Höflichkeitstraining

Belohnen mit Futter: So wird der Rüpel zum höflichen Pferd

Ein Artikel von Pamela Sladky | 23.02.2024 - 12:54
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Manche Pferde werden beim Anblick von Futter zum Krokodil. Zurückhaltung? Fehlanzeige!
©www.Slawik.com

Futterlob gilt in der Pferdeausbildung nach wie vor als umstritten und wird von vielen kategorisch abgelehnt. Andere wiederum sehen es als den Verstärker schlechthin. Dass ein Leckerli zur rechten Zeit den Lernerfolg bei Pferden positiv unterstützt, wurde bereits in einer Vielzahl von Studien nachgewiesen. Laut einer britischen Forschungsarbeit ist Futterlob als Motivator deutlich effektiver, als bspw. Berühung. Dessen ungeachtet greifen viele Reiter:innen nach wie vor lieber auf Stimmlob, Tätscheln, Streicheln oder Kraulen am Widerrist zurück, um ihrem Pferd mitzuteilen, dass es etwas gut gemacht hat.

Eine Frage des guten Benehmens

Doch worauf begründet sich diese ablehnende Haltung gegenüber Leckerlis? In vielen Fällen in der Sorge, dass man durch regelmäßiges Füttern aus der Hand respektloses Verhalten gegenüber dem Menschen fördert. Für Pferdetrainerin Katharina Schneidhofer aus dem steirischen Dechantskirchen steht fest:

„Wenn Pferde beim Belohnen mit Futter ungut werden, dann sind nicht die bösen Leckerlis daran schuld, sondern es mangelt schlichtweg an Erziehung.“


Katharina Schneidhofer

Schneidhofer, die mit ihrer bunten Pferdetruppe ein beliebter Showact auf Messen und Pferdeveranstaltungen ist, setzt in ihrem Training vorwiegend auf Futterlob. Sie weiß, dass manche Pferde beim Anblick eines Leckerbissens aufdringlich werden, betteln was das Zeug hält und sogar schnappen können. Um derartiges unerwünschtes Verhalten gar nicht erst aufkommen zu lassen sei es wichtig „von Anfang an ganz klare Grenzen zu setzen und deutlich zu machen, dass es Futter nur bei gutem Benehmen gibt.“ Doch wie macht man das? Katharina Schneidhofer gibt Tipps, wie Sie drängelndes Verhalten verhindern.

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Für hastige Pferde gibt's Futterlob erst bei Ruhe. © Lisa Wallner

1. Leckerli immer weg vom Körper füttern
„Die meisten Pferde suchen direkt nach der Leckerlitasche, um schneller an das Futter zu kommen. Manche fangen aus Ungeduld an zu stupsen oder zu drängeln. Deshalb immer weg vom Körper, am besten vor der Brust des Pferdes füttern.“

2. Erst Ruhe, dann Futter
„Wenn Pferde sehr hastig nach dem Leckerli schnappen, nehme ich die Belohnung in die Hand, schließe sie in meiner Faust ein und führe den Handrücken zum Pferdemaul. Erst, wenn das Pferd ruhig ist und sich zurücknimmt, drehe ich die Faust um, öffne sie – und es darf sich das Leckerli nehmen. Vorher gibt es nichts, sonst verstärke ich das Quengeln.“

3. Respektiere meinen Raum
„Wenn Pferde drängeln, missachten sie meinen Raum. Das gilt es schon im Ansatz zu unterbinden. Kommt mir ein Pferd zu nahe, halte ich die Hand blockierend hin und schiebe es aus meinem Bereich. Nicht hinhauen, einfach wegschubsen. Und am allerbesten: gar nicht erst reindrängeln lassen. Also gleich den Ansatz blockieren durch Großmachen, Präsenz zeigen und Raum einnehmen. Das kann vor allem bei verfressenen Pferden am Anfang ziemlich mühsam sein, weil die gerne immer und immer wieder nachfragen. Und da muss man manchmal wirklich hundert Mal sagen: ,Geh jetzt weg da, das ist mein Bereich.‘ Aber gerade bei solchen Pferden muss man extrem konsequent sein.“

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Bei gierigem Drängeln wird Abstandhalten eingefordert.   © Lisa Wallner

4. Zurückhaltung wird belohnt
„Bei sehr drängelnden Pferden ist es ratsam, ihnen beizubringen, dass es Futter erst dann gibt, wenn sie den Kopf abwenden und sich entspannen. Diese Übung baue ich auf, indem ich neben dem Pferd stehe, die Hand blockierend zwischen Augen und Nüstern halte (bei den einen reicht die bloße Präsenz der Hand, bei anderen muss man mit leichter Berührung nachhelfen) und ein Stimmsignal gebe, z. B. ,schau weg‘ oder ,Kopf weg‘. Wenn das Pferd wegsieht und sich entspannt, dann klicke ich und gebe weg vom Körper das Leckerli. Das wiederhole ich so lange, bis das Pferd immer feiner reagiert und schon auf ein leichtes Signal hin den Kopf wegdreht und sich entspannt. Sitzt das gut, erschwere ich die Aufgabe, indem ich die Hand in die Leckerlitasche gebe und ein bisschen raschle. Futterlob gibt’s erst wieder dann, wenn das Pferd das Gelernte umsetzt, von mir wegschaut und sich entspannt. Das Ziel ist ein jederzeit höfliches Pferd, das sich bewusst abwendet, sobald die Hand in die Futtertasche geht. Dann gibt’s auch kein Drängeln und lästig Sein mehr.“