HERPES-EPIDEMIE

Nach Herpesausbruch: FEI sagt in zehn Ländern Europas alle Turnier bis Ende März ab

Ein Artikel von Pamela Sladky | 02.03.2021 - 09:09
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Es ist der schlimmste Herpesvirus-Ausbruch des Typs EHV-1 seit Jahrzehnten, mit dem sich der internationale Pferdesport derzeit konfrontiert sieht. Tatsächlich kann man die Ereignisse, die sich derzeit vornehmlich in Spanien abspielen, ohne Übertreibung als veritablen Albtraum bezeichnen. Im Rahmen des CES Valencia zeigten Ende Februar mehrere Turnierpferde Symptome einer Viruserkrankung. Wegen der rasenden Ausbreitung wurde die Veranstaltung am 22. Februar abgebrochen. Schon zu diesem Zeitpunkt fiel immer wieder der Begriff Herpes, bestätigt wurde die Diagnose schließlich zwei Tage später durch ein nationales Referenzlabor. Inzwischen gibt es zumindest vier tote Pferde zu beklagen, über 80 zeigen Symptome der tückischen Krankheit, weitere 11 werden in umliegenden Kliniken betreut. Und der Ausbruch ist längst nicht mehr nur auf das Turniergelände in Valencia beschränkt, das seit über einer Woche einer überdimensionalen Intensivstation für Pferde gleicht.

Wie die FEI in einer Aussendung am Montag mitteilte, gibt es inzwischen Fälle in wenigstens drei weiteren Ländern Europas, die sich auf das CES Valencia zurückführen lassen. Bestätigt wurden vier EHV-1-Erkrankungen in Deutschland, Frankreich und Belgien. Der Weltreiterverband hat nun die Notbremse gezogen und in zehn Nationen sämtliche internationalen Turniere abgesagt. Betroffen ist neben Frankreich, Spanien, Portugal, Belgien, Italien, Polen, den Niederlanden, Deutschland und der Slowakei auch Österreich. Damit wird das CDI4* in Ebreichsdorf (26. bis 28. März 2021), ein Pflichtturnier für alle Reiter*innen der Allgemeinen Klasse, die sich heuer um eine Teilnahme entweder bei den Olympischen Spielen in Tokio (JPN) oder der EM in Hagen (GER) bewerben, nicht zum geplanten Termin stattfinden können.

Das CSI2* auf der Anlage des Pferdesportparks Magna Racino, das für den Zeitraum von 5. bis 7. März geplant gewesen war, wurde nach zahlreichen Absagen ausländischer Starter bereits am Freitag der Vorwoche gecancelt.


Sonderfälle in Spanien, Portugal und Italien

Um zu verhindern, dass eine große Anzahl von Pferden gleichzeitig die seit mehreren Wochen andauernden Springtouren auf der Iberischen Halbinsel in Italien und Belgien verlässt, dürfen diese Turniere vorerst fortgesetzt werden. Das gilt jedoch nur, so lange dort keine positiven Fälle von EHV-1 auftreten. Außerdem dürfen keine neuen Pferde die Veranstaltungsorte betreten. Die Turnierzentren der Jumping Tour in Vejer de la Frontera (ESP), Vilamoura (POR), San Giovanni in Marignano (ITA) und Gorla Minore (ITA) müssen sich an strenge Biosicherheitsprotokolle halten, zusätzlich sind FEI-Veterinärdelegierte vor Ort, die die Gesundheit der Pferde überwachen. Wer abreisen will, muss für jedes seiner Pferde ein amtliches Gesundheitszeugnis der örtlichen Veterinärbehörden vorlegen. Pferde, die die Veranstaltungsorte ohne diese Dokumentation verlassen, werden gesperrt.

Die Absage der Turniere auf dem europäischen Festland sei keine einfache Entscheidung gewesen, insbesondere nach den Turbulenzen rund um die Covid-19-Pandemie, betont die FEI. Allerdings sei der aktuelle EHV-1-Ausbruch besonders schwerwiegend sodass man aufgrund der klar identifizierten epidemiologischen Risikofaktoren keine andere Möglichkeit gesehen habe.

„Dieser EHV-1-Stamm ist besonders aggressiv und hat bereits Todesfälle bei Pferden und eine sehr große Anzahl schwerer klinischer Fälle verursacht. Wir müssen unsere Pferde in Sicherheit bringen“, wird FEI Generalsekretärin Sabrina Ibáñez in einer Aussendung des Weltreiterverbandes zitiert. „Wir sind uns auch bewusst, dass eine große Anzahl von Pferden den Veranstaltungsort in Valencia ohne ein offizielles Gesundheitszeugnis verlassen hat, was bedeutet, dass sie einen unbekannten Gesundheitszustand hatten. Einige waren bereits krank, und das Risiko einer Übertragung von diesen Pferden ist ein Hauptanliegen.“

Die Absage der Turniere auf dem europäischen Festland bis Ende März würde die Anzahl der international reisenden Pferde verringern und damit auch die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Verbreitung des aggressiven Virusstammes.
 

Fragezeichen hinter nationalen Turnieren

Die Absageflut könnte sich nicht nur auf internationale Veranstaltungen beschränken. Von der FEI gibt es die klare Empfehlung auch auf nationaler Ebene vorerst auf Turniere zu verzichten. Wie man die Situation in Österreich handhaben wird, soll nach Rücksprache mit OEPS-Sportdirektor Christian Steiner am Dienstagabend in einer Videokonferenz des OEPS-Direktoriums geklärt werden. Zuvor will man sich noch mit der Veterinärkommission der FEI beraten. Informationen über die weitere Vorgehensweise werden für spätestens Mittwoch erwartet.