Interview

Jörg Domaingo: Mit 69 Jahren zur Derby-Sensation

Ein Artikel von Pamela Sladky | 14.06.2024 - 12:21
Vertrauenssache_DOMAINGO Joerg (AUT), Lady d'Elle Kes_SL_1227-014-1423.JPG

Unbändige Freude bei Jörg Domaingo nach seinem gelungenen Derbyritt auf Lady d'Elle KES
© www.sportfotos-lafrentz.de

War es ein langgehegter Wunsch von Ihnen, einmal beim Derby mitzureiten?

In der Ferne war das schon immer mein Wunsch. Ich habe Hugo Simon, Thomas Frühmann und die anderen bewundert und wollte das auch immer selbst einmal machen. Dass es dann so gut läuft, hätte ich mir aber nicht gedacht. Es war eine ganz tolle Woche!

Ein Derbykurs ist ja etwas ganz Spezielles, sowohl von den Hindernissen als auch vom Aufbau und der Länge her. Haben Sie dafür gesondert trainiert?

Ich trainiere sehr viel auf Kondition und reite dafür oft im Gelände. Das bringt natürlich schon etwas, weder ich noch mein Pferd hatten Erschöpfungszustände während des Derbys. Lady d’Elle war in einem großartigen konditionellen Zustand, einfach fantastisch! Davon abgesehen konnten wir für den Kurs an sich aber eigentlich fast nicht trainieren. Das war für uns beide absolutes Neuland.

Gab’s einen Moment, in dem Sie gedacht haben: Das könnte jetzt ein bisschen knifflig werden?

Nein, auf gar keinen Fall. Da hätte ich vorher die Reißleine gezogen.

Nicht jedes Pferd ist ein Derby-Pferd. Was macht Ihre Lady d’Elle so besonders, dass Sie gesagt haben: „Mit ihr versuch’ ich’s“?

Zwischen Lady d’Elle und mir gibt es ein inniges Verhältnis, sie vertraut mir, und ich vertraue ihr völlig. Sie würde für mich über jede Mauer springen. In der Qualifikation war der Wall schon dabei – aber ohne Hindernis danach. Viele Pferde haben an der Stelle gezögert. Hätte ich nicht rechtzeitig richtig reagiert, wäre sie da einfach von oben runtergesprungen. Ihr Vertrauen ist wirklich enorm, aber das muss auch so sein, wenn man sich einem solchen Kurs stellt.

Vertrauenssache_DOMAINGO Joerg (AUT), Lady d'Elle Kes_SL_1227-014-1316.JPG

Vertrauenssache: Den Hamburger Wall meisterte das Staatsmeisterduo souverän.
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Wie war das Gefühl beim Überqueren der Ziellinie?

In diesem Moment ist sehr viel von mir abgefallen. Das Hamburger Publikum ist fantastisch, da sind unheimlich viele Menschen mit großem Pferdeverstand dabei, das hat richtig, richtig Freude gemacht. Ich habe wahnsinnig viele Komplimente für meinen Ritt bekommen. Auch von Reiterkollegen, mit denen ich schon vor vielen Jahren in Aachen gemeinsam geritten bin. Die Reaktionen waren wirklich überwältigend. Sogar Hugo Simon hat mir gratuliert und Glückwünsche geschickt, ebenso Thomas Frühmann. Das war vielleicht mein größter Erfolg. Derby sagt sich immer so leicht, aber von diesem Derby heißt es, es sei das schwerste der Welt – ich glaube, das stimmt auch.

2023 Staatsmeister im Springen, 2024 Hamburger Derby mit einer tollen Leistung – was haben Sie für die Zukunft noch geplant?

Ich hoffe, ich kann noch ein paar Überraschungen bringen! Ich habe einige selbst gezogene Pferde aufgebaut und werde großartig von Familie Liechtenstein, die jetzt auch in Hamburg mit dabei war, unterstützt. Das ist natürlich toll, und ich werde schon auf dem ein oder anderen Turnierplatz versuchen, die anderen noch ein bisschen zu ärgern!