Olympia 2024

Österreichs Springreit-Equipe verpasst Einzug ins Mannschaftsfinale, Deutschland überragend

Ein Artikel von Ernst Kopica | 01.08.2024 - 16:44
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Bestes österreichisches Paar mit einem Abwurf in der Team-Quali: Max Kühner und Elektric Blue P
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Am Ende hätten den Österreichern 20 Punkte für die Qualifikation gereicht. Doch mit 28 Zählern auf dem Konto heißt es für Max Kühner, Gerfried Puck, Katharina Rhomberg und Christoph Obernauer, sich ganz auf das Einzelspringen am kommenden Montag zu konzentrieren.

Mit der Schweiz traf es auch einen heißen Medaillenkandidaten, der nicht in der Finalentscheidung dabei sein darf. Den Medaillenkampf bestreiten (in der Reihenfolge des heutigen Ergebnisses): Deutschland, USA, Großbritannien, Belgien, Niederlande, Irland, Frankreich, Schweden, Israel und Mexiko. Insgesamt hatte es der Umlauf in sich, was auch ein einziges Ergebnis mit Null Fehlerpunkten - das das überragende deutsche Trio Christian Kukuk auf Checker, Philipp Weishaupt auf Zineday und Richard Vogel auf United Touch S zuwege brachte - eindrucksvoll beweist.
 

Nachteil Startnummer

Bereits nach dem Ritt von Katharina Rhomberg wusste das österreichische Springreitteam, dass ein Finaleinzug nur schwer zu erreichen sein würde. Denn die 16 Fehlerpunkte der Vorarlbergerin sind bei Olympia leider kein Streichresultat und die drei Abwürfe sowie der Wasserfehler von Colestus Cambridge gingen voll in die Wertung ein.

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Katharina Rhomberg und Colestus Cambridge
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Entsprechend geknickt kam Rhomberg, die nach 112 Jahren olympischem Pferdesport die erste weibliche Springreiterin für Österreich ist, zum Interview: „Wir hatten mit der ausgelosten Startreihenfolge als Nummer 2 ein bisschen Pech. Wir konnten davor keine Reiter anschauen, was unsere Aufgabe sehr vereinfacht hätte, und der Parcours ist für den ersten Tag sehr anspruchsvoll. Mein Pferd war auch ziemlich beeindruckt von den Sprüngen und der Kulisse, was wir so nicht erwartet haben. Dadurch hat er die Hindernisse sehr hoch übersprungen, was dann im Nachhinein zu Folgefehlern führte. Das hat den Plan ein bisschen durcheinandergebracht.“

Der erste Fehler kam beim Einsprung in die Zweierkombination. „Das hätte auch gut gehen können, da war einfach Pech dabei.“ Anders dann beim Wassergraben: „Ich hatte sieben Galoppsprünge auf der Außenbahn geplant, dann aber gesehen, dass sich das nicht ausgeht und einen achten machen müssen. Dadurch hatten wir zu wenig Schwung. Wie ich nachher gesehen habe, reiten eigentlich die meisten acht Galoppsprünge im Bogen, was vielleicht die bessere Variante ist. Wären wir später dran gewesen, hätten wir das wahrscheinlich gewusst.“
 

Olympia ist besonders

Als Olympiadebütantin zeigte sich Rhomberg trotz ausreichender WM- und EM-Erfahrung beeindruckt: „Es war ein besonderes Gefühl und eine riesige Kulisse. Ich habe versucht, mich nur auf mein Pferd zu konzentrieren.“

Nach dem fehlerreichen Auftakt war der Druck bei Rhombergs Teamkollegen Gerfried Puck und Max Kühner gewaltig. Nuller mussten her, am besten gleich zwei, wollte man doch noch eine Chance auf das Teamfinale haben. Doch der ersehnte fehlerfreie Ritt wurde es leider auch bei Gerfried Puck nicht, Naxcel V hatte einen Fehler am Wassergraben, danach fiel noch die Planke in der Dreierkombination. „Beim Wasser fehlten uns 1,5 cm, das habe ich mir beim Rausreiten noch angeschaut und die Planke ist ein wenig der Joker im Parcours“, analysierte Puck.

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Gerfried Pucks Naxcel V war gut drauf, zwei Fehler wurden es trotzdem.
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Es war keine leichte Aufgabe für den 51-jährigen Routinier, das Feld von hinten aufrollen zu müssen. „Man muss aber die Kathi ein bisschen verteidigen. Sie hat im letzten Moment das Pferd getauscht oder tauschen müssen, das lassen wir jetzt einmal offen. Ihr Pferd ist das jüngste im gesamten Feld, das war dann leider nicht ideal für uns.“

Seine eigene Vorbereitung litt darunter, dass sein Naxcel V so lange nicht am Turnier war: „Er hatte eine gewisse Spannung im Parcours, wo ich sonst eher bremsen muss. Wir hatten ein Vorbereitungsturnier in Prag geplant, das wäre für mein Pferd sehr wichtig gewesen. Aber unser Start wurde aufgrund der österreichischen Meisterschaft abgesagt. Trotzdem bin ich guter Dinge, normalerweise wird er (Naxcel V, Anm.) auf dem Turnier gegen Ende immer besser.“
 

Obernauer statt Rhomberg im Einzel?

Mit einer Andeutung ließ Puck dann noch aufhorchen: „Vielleicht muss man jetzt überlegen, wie es mit dem Christoph (Obernauer, Anm.) weitergeht. Das müssen wir gut besprechen. Aber zuerst bringen wir den Tag einmal zu Ende und dann schauen wir weiter. Ich bin alt genug, dass ich das sagen darf.“

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Kommen Christoph Obernauer und Kleons Renegade vielleicht im Einzel zum Zug? Teamkollege Gerfried Puck will die Möglichkeit zumindest besprechen.
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Obwohl Puck der älteste österreichische Olympiateilnehmer in Paris ist, war es doch sein Debüt bei den Spielen: „Auf jeden Fall habe ich diese Premiere genossen und es ist nicht gesagt, dass es meine letzten Spiele bleiben müssen. Bei den Österreichern bin ich zwar der Älteste, aber in der Reiterei noch lange nicht.“

Zur Arbeit der Parcoursbauer meinte er abschließend: „Die müssen das Feld irgendwie trennen und ich finde, es war ein sehr fairer Parcours. Ich glaube, die Ergebnisse waren zwar gemischt, aber es gab sicher keine schlechten Bilder.“

Noch immer lebte nach Runde 2 die Hoffnung der rot-weiß-roten Equipe, denn auch Spitzennationen wie Schweden kamen nach einer Verweigerung und Fehlern von Catch Me Not S unter Peder Fredricson in Schwierigkeiten. Die Olympiasieger und amtierenden Welt- und Europameister retteten sich als 8. aber noch ins Finale.
 

„Heute lief es nicht“

Leider gab es dann auch bei Max Kühners Umlauf einen Abwurf, und zwar am sonst eher leichten Sprung Nummer 7. Die übrigen Klippen meisterte Elektric Blue P makellos, dennoch war der Zug nach dieser Runde endgültig abgefahren.

„Wir hatten schon gehofft, dass wir ins Finale kommen, aber es lief heute einfach nicht. Wir haben unser Bestes gegeben und es hat nicht geklappt,“ bekannte der Wahlösterreicher im Interview. „Ich glaube, dass Kathi, die ein ganz tolles Pferd hat, auch noch ein bisschen Erfahrung gefehlt hat. Auch wenn es für uns definitiv eine Enttäuschung ist, muss man schon sagen, dass es nicht einfach war, sich fürs Finale zu qualifizieren. Das sieht man auch an Nationen wie der Schweiz. Das ist halt auch der Olympiamodus, da darf kein Ausrutscher passieren. So ist das im Sport.“

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Max Kühner hat für die Einzelbewerbe ein gutes Gefühl.
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Seinen Ritt hatte er noch gar nicht so richtig analysiert, er meinte nur: „Grundsätzlich hatte ich ein super Gefühl auf Blue. Ich werde mir das Video wahrscheinlich noch 20 Mal anschauen, aber mein Eindruck war, dass ich es ihm bei diesem Hindernis leicht machen wollte und ihm ein bisschen die Körperspannung fehlte, aus der heraus er noch energischer abdrücken kann. Aber grundsätzlich ist Blue die letzten Championate immer besser geworden und hat sich immer mehr eingesprungen. Insofern bin ich zuversichtlich fürs Einzelspringen.“

Für die besten Zehn des heutigen Qualifikationsspringens geht es am Freitag um 14 Uhr in Versailles im Team-Finale um die Mannschaftsmedaillen. Die Einzel-Quali mit drei österreichischen Paaren steht am 5. August ab 14 Uhr auf dem Programm.

Alle Ergebnisse des heutigen Mannschaftsspringens im Detail gibt es hier.

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Unser rasender Reporter bei Olympia: Ernst Kopica
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Blog: Olympiageflüster aus Versailles (7)

Die Medienwelt bei Olympia hat ihre eigenen Gesetze, was nicht nur für uns Berichterstatter Konsequenzen hat, sondern auch für die Athletinnen und Athleten besondere Herausforderungen darstellt. Deren Interviewmarathon nach einem Bewerb hat fixe Regeln und ist auch in den IOC-Regularien fixiert. So muss jede Sportlerin und jeder Sportler durch die Mixed Zone, auf diesem Weg begleitet ihn auch ein Offizieller, eine Verweigerung hat strikte Konsequenzen. Für Routiniers (und die meisten Teilnehmer an den Reitbewerben haben entsprechende Erfahrung) natürlich kein Problem, aber für junge Teilnehmer, die vielleicht gerade eine Riesenenttäuschung im Bewerb erlebten, eine mentale und emotionale Herausforderung.

Im Reitstadion geht das folgendermaßen vor sich: Nach dem Ausritt kommen Pferd und Reiter zur Überprüfung durch den FEI-Steward, dann übernimmt der Groom das Pferd und es geht für Reiterin oder Reiter wieder zurück ins Stadion, wo an der langen Seite die Fernsehstationen mit ihren Kameras und Reportern warten. Und zwar nur jene TV-Kanäle, welche als sogenannte right-holders gelten. Wie der Name schon sagt, haben diese für das Recht, live und direkt zu übertragen, ansehnliche Summen bezahlt. In Deutschland sind das z.B. ARD und ZDF, aber auch Eurosport ist in Paris ein gewichtiger Medienpartner, was sich in zwei Interviewspots niederschlägt. Dazu natürlich auch die anderen Mediengiganten wie NBC etc. Der ORF verfügt nicht über eine derart privilegierte Interviewzone, Caroline Pflanzl, Dietmar Wolff und Daniel Kulovits stehen mit Mikrofon und Kamera ca. 50 Meter vom Stadion entfernt am Beginn der Mixed Zone. Ob im oder neben dem Viereck: Beim IOC ist alles nur eine Preisfrage! Dann kommen die Reiter zu den Radiostationen und Nachrichtenagenturen, die ihre mehr oder weniger spannenden Fragen stellen, bevor sie zur schreibenden Zunft weitergeleitet werden.

Mich wundert immer wieder, wie geduldig und freundlich hier die Aktiven immer noch Rede und Antwort stehen, obwohl sie wahrscheinlich dieselbe Frage schon x-fach gestellt bekommen haben. Aber auch bei den Printjournalisten gibt es Unterschiede. Einerseits sind hier die für alle Sportarten akkreditierten Kollegen anzutreffen, die sich bei Olympischen Spielen auch mit dem Reitsport auseinandersetzen haben. Für sie ist es eine Herausforderung, im dichten Zeitplan nach Versailles zu gelangen, denn die Ausfälle im Bahnbereich machen eine Planung recht schwierig. Die offiziellen Shuttle-Busse fahren mittlerweile ohnedies meist leer, da deren Routen und Intervalle unbrauchbar sind.

In Paris fällt mir das große Interesse der österreichischen Tageszeitungen am Reitsport positiv auf, da gab es schon Olympische Spiele, wo ich der einzige Österreicher im Pressebereich war. Aber klar, mit seinen sieben Olympiastartern ist der OEPS in Paris quantitativ ein starker Faktor. Es ist nur zu hoffen, dass sich dieser Aufwärtstrend in nächster Zeit fortsetzen kann, damit die starken Leistungen der österreichischen Pferdesportler weiterhin auch ihren medialen Niederschlag finden!

Neben den Tageszeitungen gibt es auch Akkreditierungen ausschließlich für die einzelnen Disziplinen wie etwa Reiten. Diese können entweder von den nationalen Olympischen Komitees ausgestellt werden (wie in meinem Fall) oder vom Weltverband FEI vergeben werden. Was für mich bedeutet, dass ich in anderen Stadien auch ein normales Ticket benötige. Allerdings ist das Reitsportprogramm in Paris so dicht, dass dafür ohnedies keine Zeit bleibt. Nur für den nächsten Mittwoch, wenn hier in Versailles für den Modernen Fünfkampf umgebaut wird, geht es für mich ins Stade de France, um unseren Diskuswerfer Lukas Weißhaidinger anzufeuern.

Ernst Kopica