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Wegbereiter für die Olympischen Erfolge: Huf- und Reitbodenexpert:innen in Tokio 

Ein Artikel von Eva Schweiger | 05.08.2021 - 09:38
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© FEI

Auch bei den Olympischen Spielen hängt der Erfolg bei weitem nicht nur von der sportlichen Leistung von Zwei- und Vierbeinern ab: Wie Katrin Khoddam-Hazrati und ihre DSP Cosma am vergangenen Samstag erleben mussten, steht und fällt das Glück in den Spielen manchmal schon mit einem Hufeisen. Cosma hatte sich im Training ein Eisen abgezogen und lahmte nach dem Beschlagen – das Ende von Olympia für die beiden.

Gegen ein abgezogenes Eisen ist kein Kraut gewachsen. Aber die Hufe der Olympia-Pferde ideal zu versorgen, das hat sich ein ganzes Team von Hufschmied:innen in Tokio auf die Fahnen geschrieben. Dessen Leitung hat, wie schon in London 2012 und Rio de Janeiro 2016, der britische Schmied Ben Benson inne. In seiner „Schmiede“ im Baji Koen Equestrian Park liegen ein Dutzend verschiedene Hufeisentypen in diversen Größen auf Lager liegen, um jedem Pferd möglichst idealen Hufschutz bieten zu können. Die meisten Reiter:innen bringen ihre Hufeisen aber sowieso selbst mit, denn den Beschlag kurz vor einem Wettkampf zu verändern, versucht man tunlichst zu vermeiden. Benson und sein Team können daher auch jedes benötigte Hufeisen exakt kopieren. 

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© www.Slawik.com

Hufeisen für alle Eventualitäten

Ideal, da ist man sich einig, wäre natürlich ein Beschlag vom eigenen Schmied kurz vor Abreise zu den Spielen und dann wieder nach der Rückkunft. Aber durch die Quarantäneregeln mussten zu den heurigen Olympischen Spielen viele Pferde so früh anreisen, dass sie ihren gewohnten Beschlagsrhythmus nicht zuhause absolvieren konnten. Ben Benson und sein Team sind also diesmal besonders gefordert.

Neben den individuellen Faktoren müssen die Schmiede den Beschlag nämlich auch so auswählen, dass er im Bewerb optimal funktioniert: Jede der drei reiterlichen olympischen Disziplinen und die dabei eingesetzten Untergründe verlangen nach dem passenden Beschlag. Guter Halt auf Rasen oder möglichst wenig Einsinken auf Sand – das gelingt nur mit den richtigen Hufeisen. In der Dressur brauchen die Pferde Hufeisen mit einer gewissen Flexibilität, auf der Vielseitigkeits-Geländestrecke wiederum besonders viel Stabilität durch Eisen, die in der Grasnarbe Halt finden, und die Möglichkeit bieten, zusätzliche Stollen einzusetzen.

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Auf der Geländestrecke ist griffiger Boden ein ausschlaggebender Faktor für Geschwindigkeit und Sicherheit. © holcbecher.com

Ein mechanischer Huf prüft die Böden

Auch über die Böden auf den Reitplätzen macht man sich detailgenaue Gedanken: In Baji Koen ist das Dressurviereck – genauso wie die Trainingsplätze – mit einer Sand-Textilfaser-Mischung belegt. Verantwortlich für die Wartung der Reitplatzböden ist der Deutsche Oliver Hoberg, einer von wenigen Experten überhaupt in diesem Bereich. Er kümmert sich täglich um die richtige Pflege der Vierecke. Gemeinsam mit dem FEI-Bodenexperten Lars Roepstorff  aus Schweden wird der Untergrund für die Pferde sogar täglich mit einem „mechanischen Huf“ geprüft. Dieser imitiert das Gewicht eines Pferdehufs beim Aufprall und testet dabei die Stabilität und Nachgiebigkeit des Bodens – ursprünglich auf Rennbahnen, jetzt aber auch speziell für die Spring-, Dressur- und Vielseitigkeitspferde in Tokio. Mit seiner Hilfe können die besten Bedingungen für die Leistung und Gesundheit der Pferde hergestellt werden. Aber: „Der Boden ist nur so gut wie die Pflege, die er bekommt“, sagt Oliver Hoberg. „Tatsächlich ist die Pflege genauso wichtig wie die Zusammensetzung.“

Viele Details sind es also, die für die beeindruckenden Leistungen der Pferde in Tokio sorgen, und eine große Menge an Menschen, die mit vollem Einsatz rund um die Athlet:innen für die besten Bedingungen sorgen. Zum Glück bleibt von dieser Arbeit auch einiges langfristig erhalten: Nach den Spielen wird das Baji Koen Equestrian Center wieder ganz der Japan Racing Association gehören, deren vierbeinige Gäste dort noch für viele Jahre von den erstklassigen Reitplatzböden profitieren werden.