Ausrüstung

Keine Chance für Satteldiebe

Ein Artikel von Pamela Sladky | 11.09.2015 - 09:49
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Im Schutz der Dunkelheit haben Diebesbanden auf vielen Reitanlagen leichtes Spiel. In den vergangenen Jahren wurde aus Österreichs Ställen Reitsportequipmentim Wert von über einer Million Euro gestohlen. © Elke Hellmich

Ein gut passender Sattel ist meist nicht nur im übertragenen Sinne kostbar. Sättel gehören nach dem Pferd mit zu den teuersten Anschaffungen, die man als Reiter tätigt. Wenn es um hochwertige Markenware geht, klettern die Kosten schnell in schwindelerregende Höhen, Preise von mehreren tausend Euro sind keine Seltenheit. Dank ihrer guten Haltbarkeit erzielen Reitsättel oft auch nach jahrelanger Nutzung im Wiederverkauf hohe Preise. Dass in vielen Sattelkammern ein kleines Vermögen häufig völlig ungesichert schlummert, wissen auch findige Satteldiebe. Längst greifen die Langfinger nicht mehr nach jedem x-beliebigen Sattel, sondern halten gezielt nach hochwertigem Reitsportzubehör Ausschau, das anschließend meist im Ausland wieder in Umlauf gebracht wird. In den vergangenen Jahren wurden in Österreichs Ställen zahlreiche Einbruchsdiebstähle und klassische Diebstähle verübt. Der dabei entstandene Schaden ist beträchtlich und hat mittlerweile die Millionen-Euro-Grenze überschritten.

Eine Analyse der Vorgehensweise macht schnell klar: Hier sind keine Gelegenheitsdiebe am Werk, die mal eben auf die Schnelle einen Sattel mitgehen lassen – obwohl es natürlich auch das gibt. Vielmehr handelt es sich in vielen Fällen um gewissenhaft vorbereitete Aktionen organisierter Banden.

Gelegenheit macht Diebe

Dass sich Reitställe mittlerweile als beliebtes Ziel für Einbruchsdiebstähle etabliert haben, ist sicherlich zu einem großen Teil dem Umstand geschuldet, dass sie in der Regel ein dankbares Ziel abgeben. Häufig in Alleinlage, uneingezäunt und nachts meist menschenleer, haben Diebe hier leichtes Spiel. „In vielen Reitbetrieben wird der Umgang mit der Sicherheit völlig locker gehandhabt. Eine große Zahl der Sattelkammern ist noch nicht einmal ordentlich versperrt. Da gibt es vielleicht ein Sicherheitsschloss, das dann gar nicht zugedrückt wird“, bestätigt Regierungsrat Dietrich Sifkovits vom Bundeskriminalamt Wien. „In solchen Fällen muss sich dann der Stallbetreiber allerdings mit der Versicherung herumschlagen. Die zahlt nämlich nur, wenn das Equipment ordnungsgemäß versperrt wurde. Andernfalls ist der Schaden nicht gedeckt.“

Die Banden, die bei ihren Aktionen arbeitsteilig vorgehen, kennen ihren späteren Tatort meist ganz genau und wissen nur zu gut, wo die besonders wertvollen Stücke zu holen sind. Dazu werden die örtlichen Gegebenheiten inklusive möglicher Sicherheitseinrichtungen im Vorfeld durch Kundschafter ausspioniert. Keine besondere Herausforderung für die Ganoven, denn in Ställen sind Fremde nicht ungewöhnlich, und je größer der Hof, desto weniger fallen unbekannte Gesichter auf. Unter dem Vorwand, auf Stallsuche zu sein, sich für eine Mitreitgelegenheit zu interessieren oder sich als neuer Futterlieferant bewerben zu wollen, erhalten die Diebe auf einfache Art und Weise Zugang zum Stallareal und lassen sich nicht selten von Einstellern oder dem Stalleigentümer sogar die gesamte Anlage zeigen. Den perfekten Rahmen für Erkundungstouren bieten Turniere. Im allgemeinen Trubel einer Pferdesportveranstaltung befinden sich viele stallfremde Personen auf dem Gelände – da fällt der eine oder andere mehr nicht weiter auf.
 

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Im allgemeinen Turniertrubel fallen stallfremde Personen nicht auf. Ideale Bedingungen für Diebe, um sich einen Überblick die örtlichen Gegebenheiten zu verschaffen.
© www.slawik.com

Wenige Nächte später passiert es dann – und am Morgen danach folgt die böse Überraschung: Die Sattelkammer wurde leergeräumt – Sättel, Geschirre und Zäume mit der Schubkarre aus dem Stall befördert und in unweit entfernt abgestellte Kraftfahrzeuge verladen. Bis der Schaden bemerkt wird, sind die Diebe mit der Ware über alle Berge.

Diese Erfahrung musste auch das Team des Therapiezentrums Schottenhof in Wien 14 machen. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion wurden sämtliche Sättel und Zäume der Therapiepferde entwendet. Der Betrieb stand plötzlich ohne Ausrüstung, dafür aber mit einem enormen finanziellen Schaden da. „Uns ist vor dem Diebstahl nichts Ungewöhnliches aufgefallen. Allerdings kommen zu uns sehr viele Menschen, die etwas über unsere Arbeit wissen möchten. Wir zeigen vielen an Tiergestützter Pädagogik interessierten Menschen unser Zentrum“, erklärt Ina Keckstein vom Schottenhof-Team. Wie in vielen anderen Betrieben war auch die Sattelkammer des Therapiezentrums nicht besonders gesichert. Ein fataler Fehler, wie sich später herausstellte. Reitequipment im Wert von 12.000 Euro wurde entwendet, eine Katastrophe für das Zentrum, das zur Aufrechterhaltung des Betriebes ohnedies auf Spendengelder angewiesen ist. In Zukunft will der Schottenhof es den Dieben deutlich schwerer machen: „Die Sattelkammer ist seither immer versperrt, wir haben nun mehrere Schlösser –  außerdem haben wir eine Videokamera und eine Alarmanlage installieren lassen und zusätzlich eine Versicherung abgeschlossen“, so Keckstein. Von den Tätern fehlt bis heute jede Spur.

Arbeitsgemeinschaft gegen Sattelklau

Als Reaktion auf die wachsende Zahl von Satteldiebstählen hat der Österreichische Pferdesportverband (OEPS) in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftskammer Österreich – Sparte Sportartikel, den Ländlichen, der Zentralen Arbeitsgemeinschaft österreichischer Pferdezüchter (ZAP) sowie allen betroffenen Landeskriminalämtern im Oktober 2012 eine Kooperation vereinbart und unter der Leitung von RR Dietrich Sifkovits die Arbeitsgruppe Reitsättel, kurz „AG Reitsättel“ gegründet. Ihr Ziel ist die Ausforschung und Zerschlagung der Tätergruppen. „Die Ställe müssen es den Dieben schwerer machen, bei ihnen zu stehlen,“ so der Grundtenor. Im Zuge einer Sensibilisierungskampagne wurde deshalb in einem ersten Schritt versucht, die Betriebe gezielt mit Informationen zu versorgen, um sich künftig besser schützen zu können.

Im Jänner 2015 gab es schließlich den ersten großen Erfolg zu vermelden. Gemeinsam mit den polnischen Behörden konnte eine mehrköpfige Tätergruppe ausgeforscht werden, die zumindest mit einem Einbruchsdiebstahl im Mai 2013 in Tirol eindeutig in Verbindung gebracht werden konnte. Bei den Tätern wurden zahlreiche Reitsättel und anderes Zubehör vorgefunden und sicher gestellt.  

Sicherheitsupdate für den Stall

Damit man das eigene Reitequipment erst gar nicht erst auf Fahndungsseiten suchen muss, ist Vorsorge angesagt. Ein Sicherheitsupdate muss nicht unbedingt kostenintensiv sein, oft sind es schon einige wenige Maßnahmen, die einen Reitstall für Diebesbanden unattraktiv machen. Ein gut ausgeleuchtetes Gelände wirkt abschreckend, eine Außenbeleuchtung mit Bewegungsmeldern ist leicht anzubringen und bei Einbrechern wenig beliebt.

Bei jedem Einbruch spielt Zeit eine entscheidende Rolle. Einbrecher haben keine. Lassen sich Türen oder Fenster nicht innerhalb von ein bis zwei Minuten aufhebeln, ziehen viele unverrichteter Dinge von dannen. Darin liegt auch die Chance für Reitstallbesitzer. Türen und Fenster sollten im Idealfall so sicher sein, dass sie Meißel, Schraubenzieher und Bohrer möglichst lange standhalten. Einen guten Schutz bieten einbruchhemmende Türen. Oft stellen sie ein so großes Hindernis dar, dass die ungebetenen Gäste vor der Tat zurückschrecken oder aufgeben. Die Kosten für eine solche Türe der – von der Polizei meist empfohlenen – Sicherheitsstufe 3 schlagen mit 1000 bis 2500 Euro zu Buche. Lässt sich die Sattelkammer nur mittels eines Vorhängeschlosses versperren, sollte zumindest auf Schlösser mit hohem Sicherheitsgrad wie beispielsweise Diskusschlösser zurückgegriffen werden. Dabei sollte allerdings bedacht werden, dass jeder Schutz nur so gut ist wie das schwächste Glied in der Kette. Das schließt auch Türrahmen, Scharniere usw. mit ein.

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Versperrbare Sattelhalter wie dieses Modell von Loesdau halten professionelle Diebesbanden nicht vom Sattelklau ab, bieten aber einen wirksamen Schutz vor Gelegenheitsdieben, die mal eben auf die Schnelle eine Sattel mitgehen lassen wollen. © Loesdau

Zusätzliche Sicherheit bringen versperrbare Sattelschränke, und auch abschließbare Sattelhalter leisten gute Dienste. Selbst wenn sie für Profis kein unüberwindbares Hindernis darstellen, kostet die Demontage Zeit, die Diebe in den wenigsten Fällen aufbringen wollen. Durch die Anbringung von fest verankerten Schutzgittern an den Fenstern der Sattelkammer lässt sich der Zugang zu wertvollem Reitequipment extra erschweren.

Mechanische Alarmsysteme zur Sicherung von Türen und Fenster sind schon für relativ wenig Geld zu haben. Wird bei einem Einbruch die Tür oder das Fenster gewaltsam geöffnet, löst ein Magnetkontakt optischen und akustischen Alarm aus.

Überwachungskameras (hierbei genügen schon einfache Wildkameras, die für relativ wenig Geld zu haben sind) wirken abschreckend und zeichnen im Ernstfall die Gesichter der Täter auf. Im Außenbereich (z. B. an Zufahrtswegen) montiert, lassen sich derart auch die Fahrzeuge der Tätergruppen identifizieren.

Der beste Schutz ist allerdings Wachsamkeit, so Dietrich Sifkovits. „Wer sich effizient schützen will, sollte vor allem die Augen offen halten. Wenn sich jemand auffällig mehr für den Stall interessiert als für die Pferde, kann es sinnvoll sein, Fotos zu machen oder sich das Kennzeichen des zugehörigen Autos zu notieren. Gerade bei Turnieren sollte man hier besondere Aufmerksamkeit walten lassen und im Verdachtsfall den Stallbetreiber oder Veranstalter informieren.“

Registriert und versichert

Für den Fall, dass der Sattel trotz aller Sicherheitsmaßnahmen doch einmal geklaut wird, ist es gut, eine Versicherung zu haben, die zumindest den finanziellen Schaden abdeckt. Spätestens jetzt stellt sich auch die Frage nach der Haftung. Auch wenn dieses Thema im Rahmen des Einstellvertrages genau geregelt sein sollte, zeigt die Praxis, dass dem leider häufig nicht so ist. Der Stallbetreiber kann das Reitequipment seiner Einsteller über die Betriebshaftpflichtversicherung mitversichern lassen – muss er aber nicht. „Unsere Erfahrung ist, dass die Sättel der Einsteller in den wenigsten Pensionsbetrieben mitversichert sind“, weiß Daniela Bossler vom steirischen Versicherungsbüro List. Aus diesem Grund ist es besonders bei sehr teuren Sätteln sinnvoll, selbst für den nötigen Versicherungsschutz zu sorgen.

Gewöhnliche Haushaltsversicherungen umfassen meist nur Gegenstände, die sich in den eigenen vier Wänden bzw. einem dazugehörenden Nebengebäude befinden. Ist der Sattel nicht nur vorübergehend, sondern länger an einem anderen Ort (meist der Reitstall) verwahrt, ist die normale Haushaltsversicherung nicht eintrittspflichtig, außer, das Pferdesportzubehör wurde zuvor im Rahmen einer zugehörigen Außenversicherung explizit mitversichert. Einige Versicherungsunternehmen bieten zudem spezielle Sattelversicherungen an, die konkret auf die Bedürfnisse von Reitern zugeschnitten sind. Diese bietet nicht nur Schutz im Fall eines Einbruchsdiebstahles im Stall sondern auch, wenn der Sattel auf einem Turnier aus dem versperrten Auto oder Anhänger entwendet wird. „Wir empfehlen eine Sattelversicherung vor allem bei hochwertigen Sätteln und Reitern, die viel auf Turnieren unterwegs sind – aber auch Einstellern, die ihr Pferd im bevorzugten Einzugsgebiet der Diebesbanden untergebracht haben. Das sind aktuell die Bundesländer Niederösterreich, Steiermark, Burgenland, Kärnten, Oberösterreich, Salzburg und Wien“, so Bossler. Die Kosten einer solchen Versicherung bewegen sich je nach Versicherungssumme zwischen 3,70 Euro und rund 18 Euro im Monat. „Bei Einstellkosten um die 300 Euro fallen zusätzliche 7 Euro für die Sattelversicherung nicht mehr sonderlich ins Gewicht, und man ist einfach abgesichert für den Fall, dass etwas passiert“, meint die Versicherungsexpertin. Auf jeden Fall empfiehlt es sich, die Anschaffungsrechnungen immer aufzuheben, damit man im Schadensfall alle Kosten belegen kann.

Auch wenn gestohlene Sättel durch die Polizei sichergestellt werden, gestaltet sich die Rückgabe an die Besitzer oft schwierig bis unmöglich. Entweder können die Sättel nicht identifiziert werden oder der Eigentümer kann den Besitz nicht eindeutig nachweisen. Abhilfe schafft in solchen Fällen eine Registrierung des Sattels. Der OEPS empfiehlt in diesem Zusammenhang fase24. Die Registrierungsdatenbank, die seit 2006 als Bestandteil der europäischen Kriminalprävention genutzt wird, wurde 2012 um ein Reitsportmodul erweitert. Seither können alle Sättel und anderes hochwertiges Reitsportzubehör anhand der ausgewiesenen Seriennummern zentral registriert werden. Die Kosten belaufen sich pro Sattel auf 8 Euro für eine unbegrenzte Registrierungsdauer. OEPS-Präsidentin Elisabeth Max-Theurer ging bereits mit gutem Beispiel voran – sie ließ alle ihre Sättel registrieren.

Eine weitere Möglichkeit, gestohlene Sättel leichter wiederzufinden, bestünde mittels GPS. „Ein GPS-Sender, der es einem ermöglicht, jederzeit mit dem eigenen Handy abzufragen, wo sich der Sattel befindet, wäre sicherlich für die Zukunft anzudenken, wobei in diesem Bereich vorab noch einige Fragen geklärt werden müssen“, meint RR Dietrich Sifkovits.

Was tun, wenn’s doch passiert ist?

Wurde bei Ihnen im Stall eingebrochen durchsuchen Sie keinesfalls selbst den Tatort, sondern lassen Sie alles so, wie Sie es vorgefunden haben. Verständigen Sie umgehend die Polizei. Sobald die Exekutive eingetroffen ist, wird eine Bestandsausnahme gemacht und ggf. Spuren und Beweise gesichert. Jetzt ist auch der richtige Zeitpunkt gekommen, eine Strafanzeige zu stellen. Sie ist nötig, damit die Versicherung den entstandenen Schäden übernimmt. Fertigen Sie eine Liste mit allem an, was entwendet wurde. Diese wird von der Polizei mit einem offiziellen Aktenzeichen versehen, ehe beides an die Versicherungsgesellschaft weitergeleitet wird. Ein Gutachter wird sich in den nachfolgenden Tagen ein Bild von den Gegebenheiten vor Ort machen und prüfen, ob tatsächlich ein Versicherungsfall vorliegt. Können beispielsweise keine Einbruchsspuren gefunden werden, gehen Versicherungen in der Regel davon aus, dass die Räumlichkeiten nicht ordentlich versperrt waren – dies bedeutet eine Verletzung der Sicherheitsvorschriften und zieht häufig eine Leistungsfreiheit nach sich – was bedeutet, dass die Bestohlenen auf ihrem Schaden sitzen bleiben, der Versicherer zahlt in solch einem Fall nämlich nur höchst selten.

Und selbst wenn der finanzielle Schaden ersetzt oder zumindest gemildert wird: Den oft lange gesuchten, sorgfältig angepassten und gut eingerittenen Sattel bringt auch die beste Versicherung nicht wieder. Umso mehr sollte man sein teures Equipment schon im Vorfeld gut schützen, damit es gar nicht erst abhanden kommt.