Geschafft! Österreichs Team mit Alessandra Reich, Stefan Eder, Katharina Rhomberg und Marianne Schindele (v. l. n. r.) hat mit Platz vier im Halbfinale das Ticket zum großen EEF Endrunde in Warschau gelöst.
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„Ich hatte etwas zu viel Schwung in der Zweier-Kombination,“ ärgerte sich Eder im Pferderevue-Interview. „Ich war schon vorher davon ausgegangen, dass wir uns fürs Finale qualifizieren werden. Eine Doppel-Null-Runde war auch leicht drinnen, aber es war ein kleiner Fehler von meiner Seite!“ Und so kam die niederländische Equipe mit insgesamt 12 Fehlerpunkten zu einem knappen Sieg vor der Ukraine (13) und der Schweiz, die wie Österreich auf 16 Punkte kam, aber die bessere Gesamtzeit aller Reiter:innen vorzuweisen hatte. Als fünfte Nation holte sich die Slowakei das verbleibende Ticket für Warschau.
Stefan Eder haderte etwas mit seinem Abwurf im zweiten Umlauf. Mit null und vier Fehlerpunkten trugen der Oberösterreicher und sein Condaro jedoch maßgeblich zum guten Abschneiden des österreichischen Teams bei.
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Mit der Longines EEF-Serie wird den sogenannten B-Nationen der Springreiter eine attraktive Turnierserie geboten, wobei dem Sieger des Finales (14. bis 17. September in Warschau/Polen) der Aufstieg in die A-Liga winkt. Vor einer Woche hatten sich im ersten Halbfinale (Region West und Nord) die Equipen aus Frankreich, Belgien, Schweden, Spanien und Polen im französischen Deauville dafür qualifiziert. Im Ebreichsdorfer Racino ritterten die Top-10-Länder der Regionen Mitte und Süd (Italien, Deutschland, Schweiz, Niederlande, Slowakei, Ukraine, Rumänien, Bulgarien, Griechenland und Österreich) um die restlichen fünf Startplätze.
Etwas eigenartig und für Nicht-Insider verwirrend ist der Austragungsmodus dieser Nationenpreis-Serie, da neben den eigentlichen „B-Nationen“ aus den vier europäischen Regionen Süd, Zentral, Nord und West auch die Teams aus der A-Liga (wie etwa Deutschland, Schweiz, Niederland und Italien im Racino) teilnehmen dürfen. Das führte unter anderem zur kuriosen Situation, dass am Donnerstag Marcus Ehning beim CHIO in Aachen und einen Tag später sein jüngerer Bruder Johannes Ehning in Ebreichsdorf jeweils in einer deutschen Nationencup-Mannschaft starteten.
Qual der Wahl
Für Österreich gestaltete sich die Mannschaftsaufstellung fürs Halbfinale nicht ganz einfach. Max Kühner war zu diesem Termin in Sachen Titelverteidigung seines Vorjahrssieges in der Global Champions Tour in Monaco unterwegs, Christoph Obernauers Pferd Kleons Renegade ist verletzt und Gerfried Puck teilte vor wenigen Tagen mit, dass sein Equitron Naxcel an Husten laboriert. Für Österreichs Equipechefin Sabine Schranz war damit klar, dass in dieser Konstellation Stefan Eder, Katharina Rhomberg und Alessandra Reich gesetzt waren, um den vierten Platz ritten am Vortag Lena Binder und Marianne Schindele in einem 3*-Springen. Beide zeigten dabei saubere Nullrunden und die Teamchefin hatte nun die Qual der Wahl. Schließlich gab die Routine von Marianne Schindele den Ausschlag, für Lena Binder warten ja bei den bevorstehenden Nachwuchs-Championships genügend lohnende Aufgaben.
Langsamer Start, starkes Finish in Runde eins
Im ersten Umlauf brauchte die rot-weiß-rote Equipe eine Weile um auf Touren zu kommen, denn Alessandra Reichs Oeli R verzeichnete zwei Abwürfe und sorgte damit für einen nicht ganz idealen Auftakt. Besser lief es dann für Marianne Schindele, deren 17-jähriger Acoustik Solo du Baloubet souverän durch den Parcours kam. Leider patzte er am Wasser, aber mit den 4 Fehlerpunkten konnte man durchaus zufrieden sein. Beste Stimmung dann auf den gut besetzten Tribünen, als Katharina Rhomberg und ihr Cuma fehlerfrei und souverän über die 16 Sprünge kamen. Nicht ganz so flüssig präsentierte Stefan Eder seinen in Hochform befindlichen Condaro, aber auch die beiden blieben ohne Strafpunkt, womit Team Austria nach dem ersten Umlauf hinter Italien (0) mit vier Zählern ex aequo mit der Ukraine und den Niederlanden auf Rang zwei lag.
Für Alessandra Reich sollte es auch im nächsten Anlauf nicht nach Wunsch klappen: „Heute war einfach nicht mein Tag, mein Pferd fühlte sich nicht so wohl hier!“ Ihre 12 Punkte brachten die drei Mannschaftskollegen in Zugzwang. Auch Marianne Schindele hatte jetzt mit der Atmosphäre zu kämpfen: „Er war schon sehr heiß,“ kommentierte sie ihren Baloubet du Rouet-Sohn. Aber Katharina Rhomberg bewies einmal mehr, dass in entscheidenden Momenten auf sie gezählt werden kann: Sie zeigte einen von nur vier Doppelnull-Ritten, wodurch Österreich in Schlagdistanz um den Sieg blieb. Mit einem Nuller hätte Eder noch ein Stechen um den Sieg erzwingen können, die violette Stange beim Kombinationsaussprung überlegte es sich sehr lange, fiel dann aber doch noch. „Wir haben uns noch gar nicht abgesprochen gehabt, ob Stefan oder ich im Stechen antreten,“ bekannte Rhomberg später. Für ihre Leistung hatte sie nur drei Worte: „Ja, mega, toll!“
Lieferten eine von nur vier Doppel-Nullrunden des Bewerbs: Katharina Rhomberg und Cuma © HORSIC.com
Blick in Richtung EM
So blieb am Ende Platz vier für die Statistik und es gilt für die österreichischen Springreiter den Blick nach vorne zu richten. Ende August könnte ja bei der Europameisterschaft in Mailand die einmalige Chance genützt werden erstmals seit 1996 (!) wieder eine Mannschaft an den Start zu bringen. Sabine Schranz ist sehr zuversichtlich: „Auch wenn wir uns heute fürs EEF-Finale qualifiziert haben, im Fokus steht bei uns eindeutig die EM in Mailand. Mit den Top-6 haben wir ein hochgestecktes Ziel, aber derzeit sind wir in der glücklichen Situation gute Pferd-Reiter-Kombinationen zu besitzen.“ Dies bestätigte auch Stefan Eder: „Endlich sind wir auch auf diesem Niveau breiter aufgestellt. Die zusätzliche Motivation ist natürlich die Olympia-Teilnahme in Paris 2024. Das ist das Highlight für einen Sportler!“
Für die kommende EM-Vorbereitung steht das Team Austria vor der Schwierigkeit entsprechende Turniere auf Rasen zu finden, da in Mailand auf diesem Untergrund gesprungen wird. Alessandra Reich hat in zwei Wochen Gelegenheit dazu, da sie im schwedischen Falsterbo fürs 5*-Turnier eine Startberechtigung erhielt. „Diese zu erhalten war nicht einfach. Es bedurfte vieler Telefonate und am Ende war ausschlaggebend, dass ich auch ein Derbypferd mit nach Schweden bringe!“ Und Roland Pulsinger vom OEPS sekundierte im Pressegespräch: „Wir stellen selbstverständlich in der Milak in Wiener Neustadt entsprechende Trainingsgelegenheiten für alle Reiter:innen zur Verfügung.“
Nationenpreis-Auftritte wird es für die österreichischen Springreiter hingegen bis zur EM nicht mehr geben. „Die Reiterinnen und Reiter werden ihre Pferde in Eigenregie vorbereiten,“ so Sabine Schranz im abschließenden Resümee.