Recht

BGH Urteil: Eltern müssen auf Turnieren selbst auf ihre Kinder aufpassen

Ein Artikel von Pamela Sladky | 15.02.2021 - 17:26
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Pferde üben auf Kinder eine magische Anziehungskraft aus. Eltern sollten ihren Nachwuchs auf Turnieren deshalb immer gut im Auge behalten um Schaden rechtzeitig abwenden zu können.
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Der Fall hatte sich 2011 auf einem Reitturnier Weisweil in Baden-Württemberg (GER) ereignet. Ein knapp dreijähriges Kind war in einen Anhänger geklettert, in dem zwei Pferde standen. Eines der Pferde erschrak, trat aus und traf das Mädchen mit dem Huf am Kopf. Die Verletzungen, die das Kind dabei erlitt, waren so schwer, dass es sein Leben lang auf Betreuung angewiesen sein wird.

In der Folge klagten die Eltern des Mädchens und deren Haftpflichtversicherung die Pferdehalterin und den Reitverein als Veranstalter des Turniers auf Schadensersatz für die bereits entstandenen und künftig Folgekosten. Dieser Forderung wurde in einem aufsehenerregenden Urteil zunächst stattgegeben.

2018 entschied das Oberlandesgericht Karlsruhe, dass die Eltern, die Pferdehalterin und der Turnierveranstalter jeweils zu einem Drittel haften. Im Falle der Eltern sah das Gericht eine Verletzung der Aufsichtspflicht. Sie waren zusammen mit Verwandten und Bekannten an einem Biertisch gesessen und hatten ihr Kind aus den Augen gelassen. Allerdings hätte die Pferdebesitzerin, so die Begründung, ihr Pferd nicht unbeaufsichtigt im geöffneten Anhänger lassen dürfen. Dieses Verhalten habe den Unfall erst möglich gemacht. Und auch der Reitverein hätte seinerseits wirksame Schutzmaßnahmen – geeignete Absperrungen, Aufpasser – ergreifen müssen, „um Kinder vor den Folgen ihrer Unerfahrenheit und Unbesonnenheit zu schützen“.
 

Eltern tragen die volle Haftung

Zu einem anderen Ergebnis kam der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH). Ein Kleinkind „hätte unter Berücksichtigung der Art der besuchten Veranstaltung und der örtlichen Gegebenheiten so  beaufsichtigt werden müssen, dass es jedenfalls nicht aus dem Blick gelassen wird und gegebenenfalls sofort an die Hand genommen werden kann“, lautet die jetzt veröffentlichte Urteilsbegründung. Auch Eltern älterer Kinder „ohne ausreichendes Gefahren- und Verantwortungsbewusstsein“ wären zum Aufpassen verpflichtet gewesen. Denn die Gefahren seien „für die Besucher des Reitturniers offensichtlich“ gewesen. Reitverein und Pferdebesitzerin durften sich laut BGH darauf verlassen und mussten keine Vorkehrungen treffen. Die Eltern tragen demnach die volle Haftung und müssen allein für die finanziellen Folgen des Unfalls aufkommen.

Das Urteil in seinem Gesamtumfang können Sie hier nachlesen.