luft, abwechslungsreiche Untergründe, viele neue Reize und ein freier Kopf - regelmäßiges Training im Gelände tut jedem Pferd gut! ©www.Slawik.com

Training im Gelände bietet nicht nur viele Möglichkeiten, es hat auch enorme Vorteile fürs Pferd. Doch was macht das Training im Gelände eigentlich so wertvoll für Pferde und Reiter:innen? Wie wirken sich unebener Boden und verschiedene Untergründe auf die Biomechanik aus, und welche Effekte kann man außer den körperlichen noch vom Trainieren beim Ausreiten erwarten? Und nicht zuletzt stellen sich viele Reiter:innen bei diesem Thema auch die Frage, ob es auch negative Aspekte gibt, die man beachten sollte. Doch zuerst zu den Vorteilen.


Die Vorteile von Training im Gelände

„Das größte Plus ist bestimmt die Vielfalt an Trainingseffekten und der natürliche Arbeitswille, den Pferde in der freien Natur haben“, fasst Dr. Elisabeth Binder, Certified Equine Rehabilitation Therapist (CERT), die Vorteile in einem Satz zusammen. Die Tierärztin mit Praxis für Chiropraktik und Physiotherapie aus Wien (www.chiro-physiovet.at) ist überzeugt: „Egal, aus welcher Disziplin die Pferde stammen, sie profitieren alle von der Arbeit im Gelände. Im Grünen kann man die Arbeit an Kraft, Ausdauer, Balance und Konzentration hervorragend kombinieren, ohne dem Pferd das Gefühl von Arbeitsatmosphäre zu vermitteln. Viele Pferde, die in der Halle ihren Arbeitswillen verloren haben, können im Gelände schnell wieder ihren Spaß finden.“ Katharina Möller schreibt in ihrem Buch „Feines Dressurreiten im Gelände – Gymnastizierung in freier Natur“ (Cadmos Verlag, antiquarisch oder als E-Book), dass „der unebene, vielseitige Naturboden im Gelände Gleichgewicht und Koordination und somit die gesunde Entwicklung des Pferdes fördert“. Auch sie ist der Ansicht, „Training im Gelände kann gerade bei klemmigen, eher verhaltenen Pferden, denen das Vorwärts fehlt, Wunder wirken“. Und für Kira Schuschnigg aus Niederösterreich, die nach einem Studium der Pferdewissenschaften in Großbritannein als Pferde-Sport-Therapeutin vor allem Sportpferde physiotherapeutisch und trainingsphysiologisch betreut (www.pferde-sport-therapie.at) ist besonders wertvoll, dass Reiten im Gelände die Körperwahrnehmung des Pferdes trainiert. „Viele Pferde werden nur auf ebenem Boden geritten. Das ist nicht gut, wie Untersuchungen aus dem Humanbereich zeigen, die man gut aufs Pferd ummünzen kann: Was wir am Pferd beobachten – zu wenig Bewegung auf unterschiedlichen Untergründen, zu wenig Bewegung generell, zu wenig verschiedene Bewegungsanreize – ist auch etwas, das wir seit Jahrzehnten bei unseren Kindern beklagen. Nicht umsonst wird immer mehr Ergotherapie benötigt“, erklärt sie.

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Gesund und fit durch Ausreiten

Deshalb gehört Reiten im Gelände unbedingt auf den Trainingsplan von jungen Pferden. Zu Beginn sollten es Ausritte im Schritt sein, denn die Pferde müssen ihre Balance noch finden und lernen, die Hilfen zu verstehen. Aber auch hierbei sind die Effekte schon durchweg positiv: „Remonten haben – wie Kinder – noch ein sehr dehnbares und elastisches Bindegewebe“, erklärt Dr. Elisabeth Binder. „Der Faszienapparat muss sich erst an seine Herausforderungen anpassen. Das Netzwerk aus Faszien, welches den gesamten Pferdekörper durchzieht, wird durch wiederkehrende Zugbelastungen zunehmend stabiler. Durch scherengitterartige bidirektionale Strukturen können Faszien besonders gut Bewegungen abfedern und koordinieren sowie Bewegungsenergie speichern.“ Im Gelände erfahren die Pferde vielfältige Bewegungsreize durch unterschiedlich harte und weiche Untergründe: So kann sich der gesamte Bewegungsapparat optimal entwickeln. „Ein gut ausgebildetes Fasziensystem ist eine gute Krankenversicherung für jeden Sportler“, fasst Dr. Elisabeth Binder zusammen. Denn bei zu einseitiger Bewegung oder Bewegungsmangel verlieren die Faszien ihre Elastizität. „Es kommt zu einer ungerichteten Faserstruktur, die unter dem Mikroskop ein verfilztes Bild abgibt. Diese Strukturen können Bewegungen nicht mehr gut kontrollieren, und es entsteht ein hölzernes Gangbild.“

Aus biomechanischer Sicht gibt es noch weitere Gründe, warum das Ausreiten so förderlich ist: „Generell kann das Pferd durch Training im Gelände seine Range of Motion (ROM) der Gelenke (den jeweiligen Bewegungsspielraum von Gelenken, Anm.) verbessern“, so Dr. Elisabeth Binder. Durch die unterschiedlichen Bodenbeschaffenheiten können Pferde ihr Gleichgewicht optimal schulen und lernen, wie sie ihren Körper einsetzen und koordinieren müssen. Auch hier spielen die Proprio- bzw. Mechanorezeptoren eine wichtige Rolle: „Sie kommen gehäuft auch in den Gelenkskapseln, Sehnen und Muskelbäuchen sowie den Faszien vor. Propriorezeptoren liefern permanent Informationen über die Körperhaltung und die Art der Bewegung, indem sie auf Dehnungsreize und Druckkräfte reagieren. Tritt ein Pferd auf eine Bodenunebenheit, melden sie sofort dem zentralen Nervensystem, dass die Muskulatur reagieren muss, um einen Sturz oder eine Verletzung zu vermeiden“, erklärt Dr. Elisabeth Binder.

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Durch die unterschiedlichen Bodenbeschaffenheiten lernen Pferde, wie sie ihren Körper einsetzen und koordinieren müssen.
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„Arbeit im Gelände ist extrem wertvoll, um die Nerven anzuregen, Informationen schneller und effizienter ans Gehirn zu leiten“, erklärt Kira Schuschnigg, „das ist gleichzeitig die beste Unfallverhütung.“ Ihrer Beobachtung nach haben deshalb Freizeitpferde oft eine bessere Propriozeption als Sportpferde. „Sie leben auf größeren Weiden, häufig auch im Offenstall und werden mehr ins Gelände und damit weniger oft um die Kurve geritten“, erklärt sie, und ist überzeugt: „Gerade für junge Pferde ist es schlecht, wenn alle paar Meter eine Ecke kommt.“

Von der besseren Körperwahrnehmung profitieren aber alle Pferde in Sachen Verletzungsrisiko, so Kira Schuschnigg: „Der Körper merkt durch die unterschiedlichen Untergründe beim Reiten im Gelände besser, wo er Schwächen hat und beginnt, diese selber zu beheben. So werden Osteozyten in die richtige Richtung geschickt, um Knochen zu stärken, und nicht nur die oberflächliche Muskulatur, sondern auch die so wichtigen stabilisierenden tiefliegenden Muskelschichten werden vielfältig angesprochen und trainiert.“

Baue man in sein Training Wiesen- und Waldwege sowie kleinere Baumstämme im Schritt ein, habe dies einen tollen Effekt für die Rückenpartie, erklärt Dr. Elisabeth Binder: „Es entsteht eine sogenannte Salamander-Bewegung, die Pferde mobilisieren ihre Wirbelsäule und dehnen dabei ihre Rückenmuskulatur optimal.“ Trab im Gelände kann die ROM der Extremitäten verbessern. Im Gelände zu galoppieren „ist ein fantastisches cardiovaskuläres Training, das den Kreislauf fit macht und dadurch jedem Pferd auch Kilometer spart, die es sonst, um einen ähnlichen Trainingseffekt zu erreichen, in den Knochen hätte“, erklärt Kira Schuschnigg.


Mögliche Gefahren des Outdoortrainings

Eine der größten Gefahren beim Ausreiten ist, dass Reiter*innen ihre Pferde unbewusst schief machen, indem sie immer nur auf einer Hand traben oder galoppieren bzw. dem Pferd gestatten, dies selber zu entscheiden. „Wenn Sie leichttraben, vergessen Sie das Umsitzen nicht“, legt Katharina Möller deshalb allen ans Herz: „Entweder sitzen Sie regelmäßig alle 50 Meter um, um eine gleichmäßige Belastung Ihres Pferdes sicherzustellen, oder Sie bauen das Umsitzen gezielt in Ihr Training ein“, fordert sie, denn häufiges Umsitzen verbessert auch die reiterliche Balance und das Taktgefühl.

Das Argument, das Kira Schuschnigg am häufigsten gegen das Reiten im Gelände hört: Bergabreiten sei so schädlich für die Pferde. „Das stimmt so nicht. Erstens schadet korrektes, ausbalanciertes Bergabgehen dem Pferd nicht. Und zweitens kann man – bis es gut bergab gehen kann – entweder flachere Wege dafür wählen, absteigen oder das Pferd reiterlich unterstützen; je nachdem, was es dazu aktuell braucht, damit es die Anforderung meistern kann, z. B. mehr Zügelkontakt oder weniger, eine höhere Halseinstellung oder einen längeren Hals.“ Kira Schuschnigg ist auch der Ansicht, „Sportpferde müssen diese Anforderungen muskulär meistern können, um auch im Sport bestehen zu können. Wenn sie das nicht können, halten sie auch den Sport nicht aus“, so die Bilanz ihrer zwanzigjährigen Berufserfahrung.

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Beinschutz minimiert Verletzungsrisiken im Gelände.
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Für Dr. Elisabeth Binder gibt es in der Natur durchaus einige Verletzungsquellen, etwa Äste auf dem Boden, die so in einer Reitbahn nicht vorhanden sind: „Als Schlagschutz würde ich Glocken und Gamaschen empfehlen, je nachdem, wie trittsicher das Pferd bereits ist. Durch abgefallenes Laub kann man als Reiter größere Wurzeln oder tiefe Böden leicht übersehen. Der idyllische Winterritt durch den Pulverschnee kann auch auf einer Eisplatte enden. Nichtsdestotrotz sehe ich in meinem Praxisalltag weniger Pferde, die sich im Gelände verletzt haben als Pferde, die infolge von einseitigem Training überbelastet wurden.“

Generell sollte man bei neuen Belastungen immer vorsichtig sein, so auch beim Reiten in Bächen: Zwar ist das Wassertreten im Hinblick auf Beweglichkeit, Kraft und Kondition bei gutem Untergrund durchaus förderlich, allerdings kann man die Pferde dabei auch leicht über- oder fehlbelasten, so Dr. Elisabeth Binder: „Bei Pferden mit empfindlichem Rücken sollte man die Kopf-Hals-Haltung beim Training im Wasser besonders beachten. Viele Pferde halten ihren Kopf sehr hoch, da sie das Spritzwasser im Gesicht vermeiden möchten – und dabei kann sich der Rücken verspannen.“


Wertvoll für die Psyche

Korrekt ausgeführt stärken aber auch Wasserdurchritte die Fähigkeit des Pferdes, mit Neuem und mit Herausforderungen immer besser zurechtzukommen: „Pferde lernen im Gelände mit verschiedenen Umweltreizen umzugehen, und beim nächsten Turnier wird der Blumentopf am Rande vielleicht nicht mehr als Gefahr eingestuft“, so die Erfahrung von Dr. Elisabeth Binder. Denn Pferde bewegen sich grundsätzlich gerne in der freien Natur.

Damit auch jedes Pferd das Training im Gelände genießen kann, muss auf das Alter, die Erfahrung und den Charakter des jeweiligen Pferdes Rücksicht genommen werden. „Besonders schreckhafte Pferde können die Seele mit einem Ausreitpartner besser baumeln lassen und lernen so die verschiedenen Umwelteinflüsse in schützender Begleitung kennen. Für junge Pferde oder Pferde aus einem Offenstall mit engem Herdenverband kann das Wegreiten vom Stall auch zur Herausforderung werden. Damit sie sich entspannen können, sollte man vorerst Wege um den Stall wählen und dann die Trainingsrunden langsam vergrößern.“ Doch nicht nur für die Pferde ist das Ausreiten für die Psyche extrem hilfreich, auch uns Menschen tut es gut, beim entspannten Ausritt vom beruflichen Alltag zu entspannen. „Vielseitigkeitsreiter*innen wissen das am besten“, sagt Kira Schussnigg und betont, dass eine Abwechslung wie das Reiten im Gelände bei jedwedem reiterlichem Training vor allem für Kinder und Jugendliche wichtig ist: „Wenn man immer nur dasselbe trainiert, werden nicht nur die Pferde sauer, sondern auch die Kinder.“

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Beim Ausreiten können Pferd und Reiter:in auch einfach mal die Seele baumeln lassen.
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So startet man am besten

Wer noch keine Erfahrung mit Training im Gelände hat, sollte vor allem darauf achten, es ruhig angehen zu lassen. Das heißt, man reitet Schritt, bis man die Wege kennt, weiß, wo man reiten darf (siehe Kasten) und sich Reiter*in und Pferd sicher fühlen. Man sollte darauf achten, dass die Wege rutschsicher sind und Trainingswiesen keine Löcher haben. „Die Bodenbeschaffenheit muss auch an den Gesundheitszustand der Pferde angepasst sein. Pferde mit Gelenkserkrankungen sollten beispielsweise möglichst nicht auf zu harten, nicht ganz ebenen Wegen (etwa geschotterten Forststraßen) trainieren, und Pferde mit alten Sehnenverletzungen sollten tiefe Böden meiden“, erklärt Dr. Elisabeth Binder. Mit unbeschlagenen Pferden muss man entweder Hufschuhe in Betracht ziehen, steinige Wege meiden oder die Pferde langsam daran gewöhnen. Generell sollte man die Trainingsdauer im Gelände schonend steigern, betont Dr. Elisabeth Binder. „Hochmotivierte Pferde können im Gelände schnell überarbeitet werden, ohne dass es ihr Reiter bemerkt. Die übermüdete Muskulatur ist dann anfälliger für Verletzungen.“ Auch ältere Pferde könne man abwechslungsreich, aber schonend im Gelände bewegen, wenn man sich nach dem Trainings- und Gesundheitszustand des Pferdes richte, sagt Dr. Elisabeth Binder: „Die Aufwärmphase ist beispielsweise bei Pferden mit Arthrosen besonders wichtig. Vor einem steileren Weg oder einer unebenen Passage sollten die Oldies unbedingt ausreichend auf einem guten und ebenen Boden aufgewärmt werden. Bewegung ist Leben – das sage ich meinen Patientenbesitzer*innen immer. Und wenn es nur ein ausgiebiger Spaziergang an der Hand auf einem guten Forst- oder Wiesenweg ist. Die Beweglichkeit, das Herz-Kreislaufsystem und die Lebensqualität profitieren enorm davon.“


Lektionen und Praxistipps

Vieles, was man an Übungen und Lektionen in der Reitbahn macht, hat im Gelände sogar noch einen größeren Trainingseffekt. Bei Übergängen, Verstärkungen oder Seitengängen kann man im Gelände oft von dem vermehrten Vorwärtsdrang der Pferde profitieren und sich mehr auf den Sitz und dessen Einwirkung konzentrieren. Bergauf-Etappen fördern beispielsweise die Schubkraft und können sich positiv auf die Sprungkraft oder Verstärkungen im Viereck auswirken. In Großbritannien ist es in Trainings- oder Rehazentren üblich, einen Zirkel mit 20 Metern Durchmesser anzulegen, auf dem die Bodenbeschaffenheit – von Beton über Sand zu Schotter und blanker Erde – alle paar Meter wechselt. „Im Gelände kann man solch einen Effekt ganz leicht nutzen, indem man alle paar Meter zwischen Asphalt, Bankett, Wiesenstreifen wechselt oder eben auf Wegen mit unterschiedlicher Bodenbeschaffenheiten reitet. Aber auch alles, was sich einem sonst draußen bietet – wie zum Beispiel Schnee oder Wasser – sollte man nutzen“, sagt Kira Schuschnigg.

Eine weitere wenig verbreitete, aber sehr effektive Form des Trainings im Gelände nennt sich Hangbahntraining. Auf einem Wald- oder Wiesenstück mit bis zu 15 Prozent Steigung werden auf verschiedenen Linien Übergänge innerhalb der und zwischen den Gangarten geritten. In diesem Video erklärt der inzwischen verstorbene international tätige Dressurausbilder Kurd Albrecht von Ziegner die Möglichkeiten und den Effekt des Hangbahntrainings so: „Das Pferd geht um die Bäume herum, ich kann Volten anlegen, ich kann Zirkel anlegen, ich kann auf der Diagonalen schräg rauf oder schräg runter (…) – und das Pferd muss ständig bei dieser Arbeit seinen Schwerpunkt wechseln. Das ist der Sinn der Sache. Und der Reiter ebenfalls, beide sollen im gemeinsam Gleichgewicht bleiben.“ Pferde aller Disziplinen und jeden Alters profitieren von dieser Arbeit, die Verspannungen löst, Muskulatur auf vielfältige Weise trainiert und die Selbsthaltung fördert. Damit ermöglicht Hangbahntraining laut Kurd Albrecht von Ziegner den „Anfang der Versammlung, ohne dass der Reiter an Versammlung denken muss. Das macht das Gelände. Das Pferd möchte selber im Gleichgewicht bleiben.“ Nicht nur dafür lohnt es sich, einen Grundstücksbesitzer zu finden, der es auf einem Stück seines Waldes oder auf einer Wiese erlaubt. Hangbahntraining ist auch eine tolle Möglichkeit für Reiter*innen, die nicht über ein weitläufiges, gut erreichbares Ausreitgelände am Stall verfügen.

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Steigungen Im Gelände unterstützen die Verammlungsfähigkeit des Pferdes auf ganz natürliche Weise.
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In der Halle kann man die Bande als Anlehnung und externe Reiterhilfe nutzen und auf dem Reitplatz die Bahnpunkte zur Orientierung nehmen. Auch im Gelände hat man Möglichkeiten, die man zur Unterstützung der Ausbildung nutzen kann, Wiesenstreifen in der Mitte von Wegen zur Förderung der Geraderichtung, den Waldrand als Bandenersatz oder Bäume, um Übergänge punktgenau zu reiten. „Zunächst mag das im Gelände schwerer fallen als auf einem Reitplatz“, sagt Katharina Möller, „aber Sie werden feststellen, dass Sie gerade durch das Fehlen vorgeschriebener Linien draußen ein besonders feines Gespür dafür entwickeln werden, wann das Pferd sich unter Ihnen wirklich im Gleichgewicht befindet.“ Ob man dafür die Bügellänge anders einstellt als man das in der Bahn macht, sollte man ausprobieren. Ein um ein oder zwei Löcher verkürzter Bügel erlaubt – solange der Sattel das in Bezug auf Sitzgröße und Pauschen ermöglicht – eine stabilere Variation des Sitzes in Richtung Entlastungs- und Leichtsitz.


Nicht nur zur Vorbeugung

Training im Gelände ist nicht nur zum Aufbau junger Pferde und zur Abwechslung für Pferde im Training wertvoll, sondern auch zur Reha. Am bekanntesten ist wohl das Führen oder Reiten auf planem, hartem Boden bei Sehnenverletzungen. „Ich betreue viele Sportpferde während Verletzungen oder mit physikalischer Medizin nach Operationen“, so Dr. Elisabeth Binder. „Der Heilungsverlauf einer Sehnenverletzung kann beispielsweise am Ultraschall bereits als gut abgeschlossen erscheinen, während der Faszienapparat nach langer Pause oder sogar Boxenruhe noch Verklebungen aufweisen kann.“ Deshalb ist es wichtig, in der Reha darauf zu achten, dass auch Faszien wieder gleiten, der Bewegungsapparat keine Blockaden mehr hat und die Rezeptoren wieder geschult werden. „Im Gelände können, je nach Verletzung und Gemüt der Pferde, diese Defizite durch gezieltes Training im Schritt auf gutem Untergrund wieder aufgeholt werden.“ Auch das Herz-Kreislauf-System wird im Gelände besonders gut gefordert. Davon profitieren alle Pferde, besonders aber solche, die lange Boxenruhe hatten. Denn frische Luft ist jetzt besonders nötig. Schon leichtes Bergaufreiten sorgt für eine tiefere Atmung, festsitzender Schleim und Staubpartikel können sich so besser lösen. Kann nach einem entsprechenden Aufbauprogramm wieder galoppiert werden, werden die Lungen vor allem bei längeren Galoppreprisen im Freien optimal mit Frischluft versorgt. Dr. Elisabeth Binder ist überzeugt: „Egal, ob junge oder alte Pferde, Top-Sportler oder Freizeitpartner: Das Gelände ist sehr facettenreich und sollte immer Bestandteil des Trainings sein!“