Ein guter, der jeweiligen Disziplin und ihren Anforderungen entsprechender Boden ist das Um und Auf des Pferdesports – nicht nur der Gesundheit der Pferde wegen, sondern auch, weil die Ausübung dieses Sports überhaupt erst auf geeignetem Untergrund möglich wird. Wer einmal versucht hat, in grundlosem Sand zu laufen oder aus tiefem, gatschigen Morast abzuspringen, weiß, wieviel Energie, Kraft und Substanz dabei verlorengeht. Tatsache aber ist, dass vielen Pferden ein solcher Reitplatzboden zugemutet und ihr Bewegungsapparat dabei nachhaltig geschädigt wird. „Ich halte es daher für überaus sinnvoll, im Vorfeld, bei Planung eines Reitplatzes beratend tätig zu sein, um Fehler ausschließen zu können. Leider werde ich oft erst als Gutachter zugezogen, wenn etwas bereits fehlerhaft ist.“ (DI Peter Gattermann, Direktor des Österreichischen Instituts für Schul- und Sportstättenbau und selbst aktiver Reiter)
Erfahrung macht den Meister
Auch wenn es keine Normen und festgeschriebenen Regeln gibt, wie und aus welchen Materialien ein Außenreitplatz gebaut sein muss, haben sich im Laufe der Jahrzehnte Rezepte herauskristallisiert, die funktionieren. Wir haben mit einigen Experten des Reitplatzbaus gesprochen und sie nach den Geheimnissen ihrer Böden befragt. Wichtigste Erkenntnis aus den Gesprächen: Je mehr man weiß, desto größer wird die Angst, etwas falsch zu machen. „Und jene, die keine Angst haben, die haben keine Ahnung.“ (Dr. Hermann Weiland, deutscher „Boden-Papst“, baute u. a. die Reiterstadien in Linz-Ebelsberg, Wiesbaden, Zagreb und Aachen)
Die folgenden Ausführungen sollen daher nicht als allgemeingültige Patentrezepte für Reitplatzböden verstanden werden, sondern deutlich machen, wie diffizil, schwierig und tückisch das Anlegen eines Reitplatzbodens ist – und ab wann spätestens man den Rat eines Experten einholen sollte.
Das Ideal
Der ideale Untergrund für den Pferdesport – darin sind sich alle einig – wäre ein Rasenplatz. Dieser bietet die Elastizität und Rückfederungseigenschaften, die für den Organismus und den Bewegungsapparat eines Pferdes ideal sind. „Man weiß auch aus der Pferdepsychologie, dass der Rasen vom Pferd gut angenommen wird. Das Pferd hat auf Rasen ein sicheres Gefühl, es weiß genau, dass die Oberfläche hält.“ (DI Gattermann) Nun hat aber ein Rasenplatz auch zwei gravierende Nachteile: Beim Pferdesport kommt eine hohe Masse mit großer Kraft auf einer relativ kleinen Fläche auf – bei einem Sprung über ein Hindernis von 1,5 m z. B. werden aus den 600 kg des Pferdes sechs Tonnen! Bei einem Rasenplatz kommt es – wird er häufig beansprucht – dadurch sehr rasch zu einer starken Bodenverdichtung – die Wurzeln verkümmern und nach kurzer Zeit wächst dort kein Halm mehr. Ein weiteres Problem sind die Scherkräfte, welche die Grasnarbe beschädigen.
Es besteht zwar die Möglichkeit, durch einen speziellen Aufbau wie beim Sandplatz, bei dem der Rasen in ein Sandbett eingesät wird, den Rasen dauerhafter und gegenüber Regen unempfindlicher zu gestalten – für eine Dauernutzung ist aber auch ein solcher Platz nicht geeignet. Ein, zwei Turniere im Jahr hält er bei entsprechender Größe (nicht unter 10.000 m2) und akkurater Pflege wohl aus, für den täglichen Gebrauch ist ein konventioneller Rasenplatz jedoch kaum zu empfehlen.
Armierter Rasen
Wesentlich erhöhen kann man die Widerstandsfähigkeit gegenüber Scherkräften und Verdichtung durch das sogenannte „Netlon® Advanced Turf- System“, bei dem Reflexelemente – kleine Kunststoffgitterstücke aus Polypropylen in der Größe einer Spielkarte – in eine speziell gemischte Rasentragschicht aus ausgesuchten Sanden und Erden eingemischt werden. Dadurch erreicht man eine bessere Druckverteilung und höhere Festigkeit – ähnlich wie durch Stahlmatten in Beton. Die kleinen Gitterstrukturen bewirken durch ihre Federkraft, dass Verdichtungen sich von selbst wieder dehnen. Auch Regen ist damit kein Problem mehr, da das Wasser durch den gelockerten Untergrund schneller abfließt. Dadurch ist eine intensivere Nutzung des Platzes möglich – die Tragfähigkeit wird bis zu 500 % erhöht.
Bewährt hat sich dieses System von kunststoffverstärkter Tragschicht und Strath Ayr™ erdfreiem Fertigrasen vor allem auf großen, internationalen Galopprennbahnen, bei denen die Verschiebung oder Absage eines Rennens Millionenverluste (Dollar!) bedeuten würde. Es sei daher nicht verschwiegen, dass das System nicht ganz billig ist: Pro Quadratmeter muss man mit 600,– bis 800,– Schilling rechnen, rund 400,– Schilling mehr als für gitterlosen Rasen.
Otto Normalverbraucher, der seinen Reitplatz erstens täglich und zweitens kostengünstig benutzen will, wird daher nach einer Alternative Ausschau halten, die griffig, dabei aber auch elastisch, möglichst langlebig sowie witterungsbeständig und nicht allzu teuer ist.
… und das Machbare
Die Alternative zum Rasenplatz schlechthin ist der Allwetter- Sandplatz. Bewährt hat sich hier das „Drei-T-System“ – Tragschicht, Trennschicht, Tretschicht – wie es vor etwa 25 Jahren von Horst Schwab, einem der erfahrensten Reitplatzbauer Europas, entwickelt wurde. Er war übrigens auch der erste, der vor rund 15 Jahren Gummimatten als Trennschicht einführte (die berühmte Power Ground- Matte).
Der Sandplatz hat im Grunde die gleichen Probleme zu lösen wie der Rasenplatz: Er muss das Regenwasser schnell ableiten, den enormen Scherkräften der Pferdehufe widerstehen, damit sich die Tretschicht nicht mit dem Unterbau vermischt, er darf sich nicht zu sehr verdichten, sondern muss seine elastischen Eigenschaften möglichst lange beibehalten. Gleichzeitig darf er aber auch nicht rutschig oder rollig sein, sondern muss dem Pferdehuf griffigen Halt geben. Um all diese Anforderungen erfüllen zu können, bedarf es eines in sich stimmigen Systems, d. h., die einzelnen Reitplatz-Schichten müssen zusammenpassen und als Ganzes zusammenwirken.
Doch kommt es nicht nur auf den Aufbau allein, sondern auch ganz wesentlich auf die verwendeten Materialien an, damit ein Reitplatzboden „funktioniert“. Und nicht zuletzt bedarf es regelmäßiger Pflege, damit der Boden seine positiven Eigenschaften auch möglichst lange behält.
Der Aufbau
Zunächst wird – so vorhanden – die Grasnarbe entfernt und eine Rohplanie geschaffen, die im optimalen Fall ein Gefälle von 1 % aufweist (mindestens 0,8 %, maximal 1,5 %). Auf dieser Planie wird dann der Reitplatz aufgebaut. Die Betonung liegt auf auf, denn der häufigste Fehler in diesem Stadium ist der, dass eine Grube gegraben wird, in welcher der Platz wie in einer Badewanne liegt. Und in Badewannen sammelt sich bekanntlich Wasser – was ja nicht gewünscht ist.
Ist der Mutterboden fest genug, kann direkt auf ihn aufgebaut werden. Sollte es an Festigkeit mangeln, wird eine Trennlage aus einem Straßenbauvlies eingebaut, damit die Hohlräume der Drain-/ Tragschicht nicht im Laufe der Zeit von unten zugedrückt werden.
Vom Untergrund hängt es auch ab, ob Drainagen nötig sind oder nicht. Bei einem Springparcours sollte man Drainagen einbauen, wenn das Wasser mehr als 30 m fließen müsste, bis es abgenommen wird. Ebenso sollte man am tiefsten Punkt des Platzes, dort wo das abgeleitete Wasser zusammenläuft, eine Drainage legen, damit das Wasser schneller abgeführt wird. In einem korrekt aufgebauten Dressurviereck mit Drainschicht kann man meist auf eine zusätzliche Drainage verzichten.
Wesentlich ist die Untergrundbeschaffenheit und Lage des Platzes – deshalb ist es auch wichtig, dass der Reitplatzplaner sich mit den örtlichen Gegebenheiten selbst vertraut macht.
Die Drain-/Tragschicht
Die Drain-/Tragschicht hat zwei wesentliche Aufgaben zu erfüllen: Sie muss dem Reitplatz die nötige Festigkeit geben und das Niederschlagswasser zuverlässig ableiten. Als Material wird gebrochener Schotter (kein Rollschotter!) oder Baurecycling verwendet, auf jeden Fall wasserdurchlässiges Material, das sich ineinander verkeilt und ein hohes Raumvolumen hat. Empfohlen wird eine Körnung 5–45, 5–32, aber auch 16–32, 20–70 oder 20–40 und andere werden verwendet. Die Zahlen geben jeweils den kleinsten bzw. größten Durchmesser der Teilchen in mm an. Das kleinste empfohlene Bruchstück hat demnach z. B. einen Durchmesser von 5 mm, das größte von 45 mm. Welche Körnung genau verwendet wird, hängt vom weiteren Aufbau ab. Wichtig ist in jedem Fall, dass keine Nullanteile, d. h. keine Feinteile, enthalten sind, die die Poren und Hohlräume verstopfen würden.
Die Dicke der Drain-/Tragschicht hängt ebenfalls von der Bodenbeschaffenheit und dem weiteren Aufbau ab, je nach System variiert sie zwischen 15 cm und 30 cm. Nachdem diese Schicht gewalzt oder gerüttelt und somit verfestigt und stabilisiert wurde, kann auf ihr die Trennschicht aufgebaut werden.
Die Trennschicht
Die Aufgabe der Trennschicht besteht darin, eine Vermischung von tragendem Untergrund und Tretschicht zu verhindern, wobei sie Niederschlagswasser durchlassen und ableiten bzw. bis zu einem gewissen Grad auch speichern und wieder an die Tretschicht zurückgeben soll (z. B. bei Gittermatten mit Wasserspeichern), Sand und Feinteile möglichst herausfiltern und damit eine Verstopfung der Drain- Tragschicht verhindern soll. Daher kann man diese Schicht auch als Filterschicht bezeichnen. Zusätzlich soll sie Rückfederung, Stoßdämpfung, Elastizität, aber auch Stabilität, Rutschsicherheit und Scherfestigkeit des Bodens garantieren.
Eine Trennschicht ist unbedingt vonnöten, da die physikalischen Gesetze es so wollen, daß das schwerere grobe Material des Unterbaus mit der Zeit nach oben „herausapern“ und das feine Material der Tretschicht durch Druck und Wasser nach unten durchsickern und damit die Poren der Drainschicht verstopfen würde. Zwar werden immer wieder Zweischicht-Aufbauten versucht – bewährt haben sich diese allerdings nicht.
Bei der Trennschicht werden die ersten wesentlichen Unterschiede zwischen den einzelnen Systemen sichtbar. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, diese Trennschicht mit natürlichen Materialien wie Bitumen oder Asphalt zu konstruieren oder mit unterschiedlichen Kunststoffgittern oder Gummimatten. Endgültig passé dürften wohl Trennschichten aus Vlies sein, die sich nicht bewährt haben: Vor allem dann, wenn sie überlappend und nicht fest miteinander verbunden verlegt werden, besteht die Gefahr, dass sie mit der Zeit hochwandern und der Pferdehuf sich darin verfängt. Auch geschieht es relativ häufig, dass der Huf, mit Eisen und Stollen bewährt, das Gitter verletzt und hängenbleibt – Sehnenabrisse sind oft die Folge.
Bitumen & Asphalt
Lange Jahre galten Asphaltplätze als das Nonplusultra des Reitbodenbaus – und sie finden auch heute im Zeitalter von High-Tech und Kunststoff noch ihre Anhänger – allerdings ausschließlich, so rät Experte Weiland, für Dressurplätze und Trainings-Springplätze. „Für Springturniere mit schnellen Wendungen ist dieser Untergrund einfach zu rutschig.“ Als Argument für den Asphaltboden wird ins Treffen geführt, daß er mit ca. öS 500,–/m2 (Material für den gesamten Aufbau) nach wie vor die kostengünstigste Variante sei und alles erfülle, was eine ordentliche Trennschicht zu erfüllen habe: Zuverlässige Trennung von Unterbau und Tretschicht sowie Wasserdurchlässigkeit. Wichtig ist allerdings, daß man einen wasserdurchlässigen Asphalt verwendet, der als Basis einen grobkörnigen Schotter ohne Feinteilchen hat, wodurch Hohlräume im Korngefüge entstehen. Dieser offenporige Asphalt geht auch ein gute Verbindung mit der Tretschicht ein, der Sand haftet besser am Untergrund. Der Asphalt darf nicht zu dick aufgetragen werden, nicht mehr als fünf bis sechs Zentimeter, damit er bei Bedarf – was nach einigen Jahren durchaus der Fall sein kann – mit Wasserdruck gereinigt werden kann. Um eine ausreichende Entwässerung des Bodens zu garantieren, sollte das Gefälle des Untergrunds von 1 % auch im Asphalt berücksichtigt werden, so daß das Wasser, das nicht durchsickert, seitlich ablaufen kann.
Asphaltboden benötigt einen frostsicheren Unterbau, damit er im Winter nicht auffriert und aufreißt. Ca. 40, besser 50 cm tief sollte dieser sein. Die Tretschicht sollte auch auf einem Asphaltboden nicht dicker als 13 cm sein, bei richtiger Auswahl der Tretschicht und regelmäßiger Pflege ist auch nicht zu befürchten, dass die Pferde auf den Asphalt kommen.
Eine weitere natürliche Variante der Trennschicht wendet z. B. Dr. Hermann Weiland an. Am Beispiel des Springplatzes von Linz-Ebelsberg sei dieser Aufbau kurz vorgestellt:
Die Drain-/Tragschicht von 30 cm Bruchschotter mit 20–40 mm Körnung wird abgewalzt und mit Bitumenemulsion angespritzt, die ein paar Zentimeter tief eindringt und einen wasserdurchlässigen Verbund des Materials schafft. Darauf wird eine zwei Zentimeter dicke Schicht aus Granitgrus oder Quarzsand von 1–3 mm Körnung aufgebracht. Diese Schicht wird in diesem speziellen Fall Filter- oder Verkeilschicht genannt. Darauf wird anschließend die Tretschicht aufgetragen, die in diesem Fall 12 cm dick ist. Die untersten 8 cm bilden eine homogene, feste Schicht, die sich nicht verschiebt, nur die obersten 4 cm sollten sich etwas lostreten und müssen daher täglich planiert werden.
„Ich baue meine Plätze so, dass sie unter extremer Feuchtigkeit am idealsten sind. Denn trockenfönen kann ich sie ja nicht, nass machen aber sehr wohl. Ich baue Allwetterplätze, die viel Feuchtigkeit vertragen, denen man sie aber bei Trockenheit auch zuführen muss, damit sie funktionieren.“ (Weiland) Die wichtigste Rolle dabei spielt der Sand – aber das ist ein Kapitel für sich (im zweiten Teil).
Trotz der Entwicklung von vielgestaltigen Gittermatten und Gummibelägen ist international eine gewisse Tendenz zurück zu natürlichen Stoffen zu bemerken. DI Gattermann – selbst durchaus kein Gegner der modernen Systeme – erklärt sich dies dadurch, dass die Auswirkungen all dieser Systeme auf Bewegung und Gangapparat noch nicht ausreichend wissenschaftlich untersucht wurden. „Referenzgröße ist nach wie vor der Rasenplatz, über den es als einzigen gesicherte Daten gibt. Ob eine größere Elastizität und Stoßdämpfung für die Bewegung und den Bewegungsapparat des Pferdes überhaupt förderlich sind, müsste im Grunde erst genauer untersucht werden.“
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