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Mehr Freiheit fürs Pferdemaul

Ein Artikel von Dr. Britta Schöffmann | 13.08.2020 - 12:54
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Eng verschnallte Nasen und Sperriemen beeinträchtigen das Pferdewohl masßgeblich.
© www.Slawik.com

Zunächst einmal: Es gibt keine seriöse Reitlehre, die das Zuschnüren des Pferdemauls fordert. Ganz im Gegenteil, immer ist das Abkauen bei geschlossenen Lippen das Ziel. Schon Alois Podhajsky, 25 Jahre lang (von 1939 bis 1964) Leiter der Spanischen Hofreitschule in Wien, ließ deshalb die Riemen bewusst so verschnallen, dass die Pferde ein Stück Würfelzucker zwischen den Vorderzähnen aufnehmen konnten. Und in Deutschland besagte die bekannte H.Dv. 12 (Heeresdienstvorschrift in ihrer Fassung von 1936), aus der sich später die FN-Richtlinien entwickelten, dass der Nasenriemen „... nur so eng geschnallt (wird), dass das Pferd noch kauen kann“.

Alles alter Kram und verstaubte Aussagen von gestern? Von wegen! Auch heute noch gibt es klare Regeln, wo ein Sperr-/Nasenriemen zu sitzen hat und wie eng er verschnallt werden darf – nachzu-esen etwa im FENA Lehrbuch oder in den FN-Richtlinien für Reiten und Fahren, Band 1. Untermauert werden die gültigen Vorschriften durch wissenschaftliche Untersuchungen wie etwa der von Dr. Holger Preuschoft und Dr. Kathrin Kienapfel vom Institut für Zoologie und Neurobiologie der Ruhr-Universität Bochum oder der einer Gruppe Wissenschafter rund um Paul McGreevy von der Universität in Sydney, die sich mit den biomechanischen Vorgängen sowie der möglichen (oder eher unmöglichen) Maultätigkeit des Pferdes bei unterschiedlichen Verschnallungen befassen. Fazit ist: Ein Pferd muss kauen können und darf durch einen zu eng verschnallten Sperr- und/oder Nasenriemen nicht daran gehindert werden.

Eine klare Aussage, die bereits Mitte des vorigen Jahrhunderts Gültigkeit hatte und in dem Klassiker „Der Reiter formt das Pferd“ von Udo Bürger und Otto Zietzschmann treffend beschrieben wird: (...)Das Pferd trägt dabei (in Anlehnung und Durchlässigkeit, Anm. d. Red.) das Gebiss mit den Kaumuskeln, d. h. bei geschlossener Lippenspalte ist der Unterkiefer leicht geöffnet. Der losgelassene Kaumuskel macht nicht etwa regelmäßige Kaubewegungen, sondern er hält durch ständiges Mitbewegen die Fühlung der Lade mit dem Gebiss. Durch diese Bewegung des Maules wird der Speichel zu Schaum und an der Lippenspalte sichtbar. Diese nachgebende Bewegungsfreiheit ergibt die gleitenden Übergänge der Zügelhilfen. Man kann die Tätigkeit der Kaumuskeln mit dem technischen Begriff einer Kupplung vergleichen. Diese Bewegungsfreiheit darf durch zu enge Reithalfter oder Nasenriemen nicht unterbunden wer-den; diese sollen nur ein völliges Nachgeben der Kaumuskeln und weites Öffnen des Maules verhindern.(...)

Warum ist Kauen wichtig?

Diese Frage ist einfach beantwortet: Das Abkauen-Können ist für das allgemeine Wohlbefinden eines Pferdes und damit auch für seine Losgelassenheit – selbst bei höchsten sportlichen Reitanforderungen – unumgänglich. Das ergibt sich schon aus den anatomischen Vorgaben: Der Kopf eines Pferdes besteht aus insgesamt 22 verschiedenen Knochen bzw. Knochenplatten, die über gezackte Nähte miteinander verbunden sind und in der Jugend das Schädelwachstum ermöglichen, im Erwachsenenalter aber verknöchert sind. Diese Knochen und Knochenplatten stehen in Verbindung mit Muskeln, Sehnen und Faszien, die von Blut- und Lymphgefäßen sowie von Nerven versorgt werden.

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Das Pferd sollte trotz des Riemens sein Maul mindestens 15 mm öff nen können – wer’s genau wissen möchte, sollte den Würfelzucker-Test machen (siehe Kasten). © www.Slawik.com

Es ist eigentlich selbsterklärend, dass eine Störung des Zusammenspiels all dieser Komponenten massive Auswirkungen auf das Wohlbefinden des Pferdes hat – und, was für das Reiten wichtig ist, auch benachbarte Muskelgruppen in Genick, Hals und Schulter u. s. w. betroffen sind. Zu eng verschnallte Riemen drücken wichtige Blutgefäße ab und unterbinden so den Blutfluss und damit die Sauerstoffversorgung sämtlicher Strukturen des Schädels inklusive Muskeln, Augen oder Ohren. Das Festzurren von Sperr- und/oder Nasenriemen verhindert außerdem, dass die Muskelpumpe (das Blut im Körper fließt zum einen durch die Pumpleistung des Herzens, zum anderen durch das An- und Abspannen der Muskulatur bei Muskelleistung, die Muskel- oder auch Venenpumpe unterstützt somit den Blutkreislauf) der kräftigen Kaumuskeln funktionieren kann und behindert bei gesenktem Kopf auch den herzwärts gerichteten Blutfluss. Die zwölf Hirnnerven, von denen einige an die Außenseite des Schädelknochens treten und dicht unter der Haut liegen, haben in Verbindung mit den zugehörigen Sinnesorganen immer Einfluss auf Funktionen des Gesamtorganismus’. Dazu gehören auch die gerade für die Arbeit unter dem Reiter so wichtige Orientierung im Raum, die Atmung und auch die für die Schluckbewegung notwendige Beweglichkeit der Zunge.

Der wichtigste dieser zwölf Hirnnerven – und sicher auch der bekannteste – ist der Trigeminusnerv. Er ist mit seinen drei Hauptästen für die Augenpartie, den Oberkiefer und den Unterkiefer zuständig und versorgt mit seinen sensiblen Fasern unter anderem die Pferdezunge, mit seinen motorischen Fasern die Kaumuskeln. Auch dieser Nerv wird bei zu eng verschnallten oder falsch sitzenden Riemen schmerzhaft gereizt und in seiner Arbeit behindert. Schmerzen, Zungenfehler, Undurchlässigkeit, Widersetzlichkeit und selbst Headshaking können die Folge eines gereizten Trigeminusnervs sein.

Und selbst der Schädelknochen an sich ist empfindlicher, als mancher glauben mag. Jeder Knochen wird nämlich von einer bindegewebsartigen Hülle, der Knochenhaut, bedeckt – und diese ist, da sie von feinsten Nerven durchzogen ist, sehr empfindlich. Wer sich einmal das Schienbein angeschlagen hat, kann leidvoll nachfühlen, was gemeint ist.

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Nerven – Facialis (hellgelb), Trigeminus (dunkelgelb) – und Blutgefäße – Arterien (rot), Venen (blau) – liegen im Bereich des Zaumzeugs knapp unterhalb der Haut. Druck ist hier besonders schmerzhaft und hat zahlreiche negative Auswirkungen. © Irmtraud Guhe

Programmierte Verspannung

Dass ein für die Dauer einer Reitstunde eng zugezogener Nasenriemen, der dem Pferd die Zähne aufeinander presst, mehr als nur unangenehm ist, lässt sich leicht im Selbsttest erfahren: Pressen Sie einfach mal die eigenen Zähne mit maximaler Kraft zusammen und lassen Sie minutenlang oder gar eine Stunde nicht nach. Der gesunde Menschenverstand lässt erahnen, dass dies keine angenehme Erfahrung ist. Was passiert? Erst tun Zähne und Kauflächen weh, dann die Kiefergelenke, dann die Kau- und Schlundmuskeln und schließlich auch der Nacken. Wer’s lange genug macht, bekommt vermutlich auch noch Kopfschmerzen. Ob ein Pferd an Kopfschmerzen leiden kann, bleibt dahin-gestellt. Sicher aber ist, dass beim Pferd bei längerem Zusammenpressen der Zähne ähnliche Folgen eintreten. Seine maximale Kaukraft, die aufgrund der an Zähnen und am Zahnhalteapparat entstehenden Schmerzen sowieso begrenzt ist, wendet es nämlich normalerweise gar nicht an. Ihm reicht die sogenannte reale Kaukraft, also diejenige, die es einsetzt, um mit mahlenden Kaubewegungen sein Futter zu zerkleinern. Ein höherer Kraftaufwand, der z. B. künstlich durch enge Verschnallung des Sperr-/Nasenriemens hervorgerufen wird, führt durch die entstehenden Schmerzen in der Folge zu einer Verkrampfung der Kaumuskulatur und zu festgehaltenen Kiefergelenken, damit zu einem festgehaltenen Genick und über die verbindenden Muskeln zum zweiten und dritten Halswirbel zu einer Verspannung des gesamten Halses, zu mangelnder Durchlässigkeit und Verkrampfung des ganzen Körpers. Festgehaltene Rücken, mechanisch aussehende Bewegungsabläufe, unruhige Maulbewegungen, Zungenfehler bis hin zu einer blau verfärbten Zunge sind die sichtbaren Folgen – Zähneknirschen die hörbare.

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© Gebisslose Zäumungen wirken auf Nasenrücken und Unter-kiefer – auch mit ihnen muss gefühlvoll geritten werden.

Dann lieber gleich ganz ohne?

Am einfachsten wäre es also, ganz auf Sperr-/Nasenriemen oder sogar aufs Gebiss zu verzichten? Nein, ganz so einfach ist es nicht. Denn fehlt der Nasenriemen gänzlich, wird bei reiterlicher Zügeleinwirkung aufs Gebiss die Entfernung zwischen Ober- und Unterkiefer nur noch durch die Kaumuskulatur des Pferdes begrenzt, die damit einer nicht unerheblichen Belastung ausgesetzt ist. Mit Nasenriemen wird ein Teil der Zügelkraft auf den Nasenrücken übertragen und die Kaumuskulatur so entlastet. Wichtig ist hierbei aber, dass der Nasenriemen aus oben beschriebenen Gründen so locker sein muss, dass das Pferd seinen Unterkiefer leicht bewegen kann. Während der Beizäumung, also wenn das Pferd seinen Kopf senkt und „durchs Genick kommt“, verschiebt sich sein Unterkiefer automatisch ein wenig nach oben Richtung Ohren. Würde dies durch eine zu enge Verschnallung verhindert, kommt es umgehend wieder zu Verspannungen im Kiefergelenk – mit all den beschriebenen negativen Auswirkungen.

Wird gebisslos geritten, dann muss die reiterliche Einwirkung mindestens genauso fein dosiert sein wie mit Gebiss. Immerhin wirken sämtliche gebisslosen Zäumungen auf Nasenrücken und Unterkiefer des Pferdes, manche über eine Hebelwirkung auch noch aufs Genick – und damit ebenso auf Nerven, Gefäße, Muskeln und Knochenhäute des Pferdeschädels. Lediglich die Pferdezunge bleibt unbelastet.

In einer unabhängigen Untersuchung hat die US-Amerikanerin Dr. Hilary Clayton sogar festgestellt, dass der Nasenriemen einer gebisslosen Zäumung doppelt so viel Druck auf den empfindlichen Nasenrücken des Pferdes ausübt wie ein eng gezogener Nasenriemen mit Gebiss. Gebisslos ist also nicht zwangsläufig gleichzusetzen mit pferdefreundlich!

Irrtümer …

Warum aber sieht man trotz aller Regeln, Erklärungen und Untersuchungsergebnisse immer noch Reiter, die am viel zu eng verschnallten Sperr-/Nasenriemen festhalten? Der häufigste Grund ist: weil es – leider – immer wieder vermeintliche Experten gibt, die ihnen erklären, ein Pferd damit besser kontrollieren zu können. Und der Erfolg scheint diesen „Experten“ recht zu geben. Hat das Pferd eben noch sein Maul aufgesperrt, ist es nun zu. Oder die Zunge bleibt auf einmal im Maul. Also hat er doch wohl recht gehabt mit seinem Tipp! Wer jedoch ein bisschen was vom Reiten versteht, der weiß, dass solche Tipps gefährliche Abkürzungen sind, die in Sackgassen führen und dem Pferd schaden. Denn das aufgesperrte Maul ist schlussendlich nur das sichtbare Zeichen für ein Problem am anderen Ende des Zügels. Die wenigsten dieser Reiter und Ausbilder fragen sich: Warum sperrt mein Pferd sein Maul auf? Warum ist es im Genick fest? Die Antwort auf diese Frage ist nämlich – meist – wenig schmeichelhaft für den Reiter und den Ausbilder.

Maul- und/oder Zungenfehler sind, so wie viele andere unerwünschte (Re)Aktionen, in Wahrheit ein Hilfeschrei des Pferdes, sein Versuch, auf tiefer liegende Probleme hinzuweisen, deren Lösung aber nun mal im Allgemeinen viel länger dauert als schnell mal den Nasenriemen festzurren.

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Durch zu fest verschnallte Riemen können auch Probleme wie Zungenfehler entstehen.   © www.slawik.com

Und dann gibt’s da noch das Internet mit all seinen Plattformen, die Segen und Fluch gleichermaßen sind. Segen, weil es für Themen wie dieses sensibilisiert und Missstände aufdeckt. Fluch, weil sich in digitalen Netzwerken jedermann zum Fachmann ernennen und Halbwissen als Wahrheiten verbreiten kann: So geistert zum Beispiel seit einiger Zeit mit Hinweis auf den von manchen ungeliebten Sperrriemen die Mär durchs Internet, dieser Riemen wäre zu Zeiten der Kavallerie nur erfunden worden, um die häufigen Kieferbrüche der Pferde beim Sprung über Schützengräben im Ersten Weltkrieg zu vermeiden. Diese Beiträge darf man, ganz gleich, wo man sie liest, getrost in den Bereich der Fabel verschieben. Axel Henrich, begeisterter Jagdreiter, ehemals aktiver Springreiter sowie Galoppertrainer und zehn Jahre lang Gruppenführer der reitenden Soldaten an der Bundeswehrsportschule in Warendorf, hat sich intensiv mit der Geschichte der Kavallerie und auch der Ausrüstung von Pferd und Reiter beschäftigt und stellt richtig: „Das Internet-Märchen wurde wohl durch eine Aussage von Dr. Udo Bürger, ehemals leitender Veterinäroffizier an der Kavallerieschule Hannover, hervorgerufen, der in den 1930er-Jahren den Eindruck hatte, dass es seit Einführung des Hannoverschen Reithalfters weniger Unterkieferbrüche und Kiefergelenkentzündungen gegeben habe. Alle Experten sind aber einhellig der Meinung, dass dies nicht allein dem Hannoverschen Reithalfter zu verdanken ist, sondern vor allem dem Wechsel von der bis dahin geltenden Zäumung auf Kandare hin zur Trense und der fast gleichzeitigen Einführung des leichten Sitzes.“
 

... und Missverständnisse

Auch falsch interpretierte Aussagen von Fachleuten, die im Zeitalter des Internets sehr schnell die Runde machen, können Verwirrung stiften. Die Besucherin eines Seminars des renommierten deutschen Trensenherstellers HS Sprenger postete zu unserem Artikel „Kaum Freiheit fürs Pferdemaul“ auf der Pferderevue-Facebook-Seite: „Wenn es nur um die Zwei-Finger-Regel geht, finde ich dies nicht schlimm. In einem Sprenger-Seminar wurde gesagt, dass diese Regel bereits überholt ist, da die Zucht heutzutage vom Knochengerüst anders aussieht als früher. Wichtig ist nur, dass der Nasenriemen nicht auf dem weichen Teil des Nasenbeins liegt. Das ist nämlich von Pferd zu Pferd mal höher und mal tiefer.“ Hier wurde eine Aussage ganz offensichtlich missverstanden, denn auf Nachfrage stellte Heiko Schmidt-Sentek, Experte für Vorträge rund um Gebisse bei Sprenger, richtig: „Gemeint ist hier der waagerechte Abstand des Nasenriemens zum Jochbein, der zwei Finger betragen soll. Das hat man heute aber relativiert, da dieser Abstand auch abhängig von der Form des Pferdeschädels ist. Zwei Finger sind nur ein ungefährer Richtwert, das kann bei manchen Pferden aber auch weniger sein. Die Zwei-Finger-Regel (siehe Kasten Seite 34) dagegen bezieht sich auf die Frage, wie eng Sperr- und Nasenriemen verschnallt werden dürfen. Und da gilt nach wie vor: Zwei Finger zwischen Nasenrücken und Riemen. Eine engere Verschnallung ist eine Katastrophe fürs Pferd.“

Das Pferd ist immer der Spiegel seines Reiters. Eine nicht oder schlecht passende Ausrüstung oder eine fehlerhafte Hilfengebung (zu harte Hand, falsches Timing, ungenügendes Treiben, unruhiger Sitz, grobe Einwirkungen, der dauerhafte Einsatz von Hilfszügeln u. v. m.) führen dazu, dass die angestrebte Durchlässigkeit leidet oder gar nicht erst erreicht wird. Feine, pferdegerechte Dressurausbildung ist damit aus all den vorgenannten Gründen immer auch abhängig von der richtigen Verschnallung von Sperr-/Nasenriemen – und selbstverständlich der korrekten reiterlicher Einwirkung. Und natürlich hängt auch viel von der Rittigkeit des Pferdes ab. Ein sensibles Pferd mit günstiger Maulspalte, mehr oder weniger perfekten Körperproportionen und einem guten Interieur macht es seinem Reiter vermutlich leichter als ein Pferd mit kurzer Maulspalte, kurzem, dickem oder anders ungünstig geformtem Hals, einem schwierigen Exterieur und einem eher „sturen“ Interieur. Letzteres wird schwieriger zum Nachgeben im Genick zu bringen sein, mit viel Arbeit und Geduld ist aber auch das möglich. Rittigkeit ist ein Zuchtziel, Durchlässigkeit das Ausbildungsziel – und keines von beiden lässt sich durch Festzurren von Riemen erreichen.

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Zwischen Nasenrücken und Nasen- bzw. Sperriemen sollen zwei aufgestellte Finger Platz haben. Nur dann hat das Pferd genügend Spielraum zu kauen.

Richtig verschnallt – aber wie?

Mit der Zwei-Finger-Regel und dem Würfelzuckertest lässt sich der Sperr- bzw. Nasenriemen richtig einstellen.

Die Zwei-Finger-Regel besagt, dass zwei Finger zwischen Nasenrücken und Nasenriemen passen müssen, nur dann ist der Nasenriemen nicht zu eng verschnallt. Der Zwei-Finger-Test seitlich am Pferdekopf bringt nichts, weder beim Nasen- noch beim Sperrriemen. Beides gilt auch für die Verschnallung und Überprüfung des Hannoverschen Reithalfters. Die Lage des Nasenriemens richtet sich nach der Art des Reithalfters. Beim Englischen und beim Kombinierten Reithalfter soll der Nasenriemen etwa zwei Finger (abhängig vom Pferdeschädel) unterhalb des Jochbeins auf den weniger druckempfindlichen Knochenpartien waagerecht liegen. Der zum Kombinierten Reithalfter gehörende Sperrriemen darf den Nasenriemen nicht aus der Waagerechten abwärts ziehen. Das Hannoversche Reithalfter darf nicht zu tief sitzen, da das Nasenbein in Richtung Nüstern immer dünner wird und der Riemen sonst die Nüstern einengt und die Atmung behindert.

Für das Hannoversche Reithalfter gilt in diesem Fall die Vier-Finger-Regel: Der Nasenriemen sollte in etwa im Abstand von vier Fingern oberhalb des oberen Nüsternrandes liegen.

Wer sichergehen will, dass die Riemen nicht zu eng verschnallt sind, sollte seinem Pferd ein Stück Würfelzucker geben. Dieses misst in der Regel 15 mm und sollte vom Pferd problemlos aufgenommen werden können. Kann die Belohnung nur seitlich ins Maul geschoben werden, ist der Sperr-/Nasenriemen auf jeden Fall zu eng verschnallt.

Preuschoft geht in seiner Studie sogar noch einen Schritt weiter: (...)Damit ein Pferd wirklich kauen und eine Belohnung aufnehmen kann, muss es seine Schneidezähne mindestens 16 Millimeter auseinander bewegen können. (...) Zwischen den Backenzähnen braucht ein Pferd allerdings einen Mindestabstand von 10 mm, um kauen zu können. Dieser Abstand von 10 mm zwischen den vorderen Mahlzähnen entspricht einem Abstand von mindestens 19 mm zwischen den Schneidezähnen. Bei großen Pferdeköpfen sind die Abstände noch etwas größer.(...).

Checkliste für die richtige Verschnallung der Riemen:

  • Zwischen Nasenrücken und Sperr-/Nasenriemen müssen zwei Finger passen.
  • Es reicht nicht aus, wenn der Nasenriemen vorn breit und weich gepolstert ist. Öffnet das Pferd das Maul, wirken auch hinten die gleichen Kräfte. Dort sollte der Riemen nicht dünn und hart sein.
  • Das Trensenmundstück muss in der Breite passen, ansonsten können sich die Zügelkräfte verdoppeln.
  • Der Englische Nasenriemen sitzt etwa zwei Finger unterhalb des Jochbeins richtig, der Hannoversche Nasenriemen etwa vier Finger oberhalb des oberen Nüsternrandes.
  • Beim Schwedischen Reithalfter muss man allergrößte Vorsicht walten lassen! Durch das Flaschenzugprinzip wird der Nasenriemen schnell viel zu fest verschnallt.
  • Hände weg von Holzknebeln und sonstigen Hilfsmittel, die helfen sollen, den Nasenriemen richtig fest zu bekommen. Das ist reine Tierquälerei!
  • Auch bei gebisslosen Zäumungen muss darauf geachtet werden, dass das Pferd die Möglichkeit zu kauen hat.