Verhalten

Positive Begegnungen prägen Beziehungen zwischen Pferden und Menschen nachhaltig

Ein Artikel von Pamela Sladky | 16.04.2015 - 10:47
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Wer sein Pferd gut behandelt, kann in ihm einen seiner loyalsten Langzeit-Freunde finden. © lovinghorses - Fotolia.com

Pferde sind Freunde von dauerhaften Beziehungen, das hat die Natur so eingerichtet. In freier Wildbahn sind es vor allem Familienmitglieder, zu denen Pferde ein ganz besonderes Naheverhältnis pflegen. Dieses kann bisweilen sogar ein Leben lang anhalten. Selbst im Fall einer jahrelangen Trennung sind Pferde in der Lage ehemalige Freunde sofort zu identifizieren und die positive Beziehung unmittelbar fortzuführen. Diese Beobachtungen lassen darauf schließen, dass Pferde über ein außerordentlich gutes Langzeitgedächtnis hinsichtlich ihrer sozialen Verbindungen verfügen.  

Auch artübergreifend sind Pferde in der Lage Freundschaften zu schließen und sich ihrer über Jahre hinweg zu erinnern. Zu diesem Ergebnis kam die französische Verhaltensforscherin Carol Sankey, die im Rahmen einer Studie 20 Anglo-Araber und drei französische Warmblüter (15 Stuten, 8 Wallache) im Alter von einem Jahr, auf einem Pferdegut im französischen Chamberet auf ihre Gedächtnisleistung hin untersuchte.

In einem 41 Schritte umfassenden Trainingsprogramm wurden die Jährlinge täglich fünf Minuten lang mit der üblichen Pflege bzw. medizinischen Versorgung konfrontiert. So lernten die Pferde auf Stimmkommando stillzustehen, nach Aufforderung ihre Hufe zu geben, ein Thermometer in ihr Rektum einführen zu lassen und dergleichen. Elf der Pferde wurden für positives Verhalten mit Futtergaben belohnt, die übrigen zwölf Pferde erhielten kein positives Feedback für gutes Benehmen. Obwohl alle Pferde am Ende des Versuchszeitraumes gelernt hatten auf Anordnung hin für die verlangte Zeit stillzustehen, lernten die mit Futtergaben belohnten Pferde nicht nur deutlich schneller als ihre Kollegen, sie zeigten auch mehr freundschaftliche Verhaltensweisen gegenüber der Trainerin. In der Kontrollgruppe trat negatives Verhalten in Form von Beißen oder Treten hingegen vier bis sechsmal häufiger auf als in der Belohnungs-Gruppe.

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Pferde können lebenslange Freundschaften pflegen, nicht nur mit Artgenossen, auch mit Menschen. © Petra Eckerl - fotolia.com

Bindung bleibt trotz Trennung bestehen

Auch nach sechsmonatiger Unterbrechung des Trainingsprogramms behielten die mit positiver Verstärkung trainierten Pferde eine stärkere Verbundenheit zu ihrer Trainerin. Sie hatten nicht nur die angenehmen Erfahrungen, sondern auch die damit in Verbindung stehende Person nicht vergessen. In einem weiteren, zwei Monate später durchgeführten  Testlauf mit einer fremden Person, erwies sich die Belohnungs-Gruppe als deutlich aufgeschlossener, was darauf hindeutet, dass die Jungpferde Menschen ganz generell als positiv abgespeichert hatten.

„Nach unseren Ergebnissen verhalten sich Pferde – wenn es um Lernen mit Belohnungen geht – nicht grundsätzlich anders, als wir es aus der menschlichen Lernpsychologie kennen. Sie lernen und erinnern sich besser, wenn Lernen mit einer positiven Situation verbunden ist – genauso ist es auch beim Menschen“, resümiert Carol Sankey.

„Unsere Studie bestätigt, dass Beziehungen durch wiederholte Interaktionen entstehen, deren Art die Qualität des Verhältnisses zueinander maßgeblich beeinflusst." Diese Prinzipien gelten auch für artübergreifende Beziehungen. Haben sich diese erst einmal gefestigt, bleibt die Bindung selbst über eine lange andauernde Trennung hinweg erhalten. Diese Erkenntnisse bescheinigen den Pferden bemerkenswerte Fähigkeiten zur sozialen Wahrnehmung - nicht nur im Zusammenhang mit Artgenossen, sondern auch mit dem Menschen.