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Mythen entlarvt: Drei Märchen über das Leichttraben

Ein Artikel von Redaktion | 20.08.2025 - 09:48
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1. „Die Steigbügel müssen fürs Leichttraben kürzer geschnallt werden.“

Unsere Experten sagen nein. Alle sind sich einig, dass zu lang geschnallte Steigbügel eine Unsitte sind – wenn auch derzeit schwer in Mode. Dadurch ziehe der Reiter die Fersen hoch – und seine Waden verlören den Kontakt mit dem Rippenbogen. Die Anatomie des Reiters gebe immer eine gewisse Steigbügellänge vor, die dann sowohl beim Aussitzen als auch beim Leichttraben passend sei. „Die Trittfläche des Bügels sollte sich beim Dressurreiten generell auf Knöchelhöhe befinden“, sagt Roswitha Schreiber-Jetzinger, Bewegungstrainerin und Centered-Riding-Ausbilderin aus dem niederösterreichischen Bierbaum.

Bewegungswissenschaftler und Biomechaniker Dr. Josef Kastner fügt hinzu, dass einige Dressursättel durch die Art der Taillierung und die Form der Pauschen den Oberschenkel zu sehr in die Senkrechte drücken. „Ein genügend hohes Aufstehen im Bügel wird dadurch erschwert. Verkürzt man bei einem solchen Sattel die Steigbügel, um hoch genug aufstehen zu können, so werden die Knie durch die Pauschen nach außen gepresst – und die Unterschenkel verlieren ihre richtige Position am Pferd. Jeder Sattel hat eine ideale Steigbügellänge, die von der Beinlänge des Reiters vorgegeben ist. Generell kann man sagen, dass eine Verkürzung von dieser optimalen Länge eher kontraproduktiv ist.“ Am besten funktioniere Leichttraben mit einem Vielseitigkeitssattel.
 

2. „Leichttraben ohne Steigbügel verbessert den Sitz.“

Auch diese Aussage gehört in den Bereich der Mythen. Was früher in Reitschulen mit Hingabe exerziert wurde, ist mittlerweile zu Recht aus der Mode gekommen. Anna Eichinger, lizensierte Branderup-Trainerin aus Graz, spricht von „eisernen Kniekehlen“ als Ergebnis dieses unnützen Kraftaktes. Kastner nennt es gar eine „Macho-Übung“, die allenfalls zu Blockaden bei Pferd und Reiter führe. „Das Leichttraben ohne Bügel stört die Hüftbewegung, weil die Adduktoren in den Oberschenkeln zu stark zusammengepresst werden“, erklärt der Bewegungswissenschaftler. Reitschüler würden so beginnen, mit den Knien am Sattel zu klemmen – eine schlechte Angewohnheit, die einen geschmeidigen Sitz verhindert und nur schwer wieder abzutrainieren ist.

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3. „Die Reiterhände müssen beim Leichttraben tiefer gehalten werden als im Grundsitz.“

Diese Annahme verleitet viele Reiter zu einer steifen, unnachgiebigen Hand. Schreiber-Jetzinger empfiehlt stattdessen, den Händen in der Aufstehphase eine leichte Vorwärtstendenz zu geben. Dies erzeuge auch eine vermehrte Oberkörperstabilität. Als Orientierungshilfe gilt: Die gerade Linie Ellbogen – Hand – Pferdemaul sollte auch beim Leichttraben eingehalten werden. Eine leichte Streckbewegung im Ellbogen ist daher laut Kastner wünschenswert, ansonsten solle die Handhaltung gleich bleiben wie beim Aussitzen.