Ob im Gelände, in der Halle oder auf dem Platz, mit und ohne Hanglage oder Cavaletti: Timing ist beim Intervalltraining alles! ©www.Slawik.com
Wenig Zeit zu haben, scheint das große Laster unserer Gesellschaft zu sein. Trotz immer mehr Helferlein, die uns den Alltag erleichtern, wird es gefühlt immer schwieriger, alle unsere Aufgaben täglich unterzubringen. Gerade ein Pferd (oder womöglich mehrere) stellt uns da vor große Herausforderungen. Eine besonders effektive Methode vernünftiges Training bei vergleichsweise wenig Zeitaufwand zu leisten, ist das Intervalltraining.
In der Kürze liegt die Würze
Die Wurzeln des Intervalltrainings liegen im Laufsport, ca. in den 1910er-Jahren. Hier wurde es erstmals von einem finnischen Läufer, Hannes Kolehmainen, erfolgreich eingesetzt. In den 70er-Jahren entwickelte der Japaner Dr. Izumi Tabata das nach ihm benannte Tabata-Protokoll – auf dessen Idee beispielweise die zeitliche Komponente der Equikinetic basiert.
KURZ, KNACKIG, NACHHALTIG
Pferdefitness im Quadrat
Minimaler Aufwand, maximales Ergebnis: Ein solches Training wünscht sich vermutlich jeder – egal ob für sich selbst oder fürs Pferd. Die vom deutschen Horseman Michael Geitner entwickelte Equikinetic kommt diesem Ideal schon sehr nahe. Mehr lesen ...
Das Grundprinzip ist sehr einfach: Kurze Belastungsintervalle wechseln sich mit ebenfalls kurzen Pausephasen ab, in denen sich das Herz-Kreislaufsystem nicht vollständig erholen kann. Je nach Intervallart steigern sich dadurch Geschwindigkeit und Gesamtbelastbarkeit. Ein angenehmer Nebeneffekt: Man verbrennt in kurzer Zeit verhältnismäßig viele Kalorien.
Gerade für Pferde, die etwas zu viel auf den Rippen haben, ist Intervalltraining ideal. Statt stundenlangem Schrittgehen oder Reiten, wozu uns meist einfach die Zeit fehlt und vielleicht auch mitunter die Geduld und das Gelände, kann ich in einer Stunde locker einen tollen Verbrennungseffekt in Gang setzen. Dazu gibt es mehrere Möglichkeiten.
Für Pferde mit wenig Grundkondition kann es schon ausreichen, fünf Minuten am stück zu traben, zwei Munuten zu pausieren und dann wieder fünf Minuten zu traben. © Christiane Slawik www.slawik.com
… in der Halle oder auf dem Platz
Für Pferde mit wenig Grundkondition kann es schon ausreichen, fünf Minuten am Stück zu traben, zwei Minuten zu pausieren, dann wieder fünf Minuten zu traben. Wichtig: flottes, lockeres Tempo, und unbedingt mit Timer. Wir Menschen können nämlich eines wirklich schlecht: Zeit schätzen. Fünf Minuten können sich ganz unterschiedlich lange anfühlen. Bahnfiguren können nach Lust und Laune eingebaut werden, wichtig ist es, das Tempo und die Gangart beizubehalten. Zu Beginn können schon diese zehn Minuten Trab insgesamt reichen – das Pferd sollte jedenfalls eine merkbar erhöhte Atemfrequenz zeigen. In weiterer Folge kann die Anzahl der Intervalle erhöht werden, z. B. auch vier mal vier Minuten mit nur einer Minute Pause. Wenn das gut klappt – meist passiert die Adaptierung bei regelmäßigem Training recht rasch – kommt auch der Galopp hinzu. Für ein gesundes Pferd sollten zehn Minuten im Galopp im Arbeitstempo am Stück gut möglich sein. Wer darauf erst hinarbeitet, beginnt auch hier einmal mit drei Minuten, steigert dann auf vier usw.
Eine weitere Möglichkeit, die Intensität zu steigern und auch eine Kraftkomponente dazu zu nehmen, ist mit Stangen und Cavaletti zu arbeiten. Dafür sollten die Pferde aber bereits entsprechend trainiert sein.
Eine schöne Unterstützung bietet auch Musik – damit wird es gleich spaßiger, und so manch finsteres Wintertraining zu einem erfreulichen Erlebnis.
… im Gelände
Im Gelände eignet sich jede Art von Steigung hervorragend dafür, sie mehrmals zu erklimmen. Wenn es sich um längere, steile Stücke handelt, ist schon das Klettern im Schritt nicht nur eine Herausforderung für die Kondition, sondern auch für die Muskulatur und die Koordination. Wenn man als Reiter:in dann vielleicht noch zu Fuß geht, kommt nicht nur das Pferd ins Schwitzen. Hier gibt die Natur das Intervall meist vor: einmal bergauf und wieder runter ergibt schöne Be- und Entlastung. Für Fortgeschrittene oder bei leichten Steigungen eignen sich auch Trab oder Galopp wunderbar: rasches Bergauf und gemütliches Bergab. Pferde begreifen dieses Spiel recht schnell und finden auch durchaus ihren Spaß daran. Die Wegstrecke zum Ort des Intervalltrainings dient dann auch dem Warm-up und Cool-down.
Steht tatsächlich nur ebenes Gelände zur Verfügung, kann draußen dasselbe Schema wie in der Halle umgesetzt werden.
TRAINIEREN MIT INGRID KLIMKE
Reiten am Hang: Ganzkörper-Workout für Pferde
Wenn es um den Muskelaufbau beim Pferd geht – und hier speziell um den Bereich Bauch, Rücken und Hinterhand – dann wird eine Trainingsform besonders häufig genannt: das Reiten in hügeligem Gelände. Im Bergauf und Bergab wird die Muskulatur des Pferdes auf vielfältige und ganz natürliche Weise gekräftigt, und dazu Kondition aufgebaut und Balance und Geschicklichkeit verbessert - das ultimative Ganzkörper-Workout für Pferde! Mehr lesen ...
Wichtig: Aufwärmen nicht vergessen!
Wichtige Grundlage für jegliches Intervalltraining ist ausreichendes Aufwärmen. Ausreichend – das heißt mindestens 20 Minuten fleißiger Schritt, auch wenn das Pferd von der Koppel kommt. Auch als Reiter:in kann es da sinnvoll sein, die ersten zehn Minuten zu Fuß zu absolvieren. Schrittarbeit wie Seitengänge, Rückwärtsrichten und Ähnliches einbauen! Beim Aufwärmen Zeit sparen zu wollen, kann und wird irgendwann zu Lasten der schlecht durchbluteten Strukturen wie Gelenke und Sehnen gehen. Da bieten auch das Bandagieren oder eine Magnetfelddecke keine Abkürzung.
Im Idealfall sieht eine Intervalleinheit dann in etwas so aus:
- 20 Minuten Aufwärmen
- 20 bis 30 Minuten Arbeitsphase
- 10 bis 15 Minuten Cool-down.
Mit einzuberechnen ist auch, dass die Pferde bei intensiven Einheiten mehr schwitzen bzw. auch noch nachschwitzen können. Für den Zeitplan ist evtl. auch der nach dem Training nötige zeitliche Abstand zu einer Kraftfuttergabe (ca. 30 Minuten) relevant – das gilt vor allem bei hoher Belastung.
Insgesamt kann man anfangs zumindest ein Intervalltraining pro Woche einbauen, später dann auch gerne zwei, z. B. einmal im Gelände und einmal in der Halle. Wer’s probiert, wird schnell auf den Geschmack kommen!