Ganz schön schlau

Tierisch intelligent: Auch Pferde benutzen Werkzeuge

Ein Artikel von Redaktion | 22.05.2023 - 18:28
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Pferde legen bisweilen eine erstaunliche Kreativität an den Tag, um zu bekommen, was sie möchten. Eine wenige setzen dazu sogar Werkzeug ein.
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Bis in die 1960er Jahre dachte man, dass lediglich Menschen in der Lage sind, Werkzeug zu erschaffen und zu benutzen. Dann beobachtete die britische Verhaltensforscherin Jane Goodall einen Schimpansen, der geschickt einen Grashalm dazu einsetzte, um Termiten aus ihrem Nest zu „fischen“. Die Insekten am Halm landeten im Anschluss direkt im Maul des klugen Affen.  

Seit diesem denkwürdigen Tag haben Forscher:innen noch eine ganze Reihe weiterer Tiere beobachtet, die gezielt Hilfsmittel nutzen, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Die Liste reicht von Krähen über Delfine und Otter bis hin zu Oktopussen. Und sie wird stetig länger.

So konnten die beiden Forscherinnen und Pferdexpertinnen Professor Konstanze Krüger und Dr. Laureen Esch in ihrer jüngsten Ausgabe des Equine Science Talk International auf Youtube sogar Pferde vorstellen, die sich unterschiedlicher Hilfsmittel bedienten.
 

Unterschätzte Pferde

In einer Reihe von Studien haben Pferde hinlänglich bewiesen, dass sie weitaus schlauer sind, als man lange annahm. So haben Pferde offenbar ein Ich-Bewusstsein, etwas das bislang nur wenigen Tierarten nachgewiesen werden konnte. Auch können Pferde ihre Bezugspersonen auf Fotos erkennen – und aus deren Mimik die Stimmung der betreffenden Person herauslesen. Beides lässt auf fortgeschrittene Fähigkeiten zur Gesichtserkennung schließen. Und es gibt noch viele weitere Beispiele die zeigen, dass Pferde ganz schön clever sind.

Diese Cleverness kann bisweilen unerwünschte Auswüchse annehmen – insbesondere, wenn Pferde sie nutzen, um sich selbst zu befreien. Eine Arbeit, an der Konstanze Krüger und Laureen Esch selbst beteiligt waren zeigte, dass es praktisch keinen Mechanismus gibt, der nicht dafür anfällig ist, von einem Pferd geknackt zu werden. Dabei ist es egal, ob es sich um eine Stangen- oder Lattenkonstruktion, ein Drehschloss, einen Elektrozaungriff oder Karabiner handelte. Manche Pferde entwickeln ein erstaunliches Geschick, sie zu öffnen. Die richtigen Profis unter ihnen sind sogar in der Lage mehrere verschiedene Verschlussarten zu öffnen. Auch von Schlüsseln machten zwei Pferde in der Studie Gebrauch, um ein Schloss damit zu öffnen – und nutzten damit ein Werkzeug.

Aber auch um an Futter zu gelangen, können sich besonders schlaue Pferde eines Hilfsmittels bedienen. Das aktuelle Video des Equine Science Talk International zeigt ein Pferd, das sich Futter in der immer leereren Heuraufe mithilfe eines Astes heranzieht.

Doch sind alle Pferde zu einer solchen Leistung fähig und welche Motivation brauchen sie, um „über den Tellerrand hinaus“ zu denken? Auch das hat man untersucht und festgestellt, dass nicht Not kreativ macht, sondern Komfort. Sind alle Grundbedürfnisse gedeckt, können Pferde eine größere Bandbreite unterschiedlicher Innovationen, oft im Verhaltenskontext Spiel und Komfort, zeigen. Im Falle der Studie schichteten Pferde bequeme Heulager zum Schlafen auf, kratzen sich mit Stöcken am Bauch, spielten Fangen mit Stöcken, bürsteten sich gegenseitig, schalteten Licht an und aus, öffneten eine Vielzahl von unterschiedlichsten Schlössern ohne sich jedoch aus dem Stall zu begeben oder entfernten sich Bandagen und Decken mit zum Teil komplizierten Verschlüssen.

Wer die Cleverness seines Pferdes fördern möchten, sollte also sicherstellen, dass es ihm möglichst an nichts fehlt.