Springen

Schweizer Springreit-Star unter Beschuss nach Tierschützer-Anzeige

Ein Artikel von Redaktion | 25.07.2022 - 13:33
AdobeStock_241454272.jpeg

Symbolfoto © Kseniya Abramova

Wie verschiedene Medien berichteten, sieht sich der Schweizer Weltranglistenführende Martin Fuchs derzeit mit einer Anzeige wegen „übermäßigen Gebrauchs der Peitsche“ konfrontiert. Initiiert wurde sie von der Schweizer Stiftung für das Tier im Recht (TIR), die ihrerseits mit dem Tierschutzverein Österreich kooperiert. Beide Organisationen posteten am Donnerstag (21.07.2022) beinahe zeitgleich auf ihren Facebookseiten ein Video, das Fuchs während eines Rittes auf seinem Nachwuchspferd Viper Z anlässlich des CSI3* in Linz-Ebelsberg (OÖ) zeigt.

Der achtjährige Zangersheide-Wallach war im Rahmen eines 135-m-Springens in einer Wendung über die rechte Schulter ausgebrochen und hatte auf die Hilfen seines Reiters mit Ansätzen zum Steigen reagiert. Fuchs korrigierte dieses Verhalten mit einem deutlichen Gertenhieb gegen die Hinterhand, worauf der Wallach wieder ins Vorwärts wechselte. Beim neuerlichen Anreiten kam es abermals zu Widersetzlichkeiten in der Wendung, diesmal reagierte Fuchs mit zumindest zwei Gertenhieben in Richtung Hals und Kopf an der Außenseite seines Pferdes. Die Aktion verfehlte ihre Wirkung nicht, Viper Z gab seinen Widerstand auf und nahm das nachfolgende Hindernis, den Einsprung in eine zweifache Kombination, anstandslos.
 

Staatsanwaltschaft ermittelt

TIR sieht in diesem Vorfall einen Verstoß gegen das Schweizer Tierschutzgesetz erfüllt, die Organisation hat deshalb bei den österreichischen Behörden Anzeige gegen Fuchs erstattet. Laut den Tierschützern wurden die Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft bereits aufgenommen. FEI und der Schweizerische Verband für Pferdesport SVPS wurden kontaktiert und um eine Stellungnahme gebeten. Der Tierschutzverein Österreich, der zuletzt den Fall Günter Wintersberger ins Rollen gebracht hatte, hat seinerseits in dieser Sache Kontakt mit dem OEPS aufgenommen.

Im Gespräch mit dem deutschen Reitsportmagazin St. Georg erklärte Martin Fuchs, er habe "die Gerte auf dem rechten Hals angewandt, um den Wallach nach vorne zu korrigieren" und so eine für Pferd und Reiter gefährliche Situation zu lösen. Den restlichen Parcours habe man gemeinsam ruhig und ohne starke Einwirkung absolviert. Auch habe er im Anschluss noch einige Zeit im Parcours verbracht, um dem Pferd wieder Vertrauen zu geben. Das dürfte Fuchs gelungen sein, denn die Abschlussprüfung am Sonntag über 1,40 m beendete das Paar mit zwei fehlerfreien Runden als Sieger.

Von SVPS und FEI wurden in dieser Angelegenheit bislang keine Stellungnahmen veröffentlicht. Gegenüber PferdeWoche.ch sagte Fuchs jedoch, dass er von der FEI eine Mail erhalten habe, in der bestätigt worden sein soll, dass es sich bei dem Vorfall in keinster Weise um eine Regelwidrigkeit gehandelt habe und dass sich auch die Richter korrekt verhalten hätten. Laut Fuchs wurde Viper Z im Anschluss an den Ritt von den Stewards direkt nach dem Parcours kontrolliert. Dabei seien keinerlei Auffälligkeiten festgestellt worden.  


Problematische Außenwirkung

Auch wenn Fuchs' emotionslose Korrektur für viele Reiter:innen durchaus gerechtfertigt und nachvollziehbar erscheint, ist die Außenwirkung verheerend. Das zeigen die Reaktionen auf das Video in den sozialen Medien. Wo genau die Grenze zwischen Gertenhilfe, Korrektur und strikt abzulehnender "Prügelstrage" liegt, ist für Laien (und nicht nur die) nicht immer ganz einfach zu beurteilen - zugleich müssen sich Reiter:innen heute mehr denn je bewusst sein, dass sie zu jeder Zeit unter Beobachtung stehen. Das gilt für die Weltspitze gleichermaßen wie für Gelegenheitsturnierreiter:innen. Private Streaming-Dienste sind heute auf vielen Reitsportveranstaltungen gang und gäbe, Handykameras allgegenwärtig. Jede Verfehlung wird registriert und läuft Gefahr, früher oder später ans Licht zu kommen. Das ist gut und wichtig, soll die Prämisse „das Wohl des Pferdes steht stets an erster Stelle“ nicht zum bloßen Lippenbekenntnis verkommen. Diese Entwicklung erfordert aber auch ein Umdenken in der Reiterwelt, damit man nicht die soziale Akzeptanz verliert und am Ende irgendwann ohne Pferd dasteht. Den modernen Fünfkampf hat dieses Schicksal bereits ereilt. Ein Warnschuss für den Reitsport.