Die Europameisterschaften in A Coruña boten vom ersten Moment an Springsport auf einem Niveau, das man nur selten erlebt. Vor dem Einzelfinale, das über zwei Runden ausgetragen wurde, lagen nicht weniger als 13 Paare innerhalb eines einzigen Abwurfs. Wer sich Chancen auf das Podest ausrechnete, dem war klar: Fehler waren diesmal absolut verboten.
Die 25 besten Paare nach drei Runden gingen am Sonntag im Finale A an den Start. Noch bevor die Top 13 in das Springstadion des Casas Novas Equestrian Centers einritten, hatte das mitfiebernde Publikum bereits acht (!) fehlerfreie Runden gesehen – was den Druck auf die Spitzenreiter:innen zusätzlich erhöhte. Wer einen Fehler machte, wurde gnadenlos durchgereicht – wie etwa Europameister Steve Guerdat (SUI), der sich nach einem Abwurf ausgerechnet am letzten Sprung des 1,60 m hohen Parcours plötzlich statt auf einem Medaillenrang nur noch auf Platz 12 wiederfand.
Vor der alles entscheidenden letzten Runde der Top 12 waren immer noch sieben Paare mit weniger als vier Strafpunkten im Rennen – allen voran Richard Vogel, der mit seinen 0,01 Zeitfehlern aus dem Zeitspringen weiterhin in Führung lag.
Im letzten Durchgang warteten noch einmal 12 Sprünge auf Reiter:innen und Pferde, darunter zwei Steilsprünge mit einer Höhe von 1,62 m und eine dreifache Kombination mit einem überbauten Wassergraben als mittlerem Sprung. Der Knackpunkt dieses Kurses? Keiner. Lediglich Guerdat und die junge Britin Jessica Mendoza kassierten Fehler. Alle anderen blieben makellos. Selbst wenn ab und an eine Distanz nicht passte, der Winkel nicht ideal war oder das Tempo nicht optimal war, kamen diese Finalpaare über die Hindernisse – ohne Abwurf.
Richard Vogel und United Touch S mussten nicht einmal zaubern – sie ließen auch diesen fünften EM-Parcours wie eine Stilspringprüfung aussehen. Nach Mannschaftsbronze darf sich der 28-Jährige nun also über Einzelgold freuen. Eine Medaille, die er seinem Team widmet – ohne das, wie er betont, so ein Erfolg nicht möglich gewesen wäre. Und natürlich seinem Pferd, dem 13-jährigen westfälischen Hengst United Touch S, der die ganze Woche über wie von einem anderen Stern sprang.
Die zweite Silbermedaille an diesem Wochenende ging an den Briten Scott Brash (1,08 Strafpunkte). Seine junge Stute Hello Folie habe sich auf dem Vorbereitungsplatz zwar etwas müde angefühlt – anmerken ließ es sich die quirlige Füchsin jedoch nicht.
Komplettiert wurde das Podest von Gilles Thomas (BEL) und Ermitage Kalone. Nach Team-Gold nun also auch Einzelbronze für den 27-jährigen Belgier.
Sechs der Top 12 im EM-Finale haben ihren 30. Geburtstag noch nicht gefeiert, bei zwei weiteren liegt er kaum zwei Jahre zurück. Diese Europameisterschaft hat eindrucksvoll gezeigt, dass die junge Garde mit Riesenschritten in der Weltspitze angekommen ist.
Die Zukunft ist jetzt
Der Triumph von Richard Vogel und der starke Auftritt der jungen Reiter:innen in A Coruña markieren einen Generationenwechsel im internationalen Springsport. Präzision, Nervenstärke und Partnerschaft auf höchstem Niveau – diese EM hat bewiesen, dass Europas Zukunft im Parcours nicht nur gesichert, sondern bereits mitten in der Gegenwart angekommen ist.
Alle Ergebnisse im Detail gibt es hier.