WARM DURCH DEN WINTER

Reiten mit Rock: Nie mehr frieren auf dem Pferd

Ein Artikel von Claudia Götz | 24.01.2022 - 14:40
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Reitröcke liegen voll im Trend. Im Bild: Modell Nele von Hommi aus doppellagigem Fleece   © privat

Wer meint, ein Reitrock sei nur für Barockreiter:innen, der irrt. Moderne Reitröcke sind perfekt für alle Verfrorenen im Sattel. Denn sie funktionieren quasi wie Eierwärmer: Die Eigenwärme von Mensch und Pferd unter einem dichten oder sogar mehrlagigen Gewebe sorgt dafür, dass nichts auskühlt – vor allem die Beine der Reiter:innen nicht.

Ein Reitrock-Urgestein – und eine, die wissen muss, wofür er gut ist – ist die Gründerin der Marke Hommi® Silke Kern: „Ein Reitrock ist in erster Linie für alle, die nicht mehr auf dem Pferd frieren oder nass werden wollen, oder für Menschen, die kältebedingt Knieprobleme haben und diese mit dem Rock schützen wollen“, erklärt sie. „Manche wollen zusätzlich den Rücken des Pferdes warm und trocken halten, andere wiederum wollen nicht nur wetterfest gekleidet sein, sondern lieben es, im Rock zu reiten, farblich passend zum Pferd.“

Und nicht nur das: Auch auf dem Kutschbock oder beim Hundespaziergang macht der Reitrock eine gute Figur und sorgt dafür, dass die Wärme dort bleibt, wo sie sein soll, nämlich am Körper. „Einfach über eine Jeans gezogen, mit Stiefeln dazu, schon hat man einen tollen Look“, schwärmt Kern. Sie selbst kam durch einen für Nordrhein-Westfalen ungewöhnlich kalten Winter auf den Rock: „Wir hatten schon sechs Wochen eine richtige Eiseskälte und eine durchgehende Schneedecke. Mir war auf dem Pferd furchtbar kalt, und ich fand es total unpraktisch, mich immer mit einer ständig verrutschenden Abschwitzdecke einzupacken, diese unters Knie zu klemmen, um mich damit irgendwie warm zu halten. Und in Thermoreithosen fühlte ich mich eingeengt.“

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Ein Reitrock hält nicht nur die Reiterin warm, auch das Pferd hat etwas davon. Im Bild: Thermoreitrock von Covalliero
© Albert Kerbl GmbH

Da es zu diesem Zeitpunkt noch keine Reitröcke als funktionale Outdoorbekleidung gab, setzte sie sich an die Nähmaschine: „Aus zwei Lagen Fleece entstand mein erster Reitrock.“ Im Stall kam ihre Idee gut an, und man ermutigte sie, damit auf den Markt zu gehen – der Hommi® war geboren. Er ist rundherum geschlossen, weil er – von oben betrachtet – aus einem einzigen ovalen Stück Stoff besteht, mit einem Loch in der Mitte, in das ein hoher elastischer Bund eingenäht ist. So ergibt sich ein weit schwingender Tellerrock, der allein durch die eingeschlossene Luft und das reichliche Material sehr warm hält.


Materialien und Varianten

Die Reitröcke von Kern zeigen die ganze Bandbreite an Materialien, die es heute auf dem Markt gibt – auch mit anderen Schnitten. Sehr beliebt ist bei ihr ein sogenanntes Drei-Lagen-Laminat – Funktionssoftshell, das eine extrem hohe Wasserdichtigkeit (10.000 mm nach ISO 811) hat und aus einer wasserabweisenden Schicht aus Glattjersey außen, einer wärmenden Fleeceschicht innen und dazwischen einer winddichten Membran besteht, dabei aber atmungsaktiv ist. „Diesen Rock habe ich zusätzlich am Saum mit einer Reflektorpaspel versehen, um in der dunkleren Jahreszeit mehr Sicherheit zu geben“, so Kern, die grundsätzlich gerne auch auf Kundenwünsche eingeht. „Von diesen Röcken kann man Schmutz auf der Außenseite einfach mit einem feuchten Tuch abwischen. Eine verschmutzte Innenseite lässt man trocknen und bürstet sie dann ab. Haare, Heu und Stroh bleiben so gut wie nicht hängen“, erklärt Kern.

Sie verkauft übrigens nicht nur nach Österreich, sie bezieht aus Tirol auch einen sehr hochwertigen Walkloden für ihre Röcke: „Dieser ist aus reiner Schurwolle sehr dicht gewebt und gewalkt und dadurch hervorragend wärmend, isolierend und schmutzabweisend.“ Wolle ist ein natürliches Material, das beste Klimaeigenschaften mitbringt. Ein Walkloden-Reitrock ist atmungsaktiv und windabweisend und kann sehr viel Wasser aufnehmen, ohne sich nass anzufühlen. „Walkloden nimmt weder Stall- noch Pferdegeruch an“, so Kern, „allerdings ist er etwas empfindlich gegen Heu und Stroh und sollte nicht unbedingt beim Putzen während des Fellwechsels getragen werden. Mit etwas Geduld lassen sich Haare und Heu aber wieder herausbürsten.“ Außerdem gibt es Reitröcke aus Fleece oder gewachster Baumwolle. Nicht wenige nähen ihre Reitröcke übrigens selbst – Anleitungen dazu findet man im Netz reichlich (z. B. tinyurl.com/pr6uat7t oder tinyurl.com/4pvjchuw).

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Reitröcke machen auch ohne Pferd eine gute Figur. Im Bild der Thermoreitrock von Covalliero.
© Albert Kerbl GmbH

Für Bruno Mautendorfer, Bereichsleiter Reitsport bei Kerbl, liegt der große Vorteil eines Reitrocks darin, dass er nicht nur Schutz vor Kälte und Nässe bietet, „sondern auch den/die Reiter:in nah am Pferd belässt.“ Etwas, das Überziehhosen oder Sattelüberzüge aus Fell oder Fleece beides in der Form nicht bieten. Unter der Marke Covalliero hat Kerbl einen Reitrock entwickelt, der vom Schnitt her anders konzipiert ist als die Modelle, die aus einem ovalen Stück Stoff gearbeitet werden: Er ist vorne überlappend geschnitten und hat Beinschlaufen, damit er auch bei höheren Gangarten dort liegen bliebt, wo er gebraucht wird: auf den Beinen, die er wärmt und trocken hält. „Uns war zudem wichtig, dass der Schnitt die Reiter:innen nicht einschränkt. Wir haben mit dem Rock einen Vorschlag einer Reiterin aufgegriffen, als wir in der Orientierungsphase für diese Art Produkt waren“, erklärt Mautendorfer weiter. „Nun haben wir einen Reitrock, der im Nierenbereich einen breiten Fleecebund hat, atmungsaktiv, winddicht und regendicht ist (5000 mm Wassersäule). Zudem ist er einfach in der Maschine waschbar und preislich im Rahmen“, fasst Mautendorfer zusammen.
 

Worauf man beim Kauf achten sollte

Wer sich für einen Reitrock interessiert, sollte sich zunächst fragen, wofür er ihn einsetzen möchte. Wer nur einen komfortableren Ersatz für die Abschwitzdecke zum Aufwärmen und fürs Cooldown in der Halle sucht, der wird eher ein leichteres Modell wählen, das sich schnell und einfach an- und ausziehen lässt und das auch nicht zwingend wasserdicht sein muss. Wer allerdings gerne auch im Winter bei Wind und Wetter ausreitet, wer zudem auf dem Außenplatz Bodenarbeit machen möchte, der ist mit einem stark wärmenden, wasserdichten Modell am besten bedient. Wichtig ist, dass man beim Gehen nicht auf den Saum tritt. Beim Hommi® ist das durch den Schnitt gelöst: „Er ist vorne und hinten kürzer als an den Seiten, damit stört er nicht beim Gehen und verfängt sich nicht in den Hacken“, erklärt Kern. Fürs Pferd gilt: „Die meisten kennen Abschwitz- oder Regendecken, somit sollte ein Reitrock auch kein Problem darstellen. Ein sehr schreckhaftes Pferd sollte man damit vertraut machen.“ Übrigens: Sogar Männer haben bei ihr schon Reitröcke für sich bestellt: „Zwar nur vereinzelt, aber ich finde, auch Männer können Röcke tragen. Mich würde es freuen, wenn noch mehr auf den Geschmack kommen würden.“ Damit ist sie sicher nicht alleine.